Eine Klasse für sich
einmal gesagt hatte, dass er sie liebte, dann hat er sie auch geliebt.«
Candida sah mich überrascht an. »Ich dachte, du mochtest ihn nicht.«
»Ich hasste ihn. Eigentlich hasse ich ihn noch immer, kaum weniger als früher. Das bedeutet aber nicht, dass ich ihn für einen Lügner halte, es sei denn, er wird extrem provoziert.«
Sie verzog das Gesicht. »Wie wir wissen.«
Aber ich wollte nicht zu jenem anderen Abend abschweifen, über dem ein Fluch gelegen haben muss, sondern bei der Ballnacht bleiben. »Er hat dich angelogen, um das Gesicht zu wahren. Mich wundert, dass du das nicht gemerkt hast. Serena hätte ohnehin nie viel Geld gehabt. Wenn er auf Reichtum aus gewesen wäre, hätte er sich für Joanna Langley entschieden.«
Sie errötete. »Glaubst du nicht, dass er eine hochrangige Aristokratin zur Frau haben wollte?«
»Darauf legte er keinen Wert. Damals nicht mehr. Vielleicht anfangs,
aber nicht mehr zu diesem Zeitpunkt. Er hat Dagmar von Moldau abgewiesen. Er hätte eine Prinzessin heiraten können, wenn er gewollt hätte.«
Sie dachte darüber nach. »Damals war ich sicher deiner Meinung, sonst wäre es nicht zu dem Portugal-Abenteuer gekommen. Mit den Jahren bin ich wohl zynischer geworden.«
»Die arme Serena. Sie hatte also beschlossen, ihren Eltern die Stirn zu bieten und ihre wahre Liebe zu heiraten. Dann war an einem kurzen Abend alles vorbei, und ihr blieb nichts übrig, als auf die Terrasse hinauszugehen, durchzuatmen und einen neuen Lebensplan zu entwerfen.«
»Hat sie das getan? Dann weißt du mehr als ich.«
»Ja. Als sie wieder hereinkam, fand sie mich im Vorzimmer, und wir haben miteinander getanzt, bevor ich gegangen bin.« Ich dachte an Serenas leeren Blick und ihr Gemurmel von den Marksteinen. Sie hätte genauso gut Mühlsteine sagen können.
»So war das also. Vielleicht schätzt du Damian ja richtig ein. Ich hoffe es. Aber er hat seine Rache gehabt. Er ist ein viel bedeutenderer Mensch geworden als wir alle zusammen. Ich frage mich, ob sich Pel und Roo je darüber Gedanken machen.«
»Und du hattest wirklich eine Schwäche für ihn?«
»Für Damian? Absolut! Ich habe ihn angebetet. Und wie ich dir erzählt habe, hatten wir ein kleines Techtelmechtel miteinander, früher im Jahr. Aber als Damian dann mit Serena zusammen war, hat er mit keiner aus unserer Clique mehr was gehabt, soviel ich weiß.«
»Erst später wieder.«
Sie errötete leicht. »Ja. Später. Aber du weißt ja, wie es in den einsamen Jahren ist. Bevor man sich im Leben einrichtet.«
»Darf ich dir eine unverschämte Frage stellen?«
Sie lächelte. »Ich glaube, nach unserem Gespräch gerade eben kann ich das kaum verhindern.«
»Wer ist Archies Vater? Jemand, den ich kenne? War er einer aus der Gruppe von damals? Oder bist du ihm erst nach der Saison begegnet ?«
»Schwer zu sagen.«
Die Antwort befremdete mich. »Siehst du ihn noch?«
»Keine Ahnung.« Ich starrte sie an, etwas dämlich, wie ich annehme, da sie lachte. »Heute bin ich eine ältere, achtbare Bankierswitwe, aber so war es nicht immer. Du musst doch wissen, dass es in der Vergangenheit eines jeden Menschen Dinge gibt, die sich mit seinem jetzigen Leben schwer unter einen Hut bringen lassen.«
Ich nickte. »Das weiß ich besser als die meisten.« Und ganz bestimmt wusste ich, dass es bei ihr so war.
»Ehrlich gesagt bin ich nicht sicher, wer Archies Vater ist. Ich habe in dieser Zeit ziemlich wild herumgemacht. Mit der Ausrede, ich sei aus der Bahn geraten oder auf der Suche nach mir selbst. Oder ich habe irgendwelche anderen Achtundsechziger-Sprechblasen benutzt, damit ich ohne Schuldgefühle tun und lassen konnte, was ich wollte; da bin ich voll auf der Woge des Zeitgeists gesurft. Eines Tages bin ich aufgewacht und war schwanger. Alle wollten natürlich, dass ich es wegmachen lasse, meine Freunde genauso wie meine Familie, aber ich habe nicht auf sie gehört und bin heute wahnsinnig dankbar dafür.«
»Aber hast du nie versucht herauszufinden, wer der Vater ist?«
»Ich sah nicht ein, was das bringen sollte. Was hätte ich denn davon gehabt? Jemanden, der seine Nase in Dinge steckte, die ich lieber allein entschied? Einen Gefühlskrüppel, der das Recht zu haben glaubte, sich bei mir anzulehnen, nur weil ich sein Kind austrug? Irgendwann dachte ich, es könnte George Tremayne sein, bin dann aber wieder davon abgekommen. Stell dir vor, ich hätte mit ansehen müssen, wie er sich jeden Tag an meinem Küchentisch abfüllt!« Ich
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