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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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zunehmend dicker und die Orden auf ihrer Brust immer zahlreicher wurden. Am Ende der Reihe hing ein großes Ölporträt von Muhammad Ali Jinnah, dem Gründer Pakistans, auf dem er einen adretten Savile-Row-Anzug trug und in einem Dokument las. Mit dem Monokel im linken Auge und seinem scharfen Blick wirkte Jinnah wie ein gepeinigter Chemiker aus dem 18. Jahrhundert kurz vor einer bahnbrechenden Entdeckung.
    Brigadier TM betrachtete das Bild des Gründers voll Bewunderung. Er hatte nichts gegen Zivilisten, wenn sie anständig gekleidet waren und sich benahmen wie Zivilisten. „Schau dir diesen Mann an.“ TM trat einen Schritt auf das Porträt zu. „Er war Zivilist, trug Zivil und sagte zivile Sachen, doch im Herzen war er ein Soldat.“ Ihm Achtung zu erweisen, fiel TM nicht schwer. Er trat einen Schritt zurück und salutierte – aus reinem Patriotismus, der Art von Vaterlandsliebe, die nur ein dekorierter Soldat empfinden kann. Als sein Fuß auf dem Teppich landete, seine Hand einen Bogen durch die Luft beschrieb und seine offene Handfläche seine Braue erreichte, bewegte sich der Rahmen. Nur ganz wenig, aber Brigadier TMs wachsamer Blick registrierte die Bewegung und er blickte sich abrupt um. Verlegen und schüchtern wie ein Kind, das im Hause eines reichen Cousins ein elegantes Ikebana-Gesteck verschoben hat, beugte Brigadier TM sich vor, fasste mit beiden Händen die Ecken des Rahmens, trat zurück, um zu sehen, ob er gerade hing, und ließ ihn dann mit einem kleinen Schauder wieder los. Seine rechte Hand fuhr an sein Halfter. Er ließ sie dort. Der Staatsgründer hatte ihm zugezwinkert. Er hätte schwören können, dass sich das linke Auge hinter dem Monokel bewegt hatte.
    â€žMitunter habe ich das auch getan.“
    Als TM General Zias Stimme vernahm, drehte er sich um und salutierte, diesmal etwas weniger zackig. Dabei trat er leicht zur Seite, damit Zia nicht sah, dass das Bild schief hing.
    Ohne Uniform und Präsidentschaftsinsignien wirkte General Zia irgendwie geschrumpft. Er trug einen Hausrock aus fließender Seide. Sein stets gewichster und gezwirbelter Schnurrbart hing ihm über die Oberlippe, an der er nervös saugte. Auch sein für gewöhnlich geölter Mittelscheitel befand sich in einem Zustand der Auflösung – wie eine Paradestaffel in der Teepause.
    â€žEr war der einzige wahre Führer, den wir jemals hatten“, sagte General Zia und machte eine Pause. Offenbar erwartete er, Brigadier TM würde ihm widersprechen.
    Brigadier TM war noch im Schock. Er war weder abergläubisch, noch glaubte er an Zufälle. Er wusste, dass eine geölte, geladene und entsicherte Pistole sich abfeuern ließ und dass ein Fallschirm bei präziser Windberechnung und entsprechender Steuerung landete, wo er landen sollte. Und er wusste, dass ein Gefangener nach drei Tagen Schlafentzug redete, wenn man den Namen seiner Tochter erwähnte. Aber ein Mann, der ihm aus einem vergoldeten Rahmen durch sein Monokel zuzwinkerte, als er salutierte, war eine neue Erfahrung für ihn.
    â€žDieses Bild ist nicht auf seine Sicherheit überprüft worden, Sir. General Akhtar hat gegen die Vorschriften bei Alarmstufe Rot verstoßen.“
    â€žMein Sohn, mit den Gerüchten in den amerikanischen Schundblättern kann ich leben, aber muss ich mich jetzt schon vor den Geschenken meines Geheimdienstchefs fürchten? Verdächtigen Sie General Akhtar? Soll das heißen, dass ich nicht einmal in meinem eigenen Wohnzimmer mehr sicher bin?“ General Zia verstummte kurz und fuhr dann fort. „Oder mögen Sie den Mann auf dem Bild nicht?“
    â€žEr war Zivilist, Sir, aber er hat uns dieses Land gegeben.“
    General Zia vergrub die Hände in seinem Hausrock, um seinen Ärger zu verbergen. Dieser Brigadier TM hatte keinerlei Geschichtsbewusstsein. „Na gut, verglichen mit Gandhi, diesem Bania , oder Nehru, dem alten Hurenbock, war er natürlich ein großer Führer. Aber seit damals hat es andere gegeben, die auf ihre bescheidene Weise …“ Ein Blick in TMs ausdruckslose Miene sagte General Zia, dass er von ihm keine Komplimente zu erwarten hatte, und er beschloss, das Thema zu wechseln.
    â€žMein Sohn, ich fühle mich wie ein Gefangener in meinem eigenen Haus. Diese Leute vom ISI sind Dummköpfe. Sie wissen weiß Gott, wie man gegen die Russen kämpft, und haben ihre Spione über die

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