Eine Kiste explodierender Mangos
Instinkt und die Bestimmung der Krähe vereinten sich und sagten ihr, sie müsse einen Weg finden, um in diesem Mangohain zu bleiben.
D as Schicksal der Krähe war mit dem zweier groÃer Aluminiumvögel verknüpft, die in diesem Moment achthundert Kilometer entfernt im Hangar der VIP-Beförderungsstaffel der pakistanischen Luftwaffe einer letzten Wartung unterzogen wurden. Die Motoren waren überprüft, das VerschleiÃprofil war für gesund befunden, alle Kontrollsysteme auf etwaige Störungen untersucht worden. Die Maschinen vom Typ Hercules C-130 waren in gutem Zustand und voll einsatzfähig. Gemäà den Sicherheitsvorschriften des Präsidenten sollte die Maschine, in der General Zia zu einer Panzervorführung in der Garnison 5 in Bahawalpur fliegen sollte, erst wenige Stunden vor dem Start ausgewählt werden. Die dreieinhalb Meter lange VIP-Kapsel aus Fiberglas wurde von Lademeister Stabsfeldwebel Fayyaz persönlich einer strengen Hygienebehandlung unterzogen. Von auÃen sah die Kabine aus wie eine der glänzenden Kapseln, die die NASA ins Weltall schieÃt. Ihr Inneres glich dem kompakten Büro eines Gangsterbosses. Fayyaz entstaubte die beigefarbenen Ledersessel mit Velourkopfstützen und saugte den flauschigen weiÃen Teppichboden. Er polierte die leere Aluminiumbar und legte einen Koran in das Getränkeregal. Es war Vorschrift, dass sich in allen Fahr- und Flugzeugen, die den General beförderten, ein Koran befand. Nicht, dass er unterwegs daraus rezitierte. Er hielt ihn trotz all der ausgeklügelten Sicherheitsvorkehrungen für einen zusätzlichen Schutz. Stabsfeldwebel Fayyaz musste nur noch neuen Luftverbesserer im Schacht der Klimaanlage verteilen. Danach war die Kapsel bereit. Aus Sicherheitsgründen wurde sie erst sechs Stunden vor dem Abflug in eines der beiden Flugzeuge eingepasst, das erst dann zur Präsidentenmaschine wurde und die Flugbezeichnung Pak One erhielt. Stabsfeldwebel Fayyaz hatte noch genügend Zeit, ein zweites Mal abzustauben und alles blitzblank zu polieren, ehe er bei Major Kiyani, dem Nachschuboffizier von der VIP-Beförderungsstaffel, den neuen Luftverbesserer holte.
D ie Krähe kreiste auÃer Reichweite der Schleuder über dem Obstgarten, bis der Junge einen rotschnäbligen Sittich entdeckte und ins Visier nahm. Ein kurzer Sturzflug, und die Krähe landete auf dem obersten Ast des höchsten Mangobaumes. Im Schutz seiner dunkelgrünen Krone stieà sie ihren Schnabel in die erste Mango. Wie ihr Duft es verhieÃ, war sie überreif und voll mit süÃem, süÃem Saft.
A ls man mich ins Büro des Kommandanten zitiert, bringe ich gerade zwei Mitgliedern meines Silent-Drill-Teams bei, den Inder zu machen. Dabei müssen sie, FüÃe und Kopf auf den Boden gestemmt, eine Drehung um dreihundertsechzig Grad vollziehen. Die Hände sind in die Luft gestreckt. Ich habe die beiden beim Tuscheln während des Silent Drills erwischt und erteile ihnen nun eine Lektion in der Tugend des Schweigens. Sie ächzen und stöhnen wie die letzten Jammerlappen. Wahrscheinlich bereiten ihnen die Cola-Kronkorken, die ich ihnen unter die Mützen gelegt habe, zusätzliches Unbehagen. Falls sie sich eingebildet haben, meine Erfahrungen hätten mich weichherzig gemacht, mussten sie diese Ansicht definitiv widerrufen. Mit oder ohne Bannon, die Drillvorschriften werden nicht geändert. Wer glaubt, ein paar Tage Knast würden einen Soldaten in einen Heiligen verwandeln, sollte einmal eine Woche in der Festung verbringen. Nur Zivilisten lernen ihre Lektion hinter Gittern, ein Soldat bleibt ein Soldat. Ich stecke meine halb gerauchte Zigarette dem, der am lautesten jammert, in den Mund. Er wedelt mit den Händen und stöhnt noch lauter, als der Rauch ihm in die Nase zieht. âDir muss man endlich mal Haltung beibringenâ, sage ich und mache mich auf den Weg ins Büro des Kommandanten.
D er Kommandant hat uns in Gnaden wiederaufgenommen, als wären wir seine verlorenen Söhne. Am Abend unserer Rückkehr vom Shigri Hill stellte er sich in die Tür unserer Stube und blickte uns nachdenklich an. Obaid und ich standen neben unseren Betten stramm. âIch mag es nicht, wenn man mir meine Jungs wegnimmtâ, sagte der Kommandant gedämpft. Seine Stimme triefte vor väterlicher Besorgnis. Als wären wir nicht zwei gerade entlassene Kerkerhäftlinge, sondern ein Paar
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