Eine königliche Affäre
hervor.
„Nicht direkt? Was soll das heißen?“
„Ich … seine Mutter würde ihm gegenüber nie gewalttätig werden.“
„Hast du nicht gesagt, er sei eine Waise?“
„Nein!“, entfuhr es ihr spontan. „Ich meine … habe ich das?“
„Ja.“
Cassie lachte auf. Etwas zu laut und zu gezwungen. „Das muss ich dann wohl mit einem anderen Kind verwechselt haben. Weißt du, es gibt so viele, die …“
„Wie ist sein Name?“
„Sein … Name?“
„Ja, von dem kleinen Jungen, der das Bild gemalt hat!“ Sebastians Ton wurde immer ungeduldiger.
„Er … Sam.“
„Sam …“ Plötzlich hörte sich seine Stimme sehr weich an. „Ich freue mich darauf, ihn morgen auf der Party kennenzulernen. Ich habe jede Menge Luftballons, Kuchen, Eis und Naschkram besorgen lassen, sogar einen Zauberer engagiert und für jedes Kind ein kleines Geschenk“, zählte er stolz auf.
„Das ist sehr großzügig von dir“, erwiderte Cassie erschöpft. „Ich bin sicher, sie werden diese Party bis an ihr Lebensende nicht vergessen.“
„Ich glaube, ich werde diese Party zu einer jährlich wiederkehrenden Einrichtung machen“, überlegte Sebastian laut. „Und ich möchte so schnell wie möglich das Waisenhaus besuchen, um zu sehen, wie das tägliche Leben der Kinder aussieht.“
„Ich bin sicher, der Direktor wird begeistert sein …“, murmelte Cassie und versuchte, ihre aufsteigende Panik in den Griff zu bekommen. Plötzlich hatte sie das Gefühl, das unsichere Bollwerk von Lügen, das sie in den letzten Tagen um sich herum errichtet hatte, drohe jeden Moment einzustürzen und sie unter sich zu begraben. Allein Sebastians intensive Blicke, mit denen er sie immer wieder bedachte, vermittelten ihr den Eindruck, dass er bereits irgendetwas argwöhnte und nur auf den kleinsten Fehler von ihrer Seite lauerte, um sie zu demaskieren.
Lieber Himmel! Was sollte sie nur tun? Drohte sie etwa, langsam überzuschnappen? Manchmal beschlich sie sogar das Gefühl, die Wahrheit stände ihr in flammenden Buchstaben auf der Stirn geschrieben: Ich habe deinen Sohn geboren!
Wenn er sie doch nur nicht die ganze Zeit über so anstarren würde!
„Na, ahnst du schon, wohin ich dich zu entführen gedenke?“
Cassie schreckte zusammen, rutschte auf ihrem Sitz nach vorn und schaute aus dem Seitenfenster. Die Stadt hatten sie inzwischen hinter sich gelassen und steuerten direkt auf die Bucht von Kounimai zu, wo die königliche Familie, wie Cassie wusste, ein Feriendomizil besaß. Eine fantastische Villa mit grandiosem Blick über die Meerenge, die Aristo von der Nachbarinsel Calista trennte.
„Fahren wir nach Kionia?“
„Ja, ich dachte, etwas mehr Privatsphäre könnte uns gut tun. Deshalb hat Stefanos uns ein Picknick vorbereitet. Es ist ein schöner warmer Abend, und so können wir den Sonnenuntergang richtig genießen.“
„Hört sich wundervoll an“, murmelte Cassie schwach. „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal gepicknickt habe. Dabei fragt mich Sam …“ Sie brach ab und spürte, wie ihr Herz einen schmerzhaften Sprung machte.
Sebastian wandte ihr erstaunt den Kopf zu. „Sam? Du meinst den Jungen mit dem Bild?“
Cassie blinzelte heftig und suchte verzweifelt nach einer plausiblen Erklärung für ihren Patzer. „Ich … er ist … Angelicas Sohn.“
„Ich dachte, der heißt Nikolas?“, fragte Sebastian verwirrt. „Jedenfalls war es das, was Stefanos mir erzählt hat.“
„Nein … ja, das ist schon richtig …“, stammelte Cassie, „… aber von mir will er mit seinem Zweitnamen angeredet werden … Sam.“
„Wie meine wilde Schwester“, sagte Sebastian leichthin. „Sie will auch mit lieber Lissa angesprochen werden als mit ihrem Taufnamen Elissa.“
„Ja, genauso“, pflichtete Cassie ihm eifrig zu, dankbar über den dargereichten Strohhalm.
„Ich habe ihr übrigens erzählt, dass wir uns zufällig über den Weg gelaufen sind. Sie hat in Paris studiert und war zur Beerdigung unseres Vaters und zu Kittys Hochzeit vorübergehend zu Hause. Momentan hält sie sich in Australien auf, wo sie für einen Freund von Alex arbeitet, einen Geschäftsmann namens James Black.“
„Wie geht es ihr?“, fragte Cassie mit einem Anflug von Scham und Schuldbewusstsein, wenn sie an die Eskapaden zurückdachte, in die Sebastians rebellische Schwester und sie vor ein paar Jahren verwickelt gewesen waren. Nachträglich war es schwer zu sagen, wer damals wen angestiftet hatte, doch Cassie suchte die Schuld eher
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