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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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nicht kämpfen werden. Nein, Sir. Sie sind Salonsoldaten, die sich auf weichen Sofas aalen und fett werden. Das Erste, woran sie denken, ist, dass sie nie in eine Schlacht ziehen müssen. Doch im Grunde ihres Herzens wissen sie auch, dass im Falle eines Krieges niemand sie zu ihrem Unterschlupf zurücktragen würde, auch wenn sie verwundet würden. Verstehst du?“
    Ich verstand nicht. „Warum denn nicht?“
    â€žWeil sie verdammt zu fett sind.“
    Beim Überlebenstraining hatte ich Obaid nach einem Hinterhalt durch den Dschungel tragen müssen. Er hatte seine Absätze in meine Schenkel gegraben und mir seine Arme immer fester um meinen Hals geschlungen. Als er anfing, an meinem Ohrläppchen zu knabbern, hatte ich ihn abgeworfen.
    â€žKadett Obaid. Die erste Überlebensregel lautet: Du darfst deinen Retter nicht sexuell belästigen.“
    â€žAuch nicht, wenn es sich so gut anfühlt?“, hatte er mit halb geschlossenen Augen gefragt.

    A n unserem letzten Abend im Haus entdeckt Obaid in der Küche eine halb volle Flasche Black Label. Ich sage ihm nicht, dass ich die Flasche an dem Morgen, als der Colonel am Deckenventilator gefunden wurde, aus seinem Arbeitszimmer entfernt habe.
    Wir trinken ihn mit viel Wasser. „Schmeckt ziemlich bitter.“ Obaid verzieht das Gesicht. „Kann ich ein bisschen Zucker hineintun?“
    â€žDas wäre ekelhaft.“
    Er nimmt einen kleinen Schluck und macht ein Gesicht, als hätte ihm jemand in den Bauch geboxt.
    Doch nach dem zweiten Glas ändert er seine Meinung. „So schlecht schmeckt das eigentlich gar nicht“, sagt er. „Als ob man flüssiges Feuer trinkt.“
    Noch ein Glas, und in seinen Augen stehen Tränen und seine trunkenen Lippen geben die Wahrheit preis.
    â€žIch habe ihnen deinen Namen verraten. Von dir erzählt. Ihnen gesagt, dass du mit dem Säbel übst.“
    Ich nehme seine Hände. „Ich hätte das Gleiche getan.“
    Ich erzähle ihm nicht, dass ich das Gleiche getan habe.
    â€žWarum haben sie dich gehen lassen?“, murmelt er.
    â€žAus dem gleichen Grund wie dich.“
    Ein Stern nach dem anderen erlischt, als hätte Gott sich entschieden, Seinen Salon für heute Nacht zu schließen.
    â€žSie haben sich gar nicht dafür interessiert, was wir vorhatten und warum. Sie wollten bloß unsere Namen für ihre Akten“, sagt Obaid mit der Einsicht, die nur ein Mensch haben kann, der zum ersten Mal betrunken ist. „Wir waren General Akhtars Verdächtige, General Beg wird sich seine eigenen suchen.“
    â€žWas, wenn ihnen mein Plan ganz gut in den Kram passen würde?“ Ich lasse die letzten Tropfen aus der Flasche laufen. „Und sie nur sehen wollen, ob ich ihn ausführen kann?“
    â€žWillst du damit sagen, dass die Leute, die ihn beschützen sollten, ihn umbringen wollen? Und deshalb lassen sie Leute wie uns frei? Bist du betrunken? Die Armee?“
    â€žWer sonst könnte so etwas tun, Baby O? Denkst du etwa, diese Scheißzivilisten würden das fertigbringen?“

    C olonel Shigri sprach auch nach seinem sechsten Drink noch weiter. Die Geschichte über seinen letzten Ausflug hinter die feindlichen Linien in Afghanistan nahm einfach kein Ende. Er hatte mich gebeten, im Wohnzimmer Feuer zu machen, schien es aber vergessen zu haben. Ich versuchte ihn zu unterbrechen. „Wir haben kein Eis.“
    â€žWasser genügt“, sagte er und fuhr fort. „Da draußen gibt es die Leute, die kämpfen, und die anderen, die in Islamabad sitzen und Geld zählen. Männer in Uniform.“ Er machte eine kurze Pause und bemühte sich, mich mit seinem blutunterlaufenen, verschwommenen Blick zu fixieren.
    â€žDu hältst mich sicher für betrunken.“
    Ich sah auf das Glas in seiner Hand und schüttelte halbherzig den Kopf. Wie spricht man mit jemandem, der dich nur aus den Bemerkungen in deinen Schulzeugnissen kennt und dir plötzlich bei einer Flasche Whisky seine Lebensgeschichte erzählen will?
    Er wollte meinen Blick festhalten, aber seine Lider senkten sich unter der Last der Wahrheit.
    Zum ersten und letzten Mal in seinem Leben sprach er mit mir über seinen Beruf.
    â€žIch war unterwegs, um einen meiner Offiziere abzuholen, der beim Legen von Antipersonenminen ein Bein verloren hatte. Plötzlich erhielt ich den Befehl, den Mann zu vergessen und dieses Ding da abzuholen.“

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