Eine Koelner Karriere
sagte nichts, dachte offenbar auch nichts, stierte nur das Foto in seiner Hand an, der übrigen Welt völlig entrückt, als hätte er sich von einem Moment zum anderen in eine Art Buddha der Bodybuilder verwandelt. Lediglich seine überdimensionierten Nasenflügel blähten sich wie die Segel eines von Gott und Lloyd’s verlassenen Geisterschiffes.
»Wenn das alle Fragen waren«, sagte Markesch heiser in die lastende Stille hinein, »würde ich jetzt gern meinen Hauptgewinn nehmen und nach Hause gehen.«
Trucker löste sich mit einem tiefen, grollenden Brummen aus seiner Entrücktheit. Aber was immer auch in den langen Momenten des Meditierens in ihm vorgegangen sein mochte, es hatte ihm offenbar nicht gefallen. Denn das Brummen hielt an, schien in den Muskelpaketen und Hohlräumen von Körper und Kopf an Kraft und Resonanz zu gewinnen, bis mit einem Mal sein breiter Mund zu einem zähnestarrenden Schlund aufklaffte und ein bestialischer, monströser Schrei die Stille der Lagerhalle zerriß.
»Ich bring sie um!« heulte er und ließ eine eisenharte, leviathanische Faust wie einen Dampfhammer auf die Werkbank niedersausen, nur Zentimeter neben Markeschs Kopf. »Ich schneid’ diesem hirnvermatschten Tränentier die Titten ab!« Der nächste Dampfhammerschlag sprengte einen fingerlangen Splitter aus dem Holz. »Ich mach sie kaputt, kaputt, KAPUTT!«
Die Werkbank bebte unter den rasenden Fausthieben. Markesch starrte ihn an, fassungslos, gelähmt, jede Sekunde damit rechnend, daß statt Holz seine Knochen splittern würden, und deprimiert fragte er sich, warum alle Irren dieser Erde ausgerechnet ihm über den Weg laufen mußten.
»Schäff, Schäff!« drang des Rastamannes nervöse Stimme durch Truckers entmenschlichtes Gebrüll. »Verdamp noch ens – bei denne Jeblöks wädde noch die Plät jeck!«
Trucker ließ von der Werkbank ab und schnaufte wie das Überdruckventil eines kurz vor der Explosion stehenden Dampfkessels. »Aber das kommt davon, wenn man zu diesem Nuttenpack zu gut ist«, knirschte er. »Man reißt sich für die Schlampen den Arsch auf, gibt ihnen einen tollen Job und ihrem Leben einen Sinn, und zum Dank versauen sie einem das Geschäft. Aber nicht mit mir. Ich laß mich von keiner übergeschnappten Matschbirne aufs Kreuz legen, ich nicht!«
Zornbebend griff er in die Tasche seiner Lederjacke, brachte ein Plastikdöschen zum Vorschein, schüttete ein fingerhutgroßes Häufchen aus weißem Pulver auf den Handrücken und saugte es mit seinen riesigen Nüstern auf.
Er keuchte.
Er schüttelte sich.
Und war plötzlich wieder ganz ruhig, ganz kühl, als hätte der Schnee den rasenden Aufruhr seiner Gefühle im Bruchteil einer Sekunde schockgefrostet. Mit glasigen Augen starrte er Markesch an.
»Und jetzt wieder zu dir, Schnüffler«, sagte er unheilvoll. »Diese verlogene kleine Nutte erpreßt also einen deiner Klienten. Wie heißt der Kerl?«
»Uh, was?« machte Markesch überrumpelt.
»Der Name des Freiers – spuck ihn aus!«
»Tut mir leid, aber das kann ich nicht. Ich könnte dadurch meine Selbstachtung verlieren.«
Trucker gab dem Rastamann einen Wink. »Blackie, laß ihm die Luft ’raus!«
Blackie grinste und warf die Bohrmaschine an.
»Aber lieber die Selbstachtung als den Kopf verlieren«, fügte Markesch hastig hinzu. »Okay, der Mann heißt Schlappensack. Hugo von Schlappensack. Ein erfolgreicher Wirtschaftsanwalt. Aber sagen Sie’s bloß nicht weiter. Wenn seine Vorliebe für Doktorspiele bekannt wird, ist er erledigt. Dann findet er höchstens noch einen Job als Kneipier.«
»Schlappensack?« brummte Trucker skeptisch. »Nie gehört. Keiner von Astrids alten Kunden. Kennst du einen Schlappensack, Blackie?«
Der Rastamann verengte die Augen und geriet sichtbar ins Grübeln, als würde die Hälfte seiner Bekanntschaft aus erfolgreichen Wirtschaftsanwälten bestehen. Dann schüttelte er energisch den Kopf. »Enä, kenn ich nit.«
»Den Mann kennt jeder«, behauptet Markesch dreist. »Er ist so was wie der Pate des Kölner Klüngels. Chefkassierer des Kölschen Brauereiverbandes, Präsident des Karnevalsvereins Kapotte Käls und Schwippschwager des berühmten Gerontologen Professor Karl-Heinz Sömmerlappen, der bekanntlich das mobile Altenpflegeheim erfun …«
Trucker brachte ihn mit einem schnellen Kniff in die Nase zum Verstummen. »Das reicht, Schnüffler. Ich bin an der Lebensgeschichte deines Schlappensacks nicht interessiert. Aber du kannst ihm ausrichten, daß ich
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