Eine Krone für Alexander (German Edition)
wenn er fürchtet, dass du
ihm die Früchte seines Erfolges vor der Nase wegschnappen willst?“
„Ich will ihm gar nichts wegschnappen. Ich will nur zeigen,
dass ich ein würdiger Erbe bin.“
Demaratos bemerkte trocken: „Das ist ein Stoff, über den man
eine Tragödie schreiben könnte: Je mehr du dich als würdig erweisen willst und
seine Anerkennung suchst, umso bedrohlicher wirst du für ihn als Rivale.“
„Ich bin nicht sein Rivale.“
„Wirklich nicht?“ Demaratos legte den Kopf zur Seite und
musterte Alexander mit zusammengekniffenen Augen. „Dein ganzes Leben lang hast
du immer nur gehört, dass Philipp Makedonien groß gemacht hat. Dass er der größte
König ist, den das Land jemals gesehen hat. Du musst doch zerfressen sein von
Neid. Gib’s ruhig zu. Ich weiß, was du auf der Hochzeit gesagt hast.“
Alexander erwiderte nichts, und Demaratos fuhr fort: „Kann
es nicht sein, dass du auch ein wenig stolz auf ihn bist?“
Alexander starrte störrisch vor sich hin.
„Vielleicht ein kleines bisschen?“
„Na schön: Ich bin stolz auf ihn.“
Demaratos kicherte vor sich hin. „Er hat genauso dumm aus
der Wäsche geschaut wie du, als ich ihm sagte, er sei in Wirklichkeit stolz auf
dich. Ihr zwei seid euch verdammt ähnlich.“ Dann wurde er wieder ernst. „Das
Problem ist, dass deine Mutter versucht, dich gegen deinen Vater aufzuhetzen.
Sie hasst ihn. Ich weiß, wie sehr du an ihr hängst, aber lass dich von ihr
nicht in ihren Streit mit Philipp hineinziehen. Schließlich willst du ihn eines
Tages beerben.“
Genau das hatte Eurydika vor vielen Jahren auch schon gesagt,
erinnerte sich Alexander. Demaratos ließ ihn eine Zeitlang vor sich hin brüten,
ohne ihn zu stören. Schließlich blickte er auf. „Ich habe verstanden, und ich
bin dir sehr dankbar für das, was du für mich getan hast. Ich kann froh sein,
einen Freund wie dich zu haben, und mein Vater ebenfalls.“
„Schon gut.“ Demaratos sah sich um und klatschte sich auf
den Bauch, der einen Ton von sich gab wie eine Pauke. „Vom vielen Reden habe
ich Hunger bekommen. Dieser Pleurias macht den Eindruck, als ob es in seinem
Haus etwas Anständiges zu futtern gibt.“
3
Kleopatra war schon im Bett gewesen. Sie kam die Treppe heruntergelaufen
und fiel ihm um den Hals. „Ich bin froh, dass du wieder da bist. Geht es dir
gut?“
„Ja. Und dir?“
„Auch.“ Ihre Haare waren verstrubbelt, ihre Züge weich und
etwas gedunsen vom Schlaf. Trotzdem wirkte sie reifer und selbstsicherer, als
er sie in Erinnerung hatte, sie schien in der Abwesenheit ihrer Mutter
regelrecht aufgeblüht zu sein. „Möchtest du etwas Wein?“
„Gern“, sagte er, als er seine schlammbespritzte Chlamys ablegte
und sich setzte. „Ich bin eben erst in Pella eingetroffen und habe Durst. Hast
du etwas von Mutter gehört?“
Kleopatra verzog den Mund. „Wieso ich? Du bist es doch, mit
dem sie ständig in Kontakt steht.“
„Seit ich in Illyrien losgeritten bin, habe ich nichts mehr
von ihr gehört.“
„Siehst du“, erwiderte sie trocken, „und ich nichts mehr,
seit ihr aufgebrochen seid.“
Eine Dienerin kam, stellte einen Becher und eine Weinkanne
auf den Tisch und schenke ein. Er nahm den Becher und trank.
„Während du weg warst, hat sich hier einiges getan“, begann
Kleopatra. „Attalos’ Nichte ist schwanger. Ich habe eine Informantin bei ihr
eingeschleust, und sie sagt, dass es im Herbst so weit sein wird.“ Kleopatra
machte ein wichtiges Gesicht, stolz auf ihr intrigantisches Geschick. „Attalos
sorgt dafür, dass sich seine Nichte möglichst oft in der Öffentlichkeit zeigt.
Meine Informantin sagt, wenn es ein Sohn wird, wollen sie ihn Karanos nennen.“
Alexander zuckte zusammen. „Karanos! Nach dem Begründer
unseres Hauses! Attalos lässt nichts aus. Und was ist mit Vater?“
„Was soll mit ihm sein?“
„Wie sieht er die Sache?“
„Die Thronfolge? Ich weiß nicht. Er pflegt seine Angelegenheiten
nicht mit mir zu besprechen. Aber Kleopatra beansprucht bei offiziellen
Anlässen den Vortritt vor seinen anderen Frauen. Seit der Hochzeit nennt sie
sich übrigens Eurydika.“
Alexander starrte seine Schwester verblüfft an. Wollten sich
Attalos und seine Nichte damit etwa auf seine Großmutter beziehen, und wenn ja,
was bezweckten sie damit? Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen:
Eurydika war die Mutter von drei Königen gewesen; es war ihr gelungen, ihren
Söhnen die Thronfolge zu sichern, vor denen ihrer
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