Eine Krone für Alexander (German Edition)
hingerichtet
und den Rest der Bevölkerung in die Sklaverei verkauft.“
Alexander ergriff wieder das Wort. „Mein Vater, König
Philipp, betrachtet es als seine ehrenvollste Aufgabe, das friedliche
Zusammenleben aller Griechen zu gewährleisten. Dazu gehört auch, geschehenes
Unrecht wiedergutzumachen.“
Phokion sagte: „Chares’ Vorgehen auf der Chersonesos war
gewiss nicht human und im Übrigen unvereinbar mit den freiheitlichen Prinzipien
unserer Stadt. Auch in Athen hat seine Vorgehensweise damals große Empörung
erregt.“
„Die thrakische Chersonesos ist aus strategischen Gründen
für König Philipp unverzichtbar“, schaltete sich wieder Antipatros ein. „Dafür
sind wir bereit, die athenischen Kolonien auf Lemnos, Skyros und Imbros anzuerkennen.“
Alkimachos schränkte ein: „Allerdings nicht die auf Samos.“
„Samos ist mit Athen verbündet, seit wir die Insel von der
Perserherrschaft befreit haben“, sagte Demades prompt.
„Befreit ist gut“, höhnte Alkimachos. „Ihr habt die Perser
nicht vertrieben, um die armen, unterdrückten Samier zu befreien, sondern um
eure Kolonisten auf ihrem Land anzusiedeln.“
„Auch auf Samos ist großes Unrecht geschehen“, gab Phokion
zu. „Aber das war vor siebenundzwanzig Jahren. Inzwischen ist die Insel für die
Kolonisten längst zur Heimat geworden. Sie zu vertreiben, hieße, sie zu
Flüchtlingen zu machen. Man kann altes Unrecht nicht durch neues wiedergutmachen.“
Eine längere Pause trat ein. Schließlich fragte Aischines:
„Klären wir erst einmal die Lage. Welche Forderungen stellt Philipp sonst
noch?“
Antipatros antwortete: „Der Attische Seebund muss aufgelöst
werden.“
Sofort wurde Demades wieder ungehalten. „Diese Forderung ist
ein Angriff auf unsere Souveränität! Sollen wir jetzt nicht einmal mehr das
Recht haben, Bündnisse nach eigenen Vorstellungen einzugehen? Gilt Philipps
Friedensangebot nur, solange wir nach seiner Pfeife tanzen?“
Alexander erklärte: „Mein Vater, König Philipp, garantiert
allen Griechen Freiheit und Autonomie. Er hat nicht vor, sich in ihre inneren
Angelegenheiten einzumischen. Er bestreitet auch nicht ihr Recht, ihre Außenpolitik
nach eigenen Vorstellungen zu gestalten – sofern sie damit nicht die Rechte
anderer Griechen verletzen.“
„Was ist damit nun wieder gemeint?“, wollte Aischines wissen.
„Damit ist gemeint, dass nicht alle Mitglieder eures
Seebundes ihm auf freiwilliger Basis angehören, weshalb mein Vater seine
Auflösung für angebracht hält. Wenn einzelne Mitglieder anschließend ein neues
Bündnis mit euch zu schließen wünschen, steht es ihnen frei, das zu tun.
Sollten andere es jedoch vorziehen, darauf zu verzichten, muss ihnen das ebenso
freistehen.“
„Verzeihung“, sagte Aischines, „aber worüber reden wir eigentlich?
Es ist sicher richtig, dass Athen in den Zeiten des alten Seebundes seine Verbündeten
nicht immer mit dem gebührenden Respekt behandelt hat …“
„Ihr habt eure Verbündeten schlechter behandelt als die Perser
ihre Untertanen!“, ereiferte sich Alkimachos. „Wurde der Seebund nicht
gegründet, um die Freiheit seiner Mitglieder gegen die persische Bedrohung zu
verteidigen? Ihr aber habt ihn eine Despotie verwandelt, nicht besser als die
der Perser! Ihr habt eure angeblichen Verbündeten unterdrückt und ausgebeutet! Und
wenn eine Stadt oder Insel aus dem Bund austreten wollte, was nach den Statuten
ihr gutes Recht war, habt ihr sie mit Waffengewalt daran gehindert.“
„Das mag alles richtig sein“, erwiderte Aischines ruhig.
„aber Athen hat aus der Geschichte gelernt. In seiner heutigen Form ist der
Seebund auf Gleichberechtigung und Autonomie seiner Mitglieder gegründet.“
Alkimachos schrie: „Und wie war das, als Chios, Kos, Rhodos
und Byzantion austreten wollten? Drei Jahre lang habe ihr einen erbitterten
Krieg gegen sie geführt!“
Demades schrie zurück: „Das war nur, weil die Rebellen ... „
„Hört, hört!“, rief Alkimachos.
„Ich meine die Aufständischen …“
„Die Austrittswilligen“, assistierte Phokion.
„Genau, die Austrittswilligen … wie jeder weiß, sind sie von
den Persern aufgehetzt worden. Die Perser sind eine ständige Gefahr für alle
Griechen, und der Seebund …“
Alkimachos und Demades waren rot angelaufen und brüllten mit
heiseren Stimmen aufeinander ein. Alexander beschloss, dem ein Ende zu bereiten.
Mit seiner militärisch geschulten Stimme übertönte er die beiden
Weitere Kostenlose Bücher