Eine Kiste explodierender Mangos
nicht kämpfen werden. Nein, Sir. Sie sind Salonsoldaten, die sich auf weichen Sofas aalen und fett werden. Das Erste, woran sie denken, ist, dass sie nie in eine Schlacht ziehen müssen. Doch im Grunde ihres Herzens wissen sie auch, dass im Falle eines Krieges niemand sie zu ihrem Unterschlupf zurücktragen würde, auch wenn sie verwundet würden. Verstehst du?â
Ich verstand nicht. âWarum denn nicht?â
âWeil sie verdammt zu fett sind.â
Beim Ãberlebenstraining hatte ich Obaid nach einem Hinterhalt durch den Dschungel tragen müssen. Er hatte seine Absätze in meine Schenkel gegraben und mir seine Arme immer fester um meinen Hals geschlungen. Als er anfing, an meinem Ohrläppchen zu knabbern, hatte ich ihn abgeworfen.
âKadett Obaid. Die erste Ãberlebensregel lautet: Du darfst deinen Retter nicht sexuell belästigen.â
âAuch nicht, wenn es sich so gut anfühlt?â, hatte er mit halb geschlossenen Augen gefragt.
A n unserem letzten Abend im Haus entdeckt Obaid in der Küche eine halb volle Flasche Black Label. Ich sage ihm nicht, dass ich die Flasche an dem Morgen, als der Colonel am Deckenventilator gefunden wurde, aus seinem Arbeitszimmer entfernt habe.
Wir trinken ihn mit viel Wasser. âSchmeckt ziemlich bitter.â Obaid verzieht das Gesicht. âKann ich ein bisschen Zucker hineintun?â
âDas wäre ekelhaft.â
Er nimmt einen kleinen Schluck und macht ein Gesicht, als hätte ihm jemand in den Bauch geboxt.
Doch nach dem zweiten Glas ändert er seine Meinung. âSo schlecht schmeckt das eigentlich gar nichtâ, sagt er. âAls ob man flüssiges Feuer trinkt.â
Noch ein Glas, und in seinen Augen stehen Tränen und seine trunkenen Lippen geben die Wahrheit preis.
âIch habe ihnen deinen Namen verraten. Von dir erzählt. Ihnen gesagt, dass du mit dem Säbel übst.â
Ich nehme seine Hände. âIch hätte das Gleiche getan.â
Ich erzähle ihm nicht, dass ich das Gleiche getan habe.
âWarum haben sie dich gehen lassen?â, murmelt er.
âAus dem gleichen Grund wie dich.â
Ein Stern nach dem anderen erlischt, als hätte Gott sich entschieden, Seinen Salon für heute Nacht zu schlieÃen.
âSie haben sich gar nicht dafür interessiert, was wir vorhatten und warum. Sie wollten bloà unsere Namen für ihre Aktenâ, sagt Obaid mit der Einsicht, die nur ein Mensch haben kann, der zum ersten Mal betrunken ist. âWir waren General Akhtars Verdächtige, General Beg wird sich seine eigenen suchen.â
âWas, wenn ihnen mein Plan ganz gut in den Kram passen würde?â Ich lasse die letzten Tropfen aus der Flasche laufen. âUnd sie nur sehen wollen, ob ich ihn ausführen kann?â
âWillst du damit sagen, dass die Leute, die ihn beschützen sollten, ihn umbringen wollen? Und deshalb lassen sie Leute wie uns frei? Bist du betrunken? Die Armee?â
âWer sonst könnte so etwas tun, Baby O? Denkst du etwa, diese ScheiÃzivilisten würden das fertigbringen?â
C olonel Shigri sprach auch nach seinem sechsten Drink noch weiter. Die Geschichte über seinen letzten Ausflug hinter die feindlichen Linien in Afghanistan nahm einfach kein Ende. Er hatte mich gebeten, im Wohnzimmer Feuer zu machen, schien es aber vergessen zu haben. Ich versuchte ihn zu unterbrechen. âWir haben kein Eis.â
âWasser genügtâ, sagte er und fuhr fort. âDa drauÃen gibt es die Leute, die kämpfen, und die anderen, die in Islamabad sitzen und Geld zählen. Männer in Uniform.â Er machte eine kurze Pause und bemühte sich, mich mit seinem blutunterlaufenen, verschwommenen Blick zu fixieren.
âDu hältst mich sicher für betrunken.â
Ich sah auf das Glas in seiner Hand und schüttelte halbherzig den Kopf. Wie spricht man mit jemandem, der dich nur aus den Bemerkungen in deinen Schulzeugnissen kennt und dir plötzlich bei einer Flasche Whisky seine Lebensgeschichte erzählen will?
Er wollte meinen Blick festhalten, aber seine Lider senkten sich unter der Last der Wahrheit.
Zum ersten und letzten Mal in seinem Leben sprach er mit mir über seinen Beruf.
âIch war unterwegs, um einen meiner Offiziere abzuholen, der beim Legen von Antipersonenminen ein Bein verloren hatte. Plötzlich erhielt ich den Befehl, den Mann zu vergessen und dieses Ding da abzuholen.â
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