Eine Koelner Karriere
diese Schweinerei in Ordnung bringen werde. Und wenn er weiter an Frischfleisch interessiert ist, kann er sich vertrauensvoll an mich wenden – aber diesmal mit garantierter Diskretion.«
»He«, protestierte Markesch, »ich bin Privatdetektiv, kein Kuppler.«
»Ich weiß«, grinste Trucker, »und damit kommen wir zum zweiten Teil unseres kleinen spaßigen Spielchens, und das heißt: Wie vermeide ich es, zu Brei geschlagen zu werden?«
»Ja, wie?« fragte Markesch begierig.
»Durch bedingungslose Zusammenarbeit«, eröffnete ihm der Zuhälter. »Immerhin haben wir beide die gleichen Interessen. Wir wollen beide diese Hurenschlampe von Astrid Pankrath und wir wollen beide, daß diese geschäftsschädigende Erpresserei aufhört. Du bist der Schnüffler, also schnüffelst du in Zukunft auch für mich.«
Markesch sah ihn entgeistert an. »Sie wollen mich engagieren? Nach allem, was hier passiert ist?«
Trucker kniff ihm erneut in die Nase. »Bloß nicht nachtragend sein. Schließlich haben wir’s nicht persönlich gemeint, stimmt’s, Blackie?«
»Enä«, bestätigte der Rastamann prompt. »Ehm Ähnz!«
»Na, das nenne ich eine glückliche Fügung! Und ich dachte schon, Sie quälen mich, weil Ihnen meine Nase nicht gefällt.«
Trucker zog zufrieden brummend ein Springmesser aus der Tasche und kappte mit vier kurzen Schnitten die Fesseln. Während Markesch behutsam seine mißhandelte Nase betastete und sich das Blut vom Kinn wischte, brachte der Zuhälter aus den unergründlichen Taschen seiner Lederkluft ein dickes Bündel Hundertmarkscheine zum Vorschein. Er zählte fünf Hunderter ab und warf sie zusammen mit dem Erpresserfoto auf die Werkbank.
»Ich schätze, das reicht als Vorschuß.«
»Das reicht nicht mal, um die Rechnung meines Nasenarztes zu bezahlen.«
»Wenn du mir die Schlampe bringst, gibt’s mehr – genug, um dir eine völlig neue Nase machen zu lassen.«
»Das ist mir ein großer Trost.« Er massierte seine tauben Handgelenke, bis die Blutzirkulation wieder einsetzte und die Taubheit prickelndem Schmerz wich. »Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte, wo Ihre Freundin stecken könnte?«
»Von meinen Kumpeln weiß keiner, wo sie ist. Vielleicht hat sie sich ins Ausland abgesetzt. Das wäre dem Aas ohne weiteres zuzutrauen. Einfach abtauchen und mich ohne geregeltes Einkommen dastehen lassen.«
»Und diese Denise? Sie ist mit Astrid eng befreundet, oder?«
»Wenn Denise wüßte, wo Astrid steckt, dann wüßte ich es auch, und wenn ich es wüßte, würde ich dich nicht engagieren. Und noch was, Schnüffler …« Trucker packte ihn am Kragen und zog ihn halb von der Werkbank hoch. »Ich verlaß mich auf dich, also enttäusch mich nicht. Der letzte, der mich enttäuscht hat, hat heute nicht mal mehr ’ne Nase. Wenn der riechen will, zieht er den Stöpsel ’raus und schaltet den Kopf auf Durchzug.«
»Un dat kann janz fies op de Nerve jon!« lachte der Rastamann gutgelaunt und ließ bekräftigend die Black & Decker heulen.
Nach einem letzten tückischen Blick wandte sich Trucker ab und stampfte mit erderschütternden Schritten davon. Der Rastamann trottete bohrend hinter ihm her, und bald waren sie in den Schatten der düsteren Lagerhalle verschwunden. Eine Weile hielten die Nachbeben und das Black & Decker-Geheul noch an, dann wurde es still.
Markesch fluchte gepreßt, steckte das Geld und das Foto ein, rutschte von der Bank und schlurfte zu einem der zersplitterten Fenster. Draußen, jenseits eines brackigen Hafenbeckens und einer langen, begrünten Landzunge, wälzte sich träge und breit der Rhein dahin, im Westen überspannt von der Stahlkonstruktion der Zoobrücke. Der Himmel über Köln war ein einziges Blau, grenzenlos und friedlich, ein idyllisches Bild wie aus einem Hochglanzfotoband mit dem Titel Die Freuden des Frühlings. Die Luft war lau, der Tag noch jung und das Leben ein lockendes Versprechen.
Aber nicht für einen Mann, dessen Nase im Begriff stand, auf das Dreifache ihrer natürlichen Größe anzuschwellen.
5
Als Markesch die Lagerhalle verließ, fand er sich auf dem Gelände des alten Mülheimer Hafens wieder, einer düsteren, postindustriellen Ruinenlandschaft, die schon seit Jahren auf ihre Sanierung wartete und wie dafür geschaffen war, harmlose Privatschnüffler unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu peinigen. Im schmutzigen Wasser des Hafenbeckens dümpelten ausgediente, wurmstichige Lastkähne träge vor sich hin, Fliegende Holländer der
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