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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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Worte zutraf. Hätte ich dadurch Serenas Liebe erringen können, dann hätte ich ihn auf der Stelle zu Tode getrampelt. Ratzfatz. Stattdessen entschloss ich mich zur heimtückischen Attacke unterhalb der Gürtellinie. »Ich dachte, sie ist jetzt mit Andrew Summersby zusammen.« Auch ich hatte ein paar Tricks im Repertoire.
    Damian blickte mit einem Ruck hoch. »Wie kommst du darauf ?«
    »Nachdem du weg warst, kam er sie suchen und benahm sich, als hätte er Besitzansprüche. Dann sind sie zusammen abgezogen.«
    Er lächelte leicht pikiert. »Andrew war bei dem Dinner, zu dem auch sie hinmusste. Stimmt; ihre Eltern glauben, da würde sich etwas anbahnen. Andrew glaubt das wohl ebenfalls, aber sie hatte heute Abend keine Lust auf eine Aussprache. Die wird sie bald nachholen.«

    Ich dachte darüber nach. Für mich hörte sich das an, als wären Serena und Andrew tatsächlich als Paar im Gespräch, ein Gedanke, bei dem mir übel wurde. Damian übertrieb wohl seine Chancen bei ihr, um mich zu ärgern, dabei hatte er nicht mehr vorzuweisen als einen Kuss. Wir waren damals alle noch unschuldiger, trotzdem hatte ein Kuss nicht viel zu bedeuten. »Gehst du zu ihrem Ball?«, fragte ich.
    »Welche Frage! Ich übernachte sogar auf Gresham.«
    Ich bin nicht sehr selbstbewusst, warum, weiß ich nicht. Gut, ich habe in meiner Jugend nicht gerade blendend ausgesehen, war aber nicht auf den Kopf gefallen und kam viel herum. Meine Eltern liebten mich ohne jeden Zweifel, und ich hatte immer viele Freunde. Auch Mädchen waren für mich nicht unerreichbar, selbst wenn manche unterdessen Ausschau nach Besserem hielten. Sogar zu meiner Schwester hatte ich vor ihrer Heirat ein gutes Verhältnis. Und doch besaß ich wenig Selbstvertrauen, der Grund, warum ich Damian bewunderte. Er schreckte vor keinem Hindernis zurück, und darum beneidete ich ihn. Sogar jetzt, als ich ihn am liebsten in Ketten gesehen hätte, die Füße in einem Betonklotz, im tiefsten Meer versenkt. Noch während ich mir vorstellte, wie seine dichten dunklen Locken in der Strömung hin und her trieben, wie die Fische an seinen blicklos starrenden Augen vorbeischwammen, empfand ich, malgré moi , Bewunderung für ihn. »Hat dich Lady Claremont denn eingeladen?«
    »Noch nicht, aber sie wird es tun. Candida und Serena arrangieren das gerade. Serena wird ihrer Mutter erzählen, dass Candida es auf mich abgesehen hat.« Er blickte mir fest in die Augen. Ein grundsolider Vorwand, den Lady Claremont schlucken würde, da Candida alles ins Visier nahm, was männlich war und auf zwei Beinen herumlief. Dennoch verriet er mir mit seiner Erklärung etwas, was ihm bisher noch nicht aufgefallen war. Ich sah, wie ihn das Echo seiner Worte selbst irritierte. Teilte er mir doch unwillkürlich mit, dass er in Lady Claremonts Haus nicht willkommen wäre, wenn sie bei ihm das leiseste Interesse an ihrer Tochter argwöhnte. »Die wickle ich schon noch ein«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage. »Ich kenne diesen Typ. Ich weiß, dass ich sie dazu kriegen kann, mich zu mögen.«

    Offensichtlich kannte er weder Lady Claremonts »Typ« noch den ihres Mannes und schon gar nicht die Mentalität ihrer Kreise, denn diese Leute waren weder damals noch heute daran interessiert, von den Damian Baxters dieser Welt gekannt und verstanden zu werden. Ich glaube übrigens, dass Lady Claremont ihn unter anderen Umständen fraglos gemocht hätte. Sie hätte seinen Humor und sein Selbstvertrauen geschätzt, hätte ihn vielleicht sogar als einen Vertreter der »wirklichen Welt«, wie sie in solchen Häusern durchaus willkommen sind, in ihren Kreis aufgenommen. Aber mehr nicht.

12
    Ich gehöre nicht zu den Los-Angeles-Hassern unter den Engländern. Zu den Schauspielern und Regisseuren, die behaupten, jeder Tag dort sei eine Qual und alles so »unecht«, dass sie ihre Seelen keine Sekunde länger als nötig damit besudeln wollen und Hurra schreien, wenn der Flieger von LAX abhebt. Manche meinen das wirklich ernst, aber vermutlich nicht viele. Sie schämen sich vielmehr, weil sie nach dem dürsten, was nur Hollywood zu geben vermag, und machen den Ort und alle seine Einrichtungen schlecht, um bei ihren feinsinnigen Brüdern auf der Insel nicht an Ansehen einzubüßen. Vor meiner Mission für Damian war ich erst einmal dort gewesen, vor vielen Jahren, recht ziellos auf der Suche nach Ruhm und Erfolg. Aber in letzter Zeit bin ich öfter dort und genieße meinen Aufenthalt immer sehr. In Los Angeles

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