Eine königliche Affäre
nachdachte, in welchem Luxus er Tag für Tag schwelgte? Mindestens dreimal am Tag wahre Gourmet-Mahlzeiten serviert zu bekommen, ohne selber auch nur einen Finger dafür krumm machen zu müssen. Er hatte ganz sicher noch nie betteln, feilschen oder bestechen müssen, um für sich Nahrung zu beschaffen …
„Wie war es für dich, ohne Mutter aufwachsen zu müssen?“, fragte er unerwartet und schreckte Cassie damit aus ihren schweren Gedanken auf. „Hast du sie sehr vermisst?“
„Ich weiß gar nicht, ob man etwas vermissen kann, das man nie kennengelernt hat“, gab sie nach einer Pause widerwillig zu. „Ich hatte eine ganze Reihe von Nannys und mehr Spielzeug als die meisten anderen Kinder, vermute ich. Auf jeden Fall viel mehr als die armen Würmer im Waisenhaus.“
„Das beantwortet nicht meine Frage.“
Cassie versteifte sich sichtlich. Was wollte Sebastian von ihr hören? In der Vergangenheit hatte er sich doch auch nicht für ihre Kindheit interessiert! Ihre Affäre drehte sich einzig und allein um Sex. Lust und Begehren waren es gewesen, die sie einander in die Arme getrieben hatten.
Und selbst jetzt, während sie nervös auf ihrem Stuhl herumrutschte, spürte sie plötzlich wieder das vertraute Ziehen in ihrem Innern und hoffte nur, dass es nach außen nicht sichtbar war, was sie gerade empfand.
„Es … es wäre sicher nett gewesen, eine Mutter zu haben“, fabulierte sie weiter, den Blick fest auf ihr Essen geheftet. „Besonders während der Teenagerzeit …“ Cassie legte die Gabel aus der Hand und nestelte nervös am Tischtuch. „Ich versuche einfach, so wenig wie möglich darüber nachzudenken. Eine Menge Leute haben keine Mutter und leben auch. Das betrifft schließlich nicht nur mich.“
„Das stimmt“, sagte Sebastian mitfühlend. „Seltsam, dass wir nie zuvor darüber geredet haben. Was war ich damals nur für ein oberflächlicher, hormongesteuerter Hohlkopf!“
Cassie biss sich auf die Unterlippe und senkte den Kopf noch tiefer über die weiße Leinendecke. Ohne dass sie es wollte, liefen die freudlosen Jahre ihrer frühen Kindheit vor ihrem inneren Auge ab. Jahre, in denen sie verzweifelt versucht hatte, die Aufmerksamkeit ihres Vaters zu wecken und auf sich zu ziehen, weil sie sich so schrecklich einsam und verloren fühlte. Sie wusste nicht mehr, wann sie damit begann, ihre Taktik zu ändern und ihn zu provozieren, anstatt ihm gefallen zu wollen. Das Einzige, woran sie sich erinnerte, waren erbitterte Kämpfe, die immer wieder damit endeten, dass sie …
„Cassie?“
Sie schreckte zusammen. Sebastian! Sie hatte gar nicht mehr an ihn gedacht … Worüber hatten sie gerade geredet? Hatte er sie etwas gefragt? Mühsam versuchte Cassie, den Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken. Eine Welle von Übelkeit überrollte sie, alles um sie herum verschwamm, und ihre Gliedmaßen schienen sich aufzulösen, wie Sand im Meer.
Sie verlor das Bewusstsein. Nein … tief atmen … das musste sie jetzt tun … schön gleichmäßig ein … und aus … und ein …
„Caz?“ Sebastian lehnte sich über den Tisch, nahm ihre eiskalte Hand in seine und furchte betroffen die Stirn. „Was ist los? Du bist plötzlich weiß wie ein Laken. Was ist passiert?“
Cassie versuchte, ihre Lippen zu einem Lächeln zu verziehen, was ihr aber gründlich misslang. Immerhin hatte seine dunkle Stimme sie zurückgeholt. Dabei war es schon Jahre her, seit sie die letzte Panikattacke gehabt hatte.
„Nichts …“, brachte sie etwas mühsam hervor. „Tut mir leid, ich war einen Moment abgelenkt. Worüber haben wir gesprochen?“
„Wo immer du gerade mit deinen Gedanken warst, es kann kein guter Ort gewesen sein“, sagte Sebastian leise und massierte mechanisch ihre klammen Finger. „Hatte es mit deiner Zeit im Gefängnis zu tun?“
Cassie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und entzog ihm damit ihre Hand. „Du scheinst ja richtig fasziniert von meinem Gefängnisaufenthalt zu sein“, murmelte sie spöttisch. „Entwickelst du etwa plötzlich spezielle Fantasien über das Zusammensein mit einer Ex-Gefangenen? Sex mit einem echten Knasti? Hat doch was, oder?“
Voll gerechter Wut und Empörung fühlte Sebastian dennoch heftiges Begehren in sich aufsteigen und hasste sich dafür. Nein, er war nicht so, wie Cassandra ihn hinzustellen versuchte! Aber er wollte sie immer noch, das konnte er nicht leugnen! Er musste sie haben!
Was war es nur, was ihn an dieser Frau so sehr anzog und fesselte, dass keine andere
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