Eine Krone für Alexander (German Edition)
auf der Innenseite stellt Achilleus im Kampf gegen die Amazonenkönigin
dar. Auf der Unterseite sind weitere Szenen aus dem Leben des Heros abgebildet.
Ich habe gehört, du bist ein großer Verehrer von ihm.“
„Er war schon mein Lieblingsheld, als ich noch ein Kind
war.“ Alexander musterte das rotfigurige Innenbild der Schale, einen nackten
Achilleus mit Helm, Schild und Speer, der sich über die zusammenbrechende
Amazone beugte. Ihr kurzer, faltenreicher Chiton war von der Schulter gerutscht
und gab auf dekorative Weise ihren Busen frei. Um die Bilder auf dem Außenrand
betrachten zu können, musste man die Schale umdrehen. „Ich werde etwas
schneller trinken, damit ich auch in den Genuss der restlichen Bilder komme.“
„Die attische Vasenmalerei ist weltberühmt …“, setzte
Demetrios an, doch Antipatros würgte seinen Exkurs konsequent ab. „Ehe wir uns
aus Gründen des Kunstgenusses mit diesem übrigens vorzüglichen Wein einen
Schwips holen, sollten wir erst das weitere Vorgehen besprechen.“
Sofort wurde Demetrios geschäftsmäßig. „Natürlich. Der Rat
hat drei Bevollmächtigte ernannt, die mit euch in Vorverhandlungen treten sollen.
Das Ergebnis wird dann erst dem Rat und dann der Volksversammlung vorgelegt.
Die Bevollmächtigten sind Aischines, Phokion und Demades.“
Alkimachos runzelte die Stirn. „Aischines ist seit Jahren
unser wichtigster Parteigänger in Athen. Auch Phokion ist aus unserer Sicht
sicherlich keine ungünstige Wahl.“ Als Feldherr von solider Reputation hatte
Phokion dem König mehr als einmal Probleme bereitet, in letzter Zeit war er
jedoch aus Gründen der Vernunft für eine Verständigung mit ihm eingetreten.
Darüber hinaus galt er als integer und unbestechlich. „Aber Demades? Er ist
einer von Demosthenes’ schlimmsten Kettenhunden.“
„Jetzt nicht mehr“, meinte Demetrios. „Seit er aus
Chaironeia zurück ist, erzählt er allen, was für ein reizender Mensch Philipp
ist. Vielleicht ein wenig lebenslustig, aber immer offen für konstruktive Kritik.“
Alkimachos lachte. „Er ist einfach nur froh, noch am Leben
zu sein.“
Alexander erinnerte an Demades’ couragierten Auftritt am
Abend nach der Schlacht und fügte hinzu: „Was immer man sonst von ihm halten
mag, er muss auf jeden Fall ein mutiger Mann sein, wenn er sich traut, in einer
solchen Situation aufzustehen und den Mund aufzumachen. Wann fangen die Verhandlungen
an?“
„Übermorgen. Morgen kommt erst noch das offizielle Programm,
feierliche Opfer auf den Altären der Staatsgötter und so weiter. Eine
eindrucksvolle Zeremonie übrigens, draußen am Dipylon. Sehr ergreifend!“
Alexander strahlte, und Antipatros bemerkte: „Wir hoffen,
dass die Übergabe der Urnen und die Freilassung der Kriegsgefangenen die Stimmung
in der Bürgerschaft in unserem Sinne beeinflussen werden.“
„Das werden sie, besonders die Freilassung der Gefangenen.
Rührend, wie sich die Leute über die Heimkehr ihrer Angehörigen gefreut haben.
Das wird seine Wirkung nicht verfehlen.“
Alexander erkundigte sich: „Wer war eigentlich der Kerl, der
bei der Urnenübergabe so böse geguckt hat?“
„Das war Lykurgos, einer von Demosthenes’ fanatischsten
Anhängern. Stammt aus einer altehrwürdigen Priesterfamilie und ist von daher
überzeugt, die Frömmigkeit gepachtet zu haben. Stockkonservativ und natürlich
stramm antimakedonisch.“
Zwischen den dorischen Säulen des monumentalen Torbaus
warteten bereits die Priester und Priesterinnen sämtlicher Gottheiten, die auf
der Akropolis ihre Heiligtümer hatten. Unter ihnen befand sich auch Lykurgos,
der immer noch grimmig blickende Anhänger von Demosthenes.
Als die Besucher die monumentale Toranlage hinter sich
gelassen hatten, schienen sie in eine völlig andere, eine heilige Welt
einzutreten. Alexander fühlte, dass hier oben, weit über der Stadt, in der
klaren Luft und ehrfürchtigen Stille, tatsächlich die Götter wohnten. Vor ihnen
ragte die gewaltige Bronzestatue der Athene Promachos in den Himmel. Die
Schutzgöttin der Stadt trug einen Helm, ein langes, faltenreiches Gewand und in
der Hand den Speer, dessen vergoldete Spitze ihnen bei der Ankunft entgegengeblinkt
hatte. Als Alexander auf dem Altar einen Stier opfern wollte, und zwar
persönlich, wie im makedonischen Königshaus üblich, gab es den ersten Eklat.
„Undenkbar, dass Fremde das Opferritual auf dem Altar
unserer Staatsgöttin vollziehen“, schnarrte Lykurgos. „Dies ist allein Aufgabe
der
Weitere Kostenlose Bücher