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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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belasten?«
    Das änderte natürlich die Lage gewaltig, es zu leugnen wäre kindisch gewesen. »Wie stellst du dir das Ganze eigentlich vor?«, fragte ich.
    Er entspannte sich. »Ich werde dir eine Liste der Frauen geben, mit denen ich in jenen Jahren geschlafen habe und die vor April 1971 ein Kind zur Welt gebracht haben.«
    Wieder war ich sprachlos. Die Liste der Frauen mit oder ohne Nachwuchs, mit denen ich damals geschlafen hatte, hätte auf die Rückseite einer Visitenkarte gepasst. Und was für ein präzises, geschäftsmäßiges Vorgehen! Ich war nicht darauf gefasst gewesen, dass wir so schnell Nägel mit Köpfen machen würden.
    Er spürte meine Verblüffung. »Meine Sekretärin hat schon etwas Vorarbeit geleistet. Ich glaube, die Liste ist vollständig.« Er lachte, wirkte nun viel gelöster bei der Aussicht, dass sein Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt würde. »Du kannst dich darauf verlassen, dass ich sehr gewissenhaft recherchiert habe. Bei jeder der Genannten besteht eine reelle Chance, dass sie die Mutter meines Kindes ist.«
    »Und was soll ich konkret unternehmen?«
    »Melde dich einfach bei ihnen. Mit einer Ausnahme habe ich die aktuellen Adressen.«

    »Warum bittest du sie nicht um einen Gentest?«
    »Dazu wären diese Frauen nie bereit.«
    »Du idealisierst sie, obwohl du sie nicht magst. Ich glaube durchaus, dass sie dazu bereit wären. Und ihre Kinder erst recht, wenn sie wüssten, was auf dem Spiel steht.«
    »Nein.« Er war plötzlich wieder sehr bestimmt, mein Einwand hatte ihn verärgert. »Ich will keine Sensation. Nur mein wirklicher Nachkomme darf wissen, dass ich nach ihm suche. Und wenn das Geld einmal in seinen Besitz übergegangen ist, kann er selbst entscheiden, ob er die Sache publik machen will. Bis dahin bleibt das meine Privatangelegenheit und hat unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattzufinden. Lass jemanden testen, der nicht mein Kind ist, und eine Woche später lesen wir’s in der Daily Mail .« Er schüttelte den Kopf. »Ein Test wäre gut, wenn du dir bei jemandem einigermaßen sicher bist.«
    »Und was, wenn eine der Frauen das Kind heimlich bekommen und zur Adoption freigegeben hat?«
    »Das hat sie nicht. Nicht die Mutter meines Kindes.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil sie sonst nicht eine Lüge jeden Tag vor Augen hätte.«
    Das alles musste ich mir erst einmal durch den Kopf gehen lassen, was Damian zu begreifen schien. Er erhob sich mühsam. »Ich gehe jetzt schlafen, ich war seit Monaten nicht mehr so lange auf. In deinem Zimmer findest du einen Umschlag mit der Liste. Wenn du möchtest, sprechen wir sie morgen früh durch. Und auf die Gefahr hin, gegen den guten Ton zu verstoßen, wie du dich ausdrücken würdest, habe ich eine Kreditkarte beigelegt, die du im Zuge deiner Suche belasten kannst. Ich werde nicht nachfragen, wofür.«
    Über diesen Hinweis ärgerte ich mich, war er doch so formuliert, dass ich Damian für großzügig halten sollte. Aber mit Großzügigkeit hatte dieser Auftrag nichts zu tun. Er war eine einzige Zumutung. »Ich habe noch nicht Ja gesagt«, warnte ich ihn.
    »Ich hoffe, du wirst es tun.« An der Tür blieb er noch einmal stehen. »Siehst du sie noch?«, fragte er im Vertrauen, dass es keiner weiteren Erläuterungen bedurfte. Womit er völlig recht hatte.
    »Nein. So kann man das nicht nennen.« Einen qualvollen Augenblick
lang dachte ich nach. »Sehr selten, bei Partys, Hochzeiten oder Ähnlichem. Aber im Grunde nicht.«
    »Ihr habt euch aber nicht überworfen?«
    »Nein, das nicht. Wir lächeln uns zu. Wir plaudern sogar. Überworfen haben wir uns sicher nicht. Wir haben überhaupt keine Beziehung. «
    Er zögerte, als überlegte er, ob er sich noch weiter vorwagen sollte. »Du weißt, dass ich nicht bei Sinnen war.«
    »Ja.«
    »Auch mir selbst ist das klar, und ich möchte, dass du das weißt. Ich bin einfach komplett ausgerastet.« Er schwieg wie in Erwartung einer besänftigenden Antwort. Aber die konnte ich ihm nicht geben. »Hilft es, wenn ich sage, dass es mir leidtut?«, fragte er.
    »Nicht besonders.«
    Er nickte und ließ diese Auskunft auf sich wirken. Wir wussten beide, dass dem nichts mehr hinzuzufügen war. »Bleib in der Bibliothek, solange du willst. Bedien dich am Whisky und schau dir die Bücher an. Manche werden dich interessieren.«
    Aber ich war noch nicht ganz fertig. »Warum hast du bis jetzt gewartet? «, fragte ich. »Warum hast du nicht gleich deine Fühler ausgestreckt, als der Brief kam?«
    Diese

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