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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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zerschmettert und erklärt, dass alle Nicht-Muslime, die ihre Waffen niederlegten, geschont würden.
    Die Einzigen, die an diesem Abend Waffen trugen, waren die saudischen Sicherheitsbeamten. Brigadier TM fragte sich, ob sie überhaupt wussten, wie man sie benutzte. Der ganze Ort bebte vor Ehrfurcht und Frömmigkeit, und er nahm die Hand vom Halfter. Sein Blick verwandelte sich in den eines Touristen, wurde flüchtig, ein wenig neugierig, nicht misstrauisch. Mit Interesse registrierte er, dass die meisten Gläubigen schwarz waren. Aber es gab auch Menschen anderer Nationen. In einer Ecke saß eine Weiße und betete aus dem Koran. Brigadier TM konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als er einen alten Chinesen sah, der sich, in der einen Hand seine Gebetskette und in der anderen einen Stock, um den schwarzen Kubus schleppte.
    Brigadier TM nahm sich vor, nach seiner Pensionierung auch einmal als Pilger hierherzukommen, um zu erfahren, ob er fühlen würde, was die anderen fühlten.
    Ihre Gastgeber, die saudischen Prinzen, gingen in ihren goldgesäumten seidenen Kaffiye voran. Er hatte den Überblick verloren, wie viele Prinzen es in diesem Königreich gab. Als sie sich dem schwarzen Marmorblock in der Mitte näherten, setzte Brigadier TM sich an die Spitze des Zuges, da ihm plötzlich bewusst wurde, dass sie trotz allem unbekanntes Terrain betraten. Die Tür öffnete sich. Nichts geschah. Kein Hinterhalt lauerte auf sie. Aber es empfing sie auch niemand.
    Der Raum war leer.
    Kein himmlisches Licht erstrahlte, kein Donner grollte, die Wände waren schwarz und ohne jede Inschrift. Und hätte General Zia nicht laut schluchzend um Vergebung gefleht, wäre im Inneren der Kaaba nichts weiter als Stille und abgestandene Luft gewesen. Allahs Haus war demnach ein dunkler leerer Raum. Mit einem Achselzucken blieb Brigadier TM an der Tür stehen, um die Pilger, die die Khana Kaaba umrundeten, im Auge zu behalten.

    W ieder hatte Brigadier TM das Gefühl, dass das Auge hinter ihm zwinkerte. General Zia merkte, dass TM nicht zum Plaudern aufgelegt war. Er raffte seinen Morgenmantel um sich und verließ den Raum. Dabei murmelte er etwas, von dem TM nur das Wort „schlafen“ verstand. „Wer soll in einer verdammten Nacht wie dieser schlafen können“, hatte General Zia gesagt.
    Jeden Blickkontakt mit dem Gründer vermeidend, trat Brigadier TM erneut vor das Bild. Er fuhr mit beiden Händen in die Hosentaschen und zog zwei weiße Taschentücher hervor, mit denen er den Rahmen am Rand umfasste und vom Nagel hob. Dann trug er es zum Sofa und legte es dort behutsam mit dem Gesicht des Gründers nach unten ab. Mit der rechten Hand zog er ein Hosenbein hoch und zog den Dolch aus der Scheide, die über seinem Knöchel befestigt war. Er entfernte nacheinander die Haken, löste mit der Dolchspitze die Pappe und warf sie beiseite. Dicker grüner samtartiger Stoff bedeckte die Rückseite des Porträts. TM tastete die Stelle ab, an der er das Gesicht des Gründers vermutete. Hinter dem Auge mit dem Monokel befand sich etwas Hartes, Rundes. Mit dem Dolch schnitt er säuberlich um die Stelle herum und stieß auf eine graue Metallscheibe, nicht größer und kaum dicker als ein Fünfzig-Paisa-Stück. Er pflückte sie mit dem Taschentuch heraus und hielt sie ein Stück von sich weg, als könnte sie gleich explodieren.
    Brigadier TM war dabei, die Scheibe von beiden Seiten zu untersuchen, um festzustellen, ob es sich um eine Vorrichtung handelte, die der Maler des Porträts verwendet hatte, oder um einen tödlichen Mechanismus, der ihm jederzeit um die Ohren fliegen konnte, als die metallene Oberfläche sich in der Mitte teilte wie der Vorhang eines Miniaturtheaters und eine konkave kleine Linse ihn anblinzelte. Eine Sekunde später ging der metallene Vorhang wieder zu.
    Brigadier TM umschloss die winzige Spionagekamera mit der Faust und versuchte sie zu zerquetschen, bis seine Knöchel schmerzten.
    Ferngesteuerte Bomben, panzerbrechende Kugeln, aus der Entfernung geschleuderte Dolche, das Aufblitzen eines Präzisionsgewehrs, auf der Schulter getragene Boden-Luft-Flugkörper, erboste Leibwächter, denen es in den Fingern juckte – Brigadier TM konnte mit allem umgehen, ohne dass sein Herz auch nur einen Schlag schneller schlug. Aber diese hinterhältige kleine Kamera erzürnte ihn so sehr, dass er einen Moment lang

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