Eine Krone für Alexander (German Edition)
das hölzerne Geländer. „Provoziere
mich nicht! Ich weiß, dass deine Mutter dich gegen mich aufgebracht hat. Sie
hasst mich und tut alles, um einen Keil zwischen uns zu treiben. Jedes Mal,
wenn sie pfeift, kommst du aus Mieza gerannt und lässt dich von ihr aufhetzen.
Wenn du wirklich eines Tages König werden willst, musst du zuerst erwachsen
werden. Ein Muttersöhnchen, das sich von seiner Mutter herumkommandieren lässt,
werden die Makedonen niemals als König akzeptieren.“
Mühsam unterdrückte Alexander seine Wut, doch er hielt den
Mund, denn er hatte das unangenehme Gefühl, dass sein Vater zur Abwechslung
einmal recht hatte. Immerhin hatte Aristoteles etwas sehr Ähnliches geäußert,
bevor er das letzte Mal nach Pella geritten war.
Philipp hatte seine Aufmerksamkeit, zumindest vordergründig,
wieder dem Geschehen auf dem Spielfeld zugewandt. „Eigentlich wollte ich mit
dir über die politische Lage reden, die gerade jetzt wieder spannend zu werden
verspricht. Aber vielleicht sollte ich mich besser an Amyntas halten. Er ist
wenigstens erwachsen.“
„Ist Amyntas auch als belebende Konkurrenz für mich gedacht?“
„Ich verstehe nicht, was du meinst. Er ist der Sohn meines
Bruders, ein Mitglied meiner Familie, und ich trage Verantwortung für ihn.“
„Und deshalb verheiratest du ihn mit deiner ältesten Tochter?“
Philipp wandte sich wieder zu Alexander. Sein Gesicht und
seine Stimme waren ernst, und Alexander hatte das Gefühl, dass sie nun endlich
zur Sache kamen. Zu der Sache, um derentwillen sein Vater eigentlich in Mieza
aufgetaucht war.
„Betrachten wir die Angelegenheit einmal praktisch.“ Philipp
zog sich die Kausia vom Kopf und legte sie auf die Absperrung. „Du kommst nun
ins kriegsfähige Alter. Was ist, wenn dir etwas zustößt? Das Leben eines
Soldaten hängt immer am seidenen Faden. Ein dummer Zufall, und du bist tot.
Arrhidaios ist nicht gerade eine Stütze der Dynastie, und so viele Verwandte,
die die Lücke füllen könnten, haben wir nicht mehr. Was wird dann aus
Makedonien? Aus dem, was ich aufgebaut habe? Glaubst du, ich sehe ruhig zu, wie
nach meinem Tod alles wieder zusammenbricht?“
In seiner Gereiztheit war Alexander nahe daran, über die Unlogik
dieses Gedankens in Gelächter auszubrechen. Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen.
„Was grinst du so? Na schön, der letzte Satz war Unsinn.
Wenn ich erst tot bin, bekomme ich vermutlich nicht mehr viel mit. Wenigstens
hat dieser sauteure Philosoph dir logisches Denken beigebracht.“ Philipp
grinste nun ebenfalls, und die Atmosphäre entspannte sich leicht. Dann wurde er
wieder ernst. „Aber dann weißt du auch, dass ich recht habe. Amyntas ist unser
einziger naher noch lebender Verwandter. Ich brauche ihn als Reserve, nur für
den Fall, dass dir etwas zustößt.“
Alexander schwieg und dachte über das Gesagte nach. „Ich
verstehe, was du meinst. Das Problem ist nur, dass Amyntas die Sache womöglich
anders sieht. Zumindest früher hat er sich als rechtmäßigen König betrachtet.
Wahrscheinlich hofft er heimlich immer noch, dass er irgendwann wieder in seine
alten Rechte eingesetzt wird. Andere denken vielleicht auch so, und die Ehe mit
einer Tochter des Königs wird sie und ihn selbst darin bestärken.“
Philipp zuckte die Achseln. „Wenn Amyntas so denkt, dann
sagt er es jedenfalls nicht. Damals, als ihr diesen Streit hattet, war er noch
ein Kind. Seither hat er sich ruhig verhalten. Er weiß, dass er nur so lange
sicher ist, wie er sich nicht aus dem Fenster lehnt.“ Er warf Alexander einen
abschätzigen Blick zu. „Wenn Amyntas schlau ist, legt er sich nicht mit dir an.
Und wenn nicht, dann hat mit Sicherheit Kynnana den nötigen Grips.“
Auf dem Platz neigte sich die Partie allmählich dem Ende
entgegen. Die unterlegene Mannschaft stürzte sich mit dem Mut der Verzweiflung
ins Getümmel und kämpfte verbissen um den Ball, immer in der Hoffnung, dem
Spiel im letzten Moment noch die entscheidende Wendung geben zu können.
Ohne die Reiter aus dem Auge zu lassen, sagte Philipp:
„Kynnana war schon immer ein kluges Mädchen. Und irgendwen muss Amyntas ja heiraten.
Ihre Mutter ist Illyrerin, sie hat also keine einflussreichen Verwandten in Makedonien.
Wäre es dir lieber, Amyntas würde ein Mädchen aus einem angesehenen makedonischen
Adelshaus heiraten? Mit hundert machtgierigen Verwandten, die ihn nur zu gern
auf den Thron bugsieren wollen? Ganz bestimmt nicht. Glaub mir, so ist es
Weitere Kostenlose Bücher