Eine königliche Affäre
ihr das Wasser reichen konnte? Weder damals noch heute wäre er je auf den Gedanken gekommen, in Cassandra Kyriakis eine passende Kandidatin als Frau und Königin an seiner Seite zu sehen. Und das nicht nur wegen ihrer Vergangenheit, obwohl die eine Heirat von selbst verbot!
Aber er gehörte einfach nicht zu den lebensuntauglichen Romantikern, die an die wahre Liebe glaubten. Oder womöglich noch an die so oft zitierte zweite Seelenhälfte, nach der angeblich jedermann Ausschau hielt.
„Möchtest du vielleicht noch einen Schluck Wasser?“, fragte er seinen Gast kühl.
„Nein, danke.“ Cassie griff nach ihrer Serviette und tupfte sich den Mund ab, obwohl sie seit mindestens einer Viertelstunde keinen Bissen mehr zu sich genommen hatte. „Das Essen war wirklich köstlich und setzt einen hohen Standard fest, an dem sich alle zukünftigen Picknicks messen lassen müssen.“
Sebastian zuckte mit den Schultern. „Ich selbst habe keinen Finger dafür gerührt und könnte nicht einmal ein Canapé herstellen, auch wenn man mir dafür Unsummen bieten würde. Wie wäre es mit einem Kaffee? Er steht in der Villa bereit, da es hier draußen langsam dunkel und zu kühl wird. Du scheinst zu frieren“, stellte er fest. „Möchtest du mein Jackett haben?“
Cassie verzichtete lieber darauf, ihm zu erklären, warum sie wechselweise kalte und heiße Schauer überliefen, die für ihre Gänsehaut verantwortlich waren. Doch bevor sie sein Angebot höflich ablehnen konnte, war Sebastian auch schon auf den Füßen, lief um den Tisch herum, entledigte sich seines Leinenjacketts und legte es ihr fürsorglich um die Schultern.
Es war noch warm von seinem Körper und fühlte sich auf ihrer Haut an wie eine Liebkosung. Cassie schloss unwillkürlich die Augen und sog ganz tief den verführerisch maskulinen Duft ein.
„Komm ins Haus, Caz“, sagte Sebastian rau, legte wie selbstverständlich eine Hand unter ihren Ellenbogen und führte sie zu der prachtvollen Villa, deren weiße Fassade in der letzten Abendsonne wie rosafarbener Marmor schimmerte.
Cassie konnte nicht verhindern, sich in genau diesem magischen Moment zu fragen, wie viele andere Frauen er schon vor ihr auf diese wie selbstverständlich wirkende Art ins königliche Ferienparadies entführt hatte. Als sie vor der Haustür zögerte, wandte sich Sebastian ihr zu und lächelte.
„Du bist die erste Person, die ich hierher mitgenommen habe, Caz“, erklärte er ruhig, als habe er ihre Gedanken gelesen. „Dies ist das private Feriendomizil meiner Familie, zu dem niemand als die Familie selbst und allerengste Freunde Zutritt haben.“
Cassie war so verwirrt und angerührt von seinen Worten, dass sie sich in Sarkasmus flüchtete. „Und in welche dieser Kategorien falle ich, da ich keine enge Freundin und erst recht kein Familienmitglied bin?“
Es dauerte eine ganze Weile, bis sie eine Antwort bekam. Bis dahin hielt sie tapfer Sebastians glühendem Blick stand, der bis in ihre Seele zu dringen schien.
„Sieh es als ein Tribut an unsere gemeinsame Vergangenheit, Caz.“
Sie war geschlagen! Von ganzem Herzen wünschte Cassie sich, sie könne Sebastian endlich von Sam erzählen.
„Ich fühle mich zutiefst geehrt, Eure Hoheit “, murmelte sie und deutete einen spöttischen Hofknicks an. „Besonders eingedenk meines zweifelhaften Backgrounds.“
„Deiner Herkunft brauchst du dich nicht zu schämen“, erwiderte er brüsk. „Höchstens dessen, dass du deinen Vater bei jeder sich bietenden Gelegenheit in der Öffentlichkeit degradiert hast!“
Cassie stand da wie erstarrt. Vierundzwanzig Jahre stumm ertragenes und verdrängtes Leid drohten sich Bahn zu brechen. Die Explosion war so gut wie unausweichlich, doch mit letzter Kraft erinnerte Cassie sich selbst daran, dass niemand ihren Vater je erlebt hatte, wie sie ihn kannte.
Niemand hatte die vernichtenden Worte hören müssen, die er ihr in seinen Wutausbrüchen voller Jähzorn entgegenschleuderte. Keiner wusste von den Striemen und Wunden, die seine brutalen Hände und wahllos gegriffenen Gegenstände verursacht hatten, die sich zufällig in seiner Reichweite befanden.
Und Sebastian kannte auch nicht die hässlichen Narben unten auf ihrem Rücken, die ihr Vater ihr an jenem Tag zufügte …
Grausame Zeichen, mit denen ihr Vater sie gebrandmarkt hatte, um seine absolute Kontrolle über seine widerspenstige Tochter zu manifestieren. Eine Kontrolle, die sie ihm nicht freiwillig eingeräumt, sondern gegen die sie
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