Eine Krone für Alexander (German Edition)
und
Alexander goss den Wein darüber.
Nachdem sie gemeinsam gebetet hatten, sagte Alexander
ehrfürchtig: „Hier haben die Paare der Heiligen Schar ihren Eid geleistet!“
Hephaistion blickte auf. „Das ist nun Vergangenheit.“ Die
meisten Krieger der Heiligen Schar waren bei Chaironeia gefallen und lagen in ihrem
Grab auf dem Schlachtfeld.
„Ja, es wird nie wieder eine Heilige Schar geben.“ Plötzlich
wurde Alexander verlegen. Er nahm Hephaistions Hand. „Aber was ist mit uns
beiden? Wollen wir hier einen Eid ablegen … einen Eid, der uns für unser Leben
aneinanderbindet? Wollen wir einander Treue schwören bis in den Tod, wie die
Krieger der Heiligen Schar?“
Hephaistion wich seinem Blick aus. „Das ist nicht nötig. Wir
wissen auch so, dass wir zusammengehören.“
„Wie du meinst.“ Alexander ließ Hephaistions Hand wieder
los.
„Es ist nicht so, wie du denkst“, sagte Hephaistion hastig.
„Sondern?“
„Ich sollst dich mir nicht verpflichtet fühlen, das ist
alles.“
„Aber ich bin dir verpflichtet!
Ich möchte mein Leben mit dir teilen. Und du? Möchtest du das nicht auch?“
„Doch.“
„Warum willst du dann keinen Eid ablegen? Wir sind eine
Seele in zwei Körpern – hast du das vergessen?“
„Nein“, sagte Hephaistion. „Aber gerade, weil das so ist,
brauchen wir nicht zu schwören.“
„Wie du meinst.“
Hephaistion nahm vorsichtig seinen Arm. „Bist du jetzt böse
auf mich?“
„Dir könnte ich nie böse sein“, sagte Alexander und lächelte
tapfer.
Demetrios schickte regelmäßig Nachrichten aus Athen. Als die
Kapitulation der Thebaner bekannt wurde, brach dort sofort eine Panik aus.
Flüchtlinge strömten mit Sack und Pack in die Stadt, die Bevölkerung bereitete
sich auf eine Belagerung vor. Den Verbannten versprach man Amnestie, den ansässigen
Fremden das Bürgerrecht und den Sklaven die Freiheit, sofern sie bereit waren,
die Stadtmauern mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Dann traf Demades
ein. Zur grenzenlosen Verwunderung der Bürger – und zu ihrer ebenso großen
Erleichterung – überbrachte er das Angebot des Königs, über einen
Friedensvertrag zu verhandeln.
Die Einzelheiten besprach Philipp mit Alexander, Antipatros
und einem erfahrenen Diplomaten namens Alkimachos. Die beiden Letzteren waren
inzwischen aus Pella eingetroffen.
„Ich verstehe nicht, warum wir die Athener so leicht
davonkommen lassen“, sagte Alexander verständnislos. „Sie waren es doch, die
den Friedensvertrag über Jahre hinweg mit Füßen getreten haben, die ihn
gebrochen und den Rest von Griechenland gegen uns aufgehetzt haben! Warum
nutzen wir unseren Sieg nicht? Bei den Thebanern warst du längst nicht so zimperlich.“
Philipp wedelte abwehrend mit der Hand. „An den Thebanern
habe ich ein Exempel statuiert – sie haben ihr Bündnis mit mir gebrochen und
sind mir in den Rücken gefallen. Bei den Athenern ist die Lage anders. Ich will
den Griechen zeigen, dass ich meinen Sieg nicht ausnutze, um ihnen meinen
Willen aufzuzwingen wie ein Despot, sondern um Recht und Ordnung wiederherzustellen.
Und was vielleicht noch wichtiger ist: Für den Asienfeldzug werden wir auf die
Flotte der Athener angewiesen sein. Deshalb der Vertrag. In drei Tagen reitet
ihr los. Die Asche der Gefallenen und die Kriegsgefangenen nehmt ihr mit.“
„Du kommst nicht selbst mit nach Athen?“, fragte Alexander
überrascht.
„Nein. Die Athener sind heilfroh, so leicht davonzukommen,
aber wenn ich mit meinem einen Auge und meinem lahmen Bein bei ihnen auftauche,
erschrecken sie sich womöglich.“
Alkimachos kicherte amüsiert. „Stattdessen schickst du ihnen
deinen Sohn. Deinen jungen, hübschen, goldhaarigen Sohn.“
Antipatros griff den Scherz sofort auf und blinzelte
Alexander zu. „Die Athener werden hingerissen sein, wenn du mit einem Kranz auf
dem Kopf in ihre Stadt reitest und mit dem Friedenszweig wedelst.“
Alexander sagte pikiert: „Das klingt, als sei ich eine
Hetäre oder ein Lustknabe.“
„Na und? Die Athener stehen auf beides. Aber du bist ja außerdem
auch noch der Löwe von Chaironeia, der Bezwinger der Heiligen Schar.“
Wie so oft bei Antipatros hatte Alexander das Gefühl, auf
den Arm genommen zu werden. „Auf jeden Fall werden sie hingerissen sein von den
Asche-Urnen und den tausend Kriegsgefangenen, die ich mitbringe“, erwiderte er
betont trocken und in der Hoffnung, das Thema sei damit erledigt.
Philipp, der sich köstlich auf Alexanders Kosten
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