Eine Krone für Alexander (German Edition)
Vater befohlen hat, wird
von mir bestraft werden! Das schwöre ich bei allen Göttern, die mir heilig
sind!“
Mit einem Ruck stieß er sein Schwert in die Scheide zurück.
Er hatte geahnt, dass Gerüchte im Umlauf waren, und die Reaktion der Menge
gerade eben hatte ihm gezeigt, wie gefährlich sie ihm werden konnten. Doch
durch sein Eingreifen hatte Amyntas ihn mit einem Schlag von jedem Verdacht
befreit, zumindest für diesen Augenblick.
„Mein Cousin Amyntas ist ein Mann voller Ehre. Nicht viele
Menschen besäßen die Stärke, einen Konkurrenten gegen ungerechtfertigte
Angriffe in Schutz zu nehmen. Amyntas hat seinen Vorteil seiner Ehre
untergeordnet. Dadurch bewies er eindrucksvoll, dass er würdig ist, König zu
sein.“ Alexander sagte einfach, wie es war, so viel war er Amyntas schuldig.
„Trotzdem will ich versuchen, euch davon zu überzeugen, dass ich für dieses
ehrenvolle Amt am besten geeignet bin. Danach mögt ihr eure Wahl treffen.“
Die Menge hörte wie gebannt zu, und Alexander spürte, dass
er die Lage wieder im Griff hatte.
„Jeder von euch kennt mich. Viele haben schon Seite an Seite
mit mir gekämpft, und sie wissen, wo mein Platz zu sein pflegt: in der
vordersten Reihe, wie es bei den Makedonen von alters her die Pflicht eines
Königs ist. Ich will nicht meine Verdienste im Krieg aufzählen, denn das haben
andere schon für mich getan.“
Er machte eine kurze Pause, um den Zuhörern Gelegenheit zu
geben, sich besagte Aufzählung in allen Einzelheiten in Erinnerung zu rufen.
„Doch was immer ich bisher geleistet haben mag, eines steht
außer Zweifel: Ich verdanke es meinem Vater, König Philipp. Er lehrte mich
alles, was ich weiß und kann. Nicht nur, wie man Armeen führt, Städte erobert
und Schlachten schlägt, sondern auch, wie man Verbündete gewinnt, Feinde zu
Freunden macht und Frieden schließt. Er zeigte mir, was es bedeutet, König zu
sein. Sein Leben lang träumte er davon, die Griechen unter seiner Führung zu
vereinen und Vergeltung an den Persern zu üben. Doch er kann seinen Traum nicht
mehr selbst verwirklichen. Das Schicksal nahm ihm das Schwert aus der Hand.“
Alexander streckte den Arm aus und zeigte nach Osten.
„Jetzt, in diesem Augenblick, stehen zehntausend unserer Soldaten jenseits des
Hellesponts! Das Tor nach Asien steht offen! Eure Kameraden warten auf euch!
Lasst sie nicht umsonst warten. Mein Vater kann euch nicht mehr zu ihnen
führen, doch ich kann es an seiner Stelle tun. Ich werde euch zum Sieg führen
und den Traum meines Vaters wahr werden lassen!“
In dem beginnenden Jubel trat Antipatros neben Alexander und
schrie: „Wer außer Alexander könnte Philipps großes Werk vollenden? Wer sonst könnte
uns führen? Erhebt eure Stimmen für König Alexander, den Sohn Philipps!“
Die Entscheidung war gefallen. Tosender Beifall brach los.
Die Makedonen schrien und schlugen mit Speeren und Schwertern gegen ihre
Schilde. Alexanders Blick wanderte über die Scharen von tobenden Männern, er
hörte das Gedröhn ihrer Waffen, und er wusste, dass er ihr König war und dass
er es bleiben würde bis zum Tag seines Todes. Ihre Rufe drangen herauf zu ihm.
„König Alexander!“, und: „Es lebe König Alexander“, und: „Die Götter schützen
König Alexander!“
Antipatros reichte ihm den königlichen Siegelring. Er schob
ihn auf seinen Finger, und wieder, wie schon vor Jahren, als er es zum ersten
Mal getan hatte, fühlte er ein Prickeln bei der Berührung des Metalls. Doch
diesmal war es anders, das spürte er. Diesmal gehörte der Ring wirklich ihm.
Plötzlich stand Amyntas vor ihm. „Den Segen der Götter für
König Alexander“, sagte er ruhig und gefasst. Alexander reichte seinem Cousin
die Hand, dann trat Amyntas zur Seite und stellte sich hinter ihn, wo sein
Platz war als naher Verwandter des Königs. Alexander hob die Arme, und Stille
trat ein.
„Makedonen! Als Nachfolger meines Vaters ist es meine erste
Pflicht, den Mord an ihm zu sühnen. Ich werde die Verschwörer finden und anklagen
und euch Beweise für ihre Schuld vorlegen, damit ihr ein gerechtes Urteil über
sie sprechen könnt. Danach werde ich meinen Vater feierlich beisetzen lassen,
wie es unser Brauch ist. Um sein Andenken zu ehren, sind von heute an alle
Makedonen von Steuern und anderen Verpflichtungen befreit, mit Ausnahme des
Kriegsdienstes. Ihr werdet sehen: Nur der Name des König hat sich geändert,
nichts sonst.“
Er stieg die Stufen hinunter und schritt durch die
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