Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
Jesu schon früh kennenlernst (Johannes 14,21).
10.Obwohl du aus dieser Decke herauswachsen wirst,
bete ich, dass du niemals aus deiner Sehnsucht nach Gott herauswachsen wirst (1. Johannes 4,1–17).
In Liebe,
deine Großmutter
Linda Vogel
Der vollkommene Frühlingstag
Es war der vollkommene Frühlingstag – ein Tag, der die Fantasie kleiner Jungen beflügelt und sie in die unsichere Welt des Abenteuers schickt. An einem solchen Tag stand unser Sohn Dean im Garten und ließ sich den Wind durch sein Haar wehen. Er beschloss, es sei genau der richtige Augenblick, zum ersten Mal in dieser Saison seinen Drachen steigen zu lassen.
Es dauerte nicht lange, bis ich ein gedämpftes Geräusch vernahm, das mein Mutterherz beunruhigte. Ich folgte dem Lärm und er führte mich zu unserem Gartenhäuschen. Dort fand ich Dean zusammengekauert oben auf den Stufen sitzen. Er kämpfte mit einem großen Knäuel verhedderter Angelschnur. Tränen liefen über seine dicken kleinen Wangen.
Dean war ein Kind, das Knoten geradezu magisch anzog. Er hatte Knoten im Haar, in den Schnürsenkeln, in seinem Jojo und in allem anderen, in das man überhaupt Knoten machen konnte.
Ich setzte mich also neben unseren Sohn, der mich daraufhin mit dem traurigen Gesichtsausdruck eines Basset ansah, als er mir dieses verhedderte Knäuel reichte. Ich liebe seine Zuversicht bezüglich meiner Fähigkeiten als sein Problemlöser. Während ich mich an die Arbeit machte, plauderten wir darüber, warum eine Angelschnur zum Angeln und eine Drachenschnur für den Drachen verwandt wurde. Ich hielt in meinen Händen den Knoten, der nicht aufzuknoten war – und ich wusste, meine Unfähigkeit, dieses spezielle Problem zu lösen, würde meinem vertrauensvollen Kind das Herz brechen.
Sowohl Dean als auch ich lernten an diesem Morgen eine wichtige Lektion. Es gibt Zeiten, in denen Probleme als Knoten in unserem Leben erscheinen, aber es gibt auch Zeiten, in denen unser Leben das Problem ist, weil das Wirrwarr zu groß ist, um durch menschliche Hände auseinanderklamüsert zu werden. Kleine Jungen und ihre Mütter brauchen das Wissen, dass wir zu jemandem laufen können, der größer ist als wir, wenn unsere Träume von der trügerischen Leichtigkeit eines Frühlingstages zerschlagen werden.
Sandy Snavely
Da ist Robby!
In dem Zimmer war es halbdunkel und still. Eine ältere Dame saß gegen ein Kissen gestützt und hörte zu, wie ihr Sohn Robert von ihrer Familie erzählte, von ihren Freunden und anderen Dingen, die sie interessierten.
Sie freute sich auf seine täglichen Besuche und Robert verbrachte so viel Zeit er nur erübrigen konnte bei seiner Mutter. Denn er wusste, dass sie sehr krank war und jeder Besuch bei ihr sein letzter sein konnte. Während er erzählte, nahmen seine Augen jedes Detail ihres geliebten Gesichtes auf, jede Falte, das weiße Haar, die müden, noch immer liebevollen Augen. Wenn es Zeit war zu gehen, küsste er sie sanft auf die Stirn und versicherte ihr, er würde am folgenden Tag wiederkommen.
Als er jedoch zu Hause ankam, erfuhr er, dass Robin, sein siebzehnjähriger Sohn, an einem sehr seltenen Fieber erkrankt war.
Also teilte er in den folgenden Tagen seine Zeit zwischen seinem Sohn und seiner Mutter auf.
Seiner Mutter erzählte er nichts von Robins Krankheit. Er war ihr ältester Enkel – der Stolz und die Freude ihres Lebens.
Und plötzlich war Robin tot. Sein Tod erschütterte nicht nur die gesamte Familie, sondern den ganzen Ort. Es war so schnell gegangen. Und siebzehn ist zu jung zum Sterben.
Sofort nach der Beerdigung eilte Robert an das Bett seiner Mutter. Er betete, es möge ihm nicht anzumerken sein, dass er gerade seinen Ältesten zu Grabe getragen hatte. Denn das würde seine Mutter in ihrem Zustand sicherlich nicht verkraften können.
Als er bei ihr ankam, war gerade der Arzt da und seine Mutter lag mit geschlossenen Augen im Bett.
„Sie liegt im Koma“, erklärte der Arzt leise. Er wusste, unter welcher Anspannung dieser Mann gestanden hatte. Seine treuen Besuche bei seiner Mutter, der Tod des Sohnes, die Beerdigung, von der er gerade gekommen war …
Der Arzt legte mitfühlend eine Hand auf Roberts Schulter. „Setzen Sie sich einfach nur neben sie“, meinte er, „vielleicht kommt sie noch einmal zu sich …“ Und damit verließ er Mutter und Sohn.
Roberts Herz war schwer, während er in der hereinbrechenden Dämmerung am Bett seiner Mutter saß.
Er knipste ihre Nachttischlampe an und die Schatten
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