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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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Ärmel etwas herausließ. Belustigt stellte ich fest, dass Damian immerhin einen recht alten schwarzen Zylinder trug, und fragte mich, wo er den wohl aufgetrieben hatte und warum er nicht im bürgerlichen Grau erschienen war.
    Der einzige wirkliche Umsturz in der Kleiderordnung, den ich bewusst erlebt habe, ereignete sich in den frühen Achtzigerjahren: Selbst wer von Adel war oder anstrebte, es zu sein, erschien nun bei Hochzeiten ohne Zylinder. Im Gegensatz zu vielen modernen Kleiderregeln war dies tatsächlich ein Fortschritt, da man zwischen Kirche und Empfang kaum Zeit hatte, den Hut zu tragen, und ihn immer mit einem Berg anderer hinter einem Vorhang zurückließ. Die Gefahr war groß, dass die Hüte vertauscht wurden und für einen selbst nur ein noch ramponierteres Exemplar übrig blieb. Zwingend vorgeschrieben blieb der Zylinder jedoch weiterhin für Pferderennen, und hier wurden die Dinge kompliziert. Es kam der Moment, als die Produktion echter Seidenzylinder eingestellt wurde, vermutlich aus Gründen der politischen Korrektheit und Ökologie, sodass ein Wettlauf um die letzten Zylinder entbrannte, bevor sie völlig verschwanden oder die Preise in die Tausende kletterten. Die wirklich vornehmen Herren erkannte man daran, dass jeder zweite einen Hut trug, der eindeutig nicht für ihn gemacht oder gekauft worden war, ein Erbstück vom Vater oder Großvater, ein ausgemustertes Relikt vom Onkel oder Cousin der Mutter, leicht eingedrückt, abgerieben und entweder zu groß oder zu klein. Mein eigener, den ich meinem lieben alten Vater verdankte, balancierte auf meinem Kopf wie ein Karnevalshut, aber ich war’s zufrieden.

    »Du meine Güte«, begrüßte ich Damian. »Wo ich auch hingehe, bist du schon da.«
    »Das heißt, du bist stets am richtigen Ort.« Er lachte, und als seine Begleiterin meine Stimme hörte, drehte sie sich um. Es war Serena.
    Ein Kleingeist verrät sich selten so deutlich wie durch den Unmut, der ihn überkommt, wenn seine Freunde sich untereinander anfreunden. Leider ist das recht häufig zu beobachten, der leichte Biss auf die Lippe, wenn man erfährt, dass dieses Paar sich mit jenem getroffen hat und man selbst nicht dazu eingeladen wurde, obwohl man die beiden einander vorgestellt hat. »Wir sind dir ja so dankbar, dass du uns mit den Coopers bekannt gemacht hast«, sagen die Glücklichen und ernten dafür nur ein kühles Lächeln und ein paar gemurmelte Worte. Manche achten nicht weiter auf die neuen Freundschaften, die sich an ihrem Esstisch anspinnen, andere haben die innere Größe, sich darüber zu freuen, dass die eigenen Freunde einander mögen, aber ein deprimierend großer Teil kommt nie über das Gefühl hinweg, irgendwie ausgeschlossen, nicht mehr beachtet, weniger geliebt zu werden, weil nun andere in den Genuss dieser Liebe kommen. Wie jeder denkende Mensch weiß, ist das ein unwürdiges, selbst verkleinerndes, trauriges, ja jämmerliches Gefühl und sollte vermieden werden, vor allem in der Öffentlichkeit, da es etwa so anziehend ist wie Nasenbohren. Und doch …
    Bei Freunden ist dieses Gefühl schon schlimm genug, schlimmer noch bei einer Geliebten oder gar bei einer Angebeteten, von der man nicht wiedergeliebt wird. Wenn eine Frau, die man erfolglos aus der Ferne anhimmelt, sich in einen sogenannten Freund verliebt, und wenn diese Beziehung dann zu gegenseitiger Leidenschaft aufblüht, ist das äußerst schmerzhaft – ein krasser, unerträglicher Gegensatz zu den einseitigen, dürren, bitteren Empfindungen im Dunkel des eigenen Herzens. Zumal man seine innersten Gefühle auch nicht durch das winzigste Zeichen verraten darf. Aber wenn man in der Badewanne liegt oder auf dem Postamt Schlange steht, kochen Zorn, Hass und Zerstörungswut ungehemmt hoch und richten sich sogar auf Menschen, die man von ganzem Herzen liebt. Errötend muss ich
gestehen, so ging es mir mit Serena und mehr noch mit Damian, dem Urheber meines ganzen Kummers.
    Dieser Arm, der wie beiläufig auf dem rosa Dior-Kostüm lag, diese Hand, die so leicht auf Serenas sanft geschwungener Hüfte ruhte, waren für mich ein grotesker, himmelschreiender Verrat. Ich hatte Serenas Arm berührt, wie man es bei einer Begrüßung eben tut, hatte ihre Hand in die meine genommen, sogar mit meiner Wange die ihre gestreift, aber diese Privilegien genoss jeder, dem sie öfter als zweimal begegnet war. Niemals hatte ich sie auf eine Art angefasst, die Intimität suggerieren könnte. Ich hatte sie freundschaftlich

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