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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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berührt, aber nie als Mann. Nun fragte ich mich, wie sich der Stoff ihres Rocks anfühlte. Spürte Damian die grobe Webart an der Handkante, quälte die fast unmerkliche Bewegung ihres Körpers darunter seine Fingerspitzen? Konnte er ihre Wärme spüren? Ich spürte sie in meiner Fantasie, aber nicht in Wirklichkeit – das durfte nur Damian.
    »Irgendwelche Vorschläge für das Rennen um halb drei ?«, weckte er mich aus meinen Träumen.
    »Mich brauchst du nicht zu fragen«, sagte ich. »Ich setze immer nur auf Namen, die mich an völlig andere Dinge erinnern.«
    »Wilde Träume!« Serena sprach meine verborgenen Sehnsüchte aus. »Fletcher hat mir eine Liste gegeben, und Wilde Träume soll ein sicherer Tipp sein. Und für den Gold Cup empfiehlt er Glückspilz.« Gab es hier kein Pferd, dessen Namen mir nicht die Hoffnungslosigkeit meines Begehrens ins Gesicht schrie?
    »Wer ist Fletcher?«, erkundigte sich Damian.
    »Unser Stallmeister auf Gresham.«
    Es war, als führte ihm dieser schlichte Satz mit seinen wenigen Worten die tiefe Kluft zwischen ihrem und seinem Leben vor und triebe ihn von ihr weg. »Joanna Langley winkt«, sagte er, zog seinen Arm von Serenas Hüfte und machte sich auf den Weg über den Rasen zu der Gruppe, die Joannas miniberockte Lichtgestalt umlagerte. Ich nahm seinen Platz ein, während Minna sich ziemlich irritiert auf meine andere Seite drückte.
    »Hast du den Blödsinn am Eingangstor gesehen?« Minna blinzelte in die Sonne, um die Gruppe besser sehen zu können.

    »Nein, aber ich habe davon gehört.« Serena lächelte. »Klang ganz lustig, aber wozu das Ganze?«
    »Sie steht morgen in allen Zeitungen«, sagte ich.
    Ich musste geklungen haben wie ein Vollidiot. »Das weiß ich«, erwiderte sie. »Aber was verspricht sie sich davon? Was bringt ihr das?«
    »Ruhm?«
    »Aber Ruhm weswegen? Dass sie die Hose runtergelassen hat? Wozu soll ein solcher Ruhm gut sein?« Serena brachte für Joannas Auftritt kein Verständnis auf, und Minna und ich nickten zustimmend. Vielleicht waren wir wirklich ihrer Meinung, und wenn nicht, wussten wir doch, dass diese Meinung von uns erwartet wurde.
    Die Vorstellung von Ruhm um seiner selbst willen galt in jenen fernen Tagen als verächtlich und lächerlich, war aber wohl ein Vorbote unserer Zeit. Die moderne Versessenheit auf Ruhm wird oft mit Prominentenkult verwechselt, aber Letzterer ist keineswegs neu. Es hat immer berühmte Menschen gegeben, und die Öffentlichkeit hat sich immer für sie interessiert. Auch diese Menschen waren nicht immer deshalb berühmt, weil sie Wunderbares geleistet haben. Es hat unter den Großen stets auch berühmte Lebemänner, Revuegirls, Kriminelle und unwürdige Trittbrettfahrer gegeben, aber in der Regel entwickelten sie ein persönliches Format, das ihren Ruhm rechtfertigte. Wirklich neu ist der Kult der Nichtprominenten, wenn also durch nichts sich auszeichnende Männer und Frauen wie Stars gefeiert werden. Vielleicht war es das Gespür für diesen kommenden Trend, das erwachende Interesse am Ruhm an sich, das eine Mrs. Langley dazu brachte, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Aber in ihre Planung hatte sich ein Fehler eingeschlichen: Mrs. Langley sprach die Falschen an. Die oberen Schichten haben sich vom Ruhm nie ködern lassen. Manchmal freuen sie sich, wenn sie berühmte Besucher in ihre Galaxie locken können, aber unter sich betrachten sie Ruhm nicht als wünschenswertes Attribut. Sie brauchen ihn nicht, um sich von der Masse abzuheben, und sehen auch sonst keinen Sinn darin. Vielleicht bedienen sich die modernen Erben gelegentlich dieser vulgären Methoden, um ihre Interessen voranzutreiben, aber sogar
diese jüngeren, cleveren Taktiker fühlen sich moralisch verpflichtet, so zu tun, als wäre Publicity unfein und würdelos.
    Im Gegensatz zu ihrer Mutter hatte Joanna diese fundamentale Wahrheit begriffen. Sie wusste, je stärker sie im Blickpunkt der Presse stand, desto unwillkommener war sie in der Welt, in die ihre Mutter sie so starrköpfig hineinkatapultieren wollte. Ich fürchte, die arme, fehlgeleitete Mrs. Langley glaubte allen Ernstes, dass ihre schöne Tochter mit diesen Mätzchen ihre Chancen auf einen geeigneten Ehemann und einen Platz in der Gesellschaft erhöhte. Stattdessen machte sie sie doch fast zunichte.
    Das alles erfuhr ich noch am selben Tag in einem Gespräch mit Joanna, denn ich hatte beschlossen, ihre Einladung anzunehmen und mich zur Loge der Langleys zu begeben. Dem war eine kleine

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