Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
war.
Vielleicht wirst du selbst eines Tages mit deinen weit auseinanderstehenden Augen und deinem strahlenden Lächeln ein Kind zu seinem ersten Tag in der Schule bringen. Wenn du dich dann an der Tür umdrehst und zum Abschied winkst, wird es bereits mit einem neuen Freund zu sehr ins Gespräch vertieft sein, um es zu bemerken. Noch während du lächelst, spürst du etwas Warmes auf deiner Wange …
Und dann wirst du es wissen.
Alles Liebe,
Mama
Rebecca Christian
Nur für den Fall
Da wir in einer hektischen Großstadt wohnten, hatte meine Mutter mit einem Nachbarsmädchen im Teenageralter vereinbart, dass sie mich nach der Schule immer nach Hause bringen sollte. Für diese anstrengende Aufgabe erhielt sie fünf Cents am Tag, einen Vierteldollar in der Woche. Als ich in die zweite Klasse kam, ärgerte ich mich darüber, dass unsere Familie, die so arm war, diesem Nachbarmädchen so viel Geld gab, und ich bot meiner Mutter ein Geschäft an.
„Sieh mal“, sagte ich, „ich gehe allein zur Schule und wenn du mir pro Woche fünf Cents gibst, werde ich besonders vorsichtig sein. Du kannst die anderen zwanzig Cents behalten und wir alle sind besser dran.“
Ich bettelte und flehte und schließlich gab meine Mutter meinem Vorschlag nach. Während der folgenden zwei Jahre ging ich so ganz allein von der Schule nach Hause. Ich musste acht Häuserblocks weit laufen und viele Straßen überqueren, aber ich war stets sehr vorsichtig. Auch sprach ich nicht mit Fremden und blieb immer auf dem vereinbarten Weg. Ich hielt mein Versprechen und das ganz allein – zumindest nahm ich es an.
Jahre später, bei einem Familienfest, brüstete ich mich mit meiner Selbstständigkeit und erinnerte meine Familie großspurig daran, dass ich bereits als kleiner Junge hatte allein auf mich aufpassen können. Dazu erzählte ich von der Vereinbarung in Bezug auf meinen Schulweg, die ich mit meiner Mutter getroffen hatte. Daraufhin begann meine Mutter zu lachen und erzählte mir die ganze Geschichte.
„Hast du wirklich geglaubt, du würdest allein gehen?“, fragte sie. „Jeden Morgen, wenn du zur Schule losgezogen bist, bin ich mitgegangen. Ich bin den ganzen Weg hinter dir hergegangen und bei Schulschluss um halb vier Uhr nachmittags wartete ich auf dich. Ich hielt mich immer im Hintergrund, aber ich war da und folgte dir den ganzen Weg nach Hause. Ich wollte einfach da sein für den Fall, dass du mich brauchst.“
Meine Mutter war tatsächlich immer für mich da …
Tony Campolo
Der liebeskranke Vater
Eine moderne Fassung des Gleichnisses aus Lukas 15,1–32
Ein junges Mädchen wächst auf einer Kirschplantage oberhalb von Traverse City in Michigan auf. Ihre Eltern sind etwas altmodisch und neigen dazu, auf ihren Nasenring, ihre Lieblingsmusik und die Länge ihrer Röcke sehr heftig zu reagieren. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen und sie kocht innerlich vor Wut.
„Ich hasse euch!“, schleudert sie ihrem Vater ins Gesicht, als er nach einem Streit an ihre Zimmertür klopft und an diesem Abend setzt sie einen Plan in die Tat um, den sie gedanklich schon ein Dutzend Mal durchgespielt hat. Sie läuft davon.
Ihr Ziel ist Detroit. Früher einmal hatte sie mit ihrer Jugendgruppe eine Busfahrt dorthin gemacht, um dort die Tigers spielen zu sehen. Da in der Tageszeitung von Traverse City immer sehr ausführlich über die Bandenkriminalität, die Drogenszene und die Gewaltausbrüche in der Innenstadt von Detroit berichtet wird, war sie zu dem Schluss gekommen, dass ihre Eltern dort bestimmt nicht nach ihr suchen würden. In Kalifornien vielleicht oder in Florida, aber nicht in Detroit.
An ihrem zweiten Tag in der Stadt begegnet sie einem Mann, der den größten Wagen fährt, den sie je gesehen hat. Er bietet ihr an, sie mitzunehmen, kauft ihr etwas zu essen, beschafft ihr eine Unterkunft. Er gibt ihr auch ein paar Pillen, nach denen es ihr sehr viel besser geht. Sie hatte recht, ihre Eltern hatten ihr wirklich alles verboten, was Spaß macht.
Das gute Leben dauerte einen Monat, zwei Monate, ein Jahr. Der Mann mit dem großen Wagen – sie nennt ihn „Boss“ – zeigt ihr ein paar Dinge, die Männer mögen. Da sie noch minderjährig ist, bezahlen die Männer einen besonders guten Preis für sie. Sie wohnt in einem Penthouse und bestellt beim Zimmerservice, was immer sie essen mag. Gelegentlich denkt sie an ihre Eltern zu Hause, aber deren Leben erscheint ihr mittlerweile so langweilig und provinziell, dass sie sich
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