Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
fragte Mrs. Stone und schloss den Deckel der Spieluhr. Der Junge kam nach vorne und verkündete stolz: „Ich werde zu Weihnachten ein rotes Fahrrad bekommen.“
Mrs. Stone schloss die Augen. Und schon geht es wieder los , dachte sie. Ich möchte dies und wünsche mir das.
Annie Lee war als Nächste dran. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster drangen, fielen auf ihr langes seidiges Haar, als sie nach vorne kam.
„Meine Mutter ist krank und kann am Freitag keine Plätzchen für unser Fest backen“, verkündete sie.
Mrs. Stone riss die Augen auf. Kaum zu glauben, dass Mrs. Brown schon wieder diese Ausrede benutzt , dachte sie. Aus demselben Grund hat sie schon nicht am Elternsprechtag teilgenommen. Einige Eltern versuchen immer wieder, sich ihrer Verantwortung zu entziehen.
Annie Lee kam näher an das Pult der Lehrerin und die Spieluhr heran. Ihre Augen funkelten, während sie sprach und mit einem Finger ganz sachte über die Madonna mit dem Kind strich, die auf den Deckel aufgemalt war. „Wenn meine Mutter wieder gesund wird, wird sie mir genau so eine Spieluhr kaufen, Mrs. Stone.“
Die Lehrerin lächelte und antwortete: „Das ist schön, Annie Lee, aber es wird nicht genau die gleiche sein. Weißt du, diese Spieluhr ist schon sehr alt. Sie gehörte meiner Urgroßmutter. Eines Tages werde ich sie einem meiner Kinder schenken.“
Am folgenden Tag brachte Annie Lee ein dünnes Samtband mit in die Schule und legte es der Lehrerin auf das Pult.
„Mutter ist gestern Abend ins Krankenhaus gekommen, aber sie hat mir dieses Band gegeben. Ich kann es um das Geschenk binden, das ich für sie gemacht habe“, erklärte sie.
„Das Band ist sehr hübsch“, antwortete Mrs. Stone. Dann fügte sie hinzu: „Es tut mir leid, dass deine Mutter im Krankenhaus ist.“
„Mein Vater sagte, ich könnte ihr den Kalender ins Krankenhaus bringen, wenn Sie …“
Annie Lee wollte erneut ihre Bitte aussprechen, aber wieder unterbrach Mrs. Stone sie. „Ich habe dir bereits gesagt, dass wir die Geschenke erst morgen einpacken und du den Kalender dann am Freitag mit nach Hause nehmen kannst.“
Annie Lee wirkte sehr enttäuscht. Ihr Gesicht hellte sich jedoch auf, als sie sich an das Geschenk erinnerte, das sie für ihre Lehrerin hatte. „Mutter hat das für Sie gemacht!“, rief sie fröhlich und legte ein rotes Lesezeichen aus Samt vor Mrs. Stone. Dann drehte sie sich um und hüpfte davon. Der Lehrerin fiel auf, dass das Haar des Mädchens an diesem Tag nicht glänzte; es war stumpf und ungekämmt.
Der Freitag brach an. Der Weihnachtsbaum, ein wenig überladen, stand in der Mitte des Klassenzimmers. Mrs. Stone trug das rote Kleid, das sie immer zu Weihnachten und an jedem Valentinstag anzog. Lärmend kamen die Kinder in die Klasse gestürmt. Alle waren aufgeregt, weil Weihnachten vor der Tür stand. Aber Annie Lees Stuhl blieb leer.
Beunruhigt nahm Mrs. Stone Platz. Sie wollte gar nicht erst den Grund erfahren, warum Annie Lee nicht in der Schule war: eine weitere Bürde zusätzlich zu denen, die sich in den fünfundzwanzig Jahren ihres Unterrichtens angehäuft hatten. Das war mehr, als sie ertragen konnte.
Und wie als Antwort auf ihre unausgesprochene Frage kam ein Schüler herein und reichte ihr einen zusammengefalteten Zettel. Mit zitternden Fingern las sie die hastig niedergeschriebene Notiz des Direktors: „Ich dachte, Sie sollten wissen, dass Annie Lee Browns Mutter heute Morgen gestorben ist.“
Irgendwie schaffte es Mrs. Stone, den Tag zu überstehen. Nach dem Fest und nachdem die Kinder nach Hause gegangen waren, um ihre Ferien zu genießen, blieb Mrs. Stone allein im Klassenzimmer stehen und weinte. Sie weinte um Annie Lee, um Annie Lees Mutter und um sich selbst – und um den Kalender, der hatte Freude bringen sollen, seinen Zweck aber nicht mehr erfüllen konnte, und über das rote Samtlesezeichen, das sie so unverdient bekommen hatte.
An diesem Abend verließ Mrs. Stone die Schule erst sehr spät. Am Himmel über ihr funkelten die Sterne und erleuchteten den Weg zu Annie Lees Haus. In ihren Händen hielt Mrs. Stone die kostbare Spieluhr, als wäre es der Schatz der Weisen. Sie sah auf zu dem hellsten Stern und betete, dass diese Spieluhr die Weihnachtsfreude in ihrer beider Herz zurückkehren lassen möge.
Glenda Smithers
365 Stunden
Das größte Geschenk habe ich einmal von meinem Vater zu Weihnachten bekommen.
Er schenkte mir ein kleines Kästchen. Darin lag ein Zettel, auf dem stand:
„Mein
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