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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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über das Kieselmosaik auf dem Boden und zeichneten
dort ein scharf umrissenes Schattenbild. Sie fielen auch auf den Webstuhl und
das Gewebe darauf und brachten dessen Farben zum Glühen. Olympias drehte sich
um, als sie hörte, wie Pyrrha ihn einließ. Hastig stellte sie den Korb mit den
farbigen Wollknäueln ab, lief auf ihn zu und schloss ihn in die Arme.
    „Gut, dass du da bist!“, flüsterte sie atemlos in sein Ohr.
    Kleopatra saß im Hintergrund, wie immer mit einer ungeliebten
Handarbeit beschäftigt. Olympias machte eine flüchtige Handbewegung, ohne sie
anzusehen. „Geh in dein Zimmer.“
    Kleopatra stand auf und packte ihre Sachen in den Korb. Sie
sagte kein Wort. Als sie an ihnen vorüberging, bemerkte er, dass ihre Augen
gerötet waren.
    Olympias löste sich aus der Umarmung, hielt ihn auf Armeslänge
von sich weg und musterte ihn aufmerksam. Sie hatten sich ein halbes Jahr nicht
gesehen. Sie kam ihm älter vor, als er sie in Erinnerung hatte. Ihre Züge waren
hart und angespannt, die Lippen farblos und schmal und zu einer Linie mit nach
unten gezogenen Winkeln zusammengepresst. Die Haut spannte sich scharf über den
Wangenknochen, und unter den Augen lagen bläuliche Schatten.
    „Mach dir nicht so viele Sorgen“, versuchte er sie zu beruhigen.
„Du weißt doch, wie er ist. Diese Frau ist nur eine von vielen. Sie hat keine Bedeutung.
Bald wird sie vergessen sein.“
    „Nicht wenn sie einen Sohn bekommt.“ Ihre Stimme klang rau.
    „Und wenn schon! Er wäre nur ein Säugling, ich dagegen bin
fast ein Mann.“
    „Er ist schneller erwachsen, als du denkst, und dann wird er
zu einer Bedrohung für dich werden. Denk an die Halbbrüder deines Vaters,
Gygaias Söhne!“
    Daran brauchte sie ihn nicht zu erinnern. Trotz der Beklemmung,
die in ihm aufstieg, versuchte er weiter, sie zu beschwichtigen. „Diese Frau –
wie heißt sie? Meda? – ist nur eine Getin, eine Barbarin aus dem Norden, und
ihr Sohn wäre ein halber Barbar. Er hätte keine mächtigen Verwandten in
Makedonien, die ihm den Thron zuspielen wollen.“
    Sie ließ ihn los und lachte gequält. „Gygaia war von
königlicher Herkunft, eine Tochter des Königs Archelaos. Und sie war die erste
Gemahlin deines Großvaters.“
    Wieder etwas, was Eurydika ihm nicht gesagt hatte. Aber es
ergab Sinn, Gygaias ältester Sohn hatte Archelaos geheißen, offenbar nach
seinem Großvater. Olympias hatte begonnen, hin und her zu gehen, die Hände zu
Fäusten geballt, die Augen zu Boden gerichtet. Sein Blick fiel auf das Tuch
hinter ihr, das halbfertig auf dem Webstuhl hing, ein kompliziertes Gewebe in
verschiedenen Blau- und Grüntönen, durchbrochen von einem dunklen Rot.
    „Eurydika dagegen war eine Hinterwäldlerin aus Lynkestis und
noch dazu zur Hälfte Illyrerin“, fuhr Olympias fort. „Dennoch hat sie es
geschafft, ihren Söhnen die Thronfolge zuzuschanzen. In den Augen vieler
Makedonen bist auch du ein halber Ausländer, vergiss das nicht! Wie oft hat man
mir vorgehalten, ich sei eine Fremde aus Epeiros!“
    Sie blieb vor ihm stehen, doch ihre Augen starrten an ihm
vorbei ins Leere. „Wenn Medas Sohn jemals König werden sollte, wird er dich aus
dem Weg räumen lassen, so wie Philipp seine Halbbrüder beseitigt hat. Aber das
werde ich nicht zulassen.“ Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, eine Geste,
die beschützend wirken sollte, doch in ihrer Stimme lauerte ein bedrohlicher
Unterton. „Ich werde nicht zulassen, dass mein Sohn um sein Erbe betrogen wird!
Ich werde alles für dich tun, was in meiner Macht steht!“ Ein unheimliches
Lächeln verbreitete sich über ihr Gesicht. „Und in meiner Macht steht vieles!“
    Blau und Grün wie das Meer, rot wie Blut. Ein Schauder lief
ihm am Rückgrat hinunter. Er erinnerte sich an die Nacht vor vielen Jahren, als
er noch ein Kind gewesen war, an den Mondschein, der schräg auf den Kieselboden
gefallen war wie jetzt das Licht der untergehenden Sonne. An das flackernde
Feuer, das unheimliche Heulen wie von Hunden oder Wölfen. Aristoteles’
Unterricht hatte ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit solcher Rituale in ihm
aufkommen lassen, doch er wurde das Gefühl tiefer Beunruhigung nicht los.
Vielleicht hatte Olympias zu handfesteren Mitteln gegriffen. Zu Mitteln, die
gewirkt hatten.
    Er packte sie an den Schultern und sagte entschlossen: „Ich
will nicht, dass du dieser Frau etwas zuleide tust.“
    „Ich werde tun, was nötig ist.“
    „Nein!“
    Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. „Du

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