Eine Klasse für sich
in einem viktorianischen Fernseh-Melodram. Als Nächstes verweist du ihn noch von deinem Grund und Boden.‹ Da musste ich unwillkürlich lächeln, was Roo als Bresche in der Mauer betrachtete; mit einer sanften Säuselstimme redete sie auf mich ein: ›Wir haben nichts gegen diesen jungen Mann, Candida‹. Sie sprach mit einer Ruhe, die für Serenas Hoffnungen vernichtender war als Pels Wut, denn sie verflog nicht bis zum nächsten Morgen. ›Wirklich nicht. Er bemüht sich, nett zu sein, und ist als Gast jederzeit gern gesehen. Aber du musst verstehen, dass eine solche Verbindung nicht infrage kommt. Das ist schlichtweg lächerlich, mehr ist dazu nicht zu sagen.‹ Sie machte eine Pause, wohl, damit ich nicken konnte. Aber das tat ich nicht, und so beackerte sie mich weiter. ›Bring Serena bitte schonend bei, dass wir die Idee nicht gut finden. Es ist viel besser, wenn sie es von dir hört. Wenn wir ihr zusetzen, schaukelt sich das nur zu einer hässlichen Szene auf. Sie ist ein vernünftiges Mädchen. Sie braucht erst einmal etwas Zeit zum Nachdenken, dann wird sie begreifen, dass unsere Sicht
der Dinge so unklug nicht ist.‹ Ich fragte sie, ob ich es Serena gleich mitteilen solle, aber sie schüttelte den Kopf. ›Nein. Verdirb ihr den Ball nicht‹, sagte sie. ›Sag’s ihr morgen oder übermorgen, bevor du fährst. In einer ruhigen Minute.‹ Dann wartete sie auf eine Antwort. Ich schwieg und hatte damit wohl eingewilligt.«
»Und hast du’s ihr gesagt?«
Wieder schüttelte Candida den Kopf. »Das war nicht mehr nötig. Jetzt kommt der Knaller: Als wir uns nicht mehr gegenseitig anfauchten, hörten wir, wie das erste Grüppchen Dinnergäste eintraf, und Pel und Roo gingen hinunter, um sie zu begrüßen. Ich saß immer noch vor dem Spiegel und fühlte mich, ehrlich gesagt, wie erschlagen. Da hörte ich eine Stimme. ›Jetzt habe ich mein Fett weg.‹ Ich schaute mich um und sah Damian dastehen.«
»In deinem Zimmer?«
»Ja.« Sie nickte und kniff bei der Erinnerung kurz die Lider zusammen. »Er war nebenan untergebracht, was ich vielleicht vergessen hatte. Es gab eine Verbindungstür, eine dieser Doppeltüren mit einem halben Meter Zwischenraum, einem wirkungsvollen Schalldämpfer. Aber leider waren die Türen nicht abgeschlossen. Damian musste dazwischengestanden haben und marschierte dann einfach zu mir rein. Die Situation war so schrecklich, dass ich kaum Worte dafür finde. Noch jetzt, nach vierzig Jahren, habe ich diesen Moment als einen der schrecklichsten in meinem ganzen Leben in Erinnerung, und glaub mir, das will was heißen. Wir haben uns nur angestarrt, und schließlich habe ich irgendwas dahergefaselt, dass sie seine Gefühle nicht kannten, dass ich hoffte, er würde sie nicht hassen, und solches Zeug. Aber Damian lachte nur kurz auf und schüttelte den Kopf. ›Sie hassen?‹, sagte er. ›Warum sollte ich sie hassen? Sie haben mich durchschaut.‹ Erst habe ich nichts kapiert, weil Serena mich von seiner Liebe überzeugt hatte. Deshalb konnte ich nicht fassen, dass er mir nun sagte, er liebe sie nicht, nein, er wäre die ganze Zeit nur hinter ihrem Geld her gewesen. Ich wollte ihm nicht glauben, aber er blieb stur dabei. Er hat es Serena später am Abend selbst gesagt und mir die Aufgabe damit abgenommen. Sie und ich haben nur ein einziges Mal darüber gesprochen. Ich glaube nicht, dass sie
sich wiedergesehen haben – außer an diesem schrecklichen Abend in Portugal natürlich. Vielleicht sind sie sich im Lauf der Jahre auf irgendwelchen Gesellschaften begegnet, aber das hat sie mir gegenüber nie erwähnt. Damian hat danach keinen einzigen Ball mehr besucht und uns anscheinend alle abgeschrieben. Was mich nicht überrascht. «
»Mich auch nicht. Wann hat er mit Serena gesprochen?«
»Ganz zum Schluss. Sicher wollte er ihr den Abend nicht verderben, aber er hätte es nicht ertragen, dass sie es von jemand anderem erfährt, und hatte wohl auch schon beschlossen, am nächsten Tag früh zu verschwinden. Ich glaube mich zu erinnern, dass er kurz vor Ende mit ihr im Gobelinsalon verschwunden ist.«
»Und er hat ihr wirklich gesagt, dass er von Anfang an nur geplant hatte, gesellschaftlich voranzukommen, und sie nicht liebt?«
»Ja. Obwohl ich das immer noch nicht glauben kann. Vielleicht hatte er Serena unter anderem auch als Aufstiegschance betrachtet, aber ich bin überzeugt, dass er sie wirklich gernhatte.«
»Ich glaube, an seinen Behauptungen war kein wahres Wort. Wenn er vorher
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