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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Menge,
gefolgt von seinen Verwandten und Gefolgsleuten. Die Menge teilte sich, als er
hindurchschritt, brandete wieder zurück, und plötzlich war er von Männern
umgeben. Die meisten kannte er nicht einmal vom Sehen. Bedeutende Würdenträger
und einfache Soldaten, Männer aus dem Hochland und aus den Städten an der
Küste, narbenbedeckte Veteranen und andere, die noch halbe Kinder waren – von
allen Seiten drängten sie an ihn heran und berührten seine Arme, seine
Schultern, manche mit Tränen in den Augen, viele mit Segenssprüchen auf den
Lippen.

15
    Im Peristyl des Palasts und in den angrenzenden Säulenhallen
wimmelte es von Menschen – von Hofleuten und Verwaltungsbeamten, die in ihren Ämtern
bestätigt zu werden hofften, den Priesterschaften der bedeutendsten Heiligtümer
und einer beachtlichen Anzahl von Künstlern, Schriftstellern und anderen kulturellen
Größen. Weiter hinten drängten sich geräuschvoll die Gesandtschaften der griechischen
Staaten, und jede einzelne davon wollte von dem neuen König empfangen werden
und ihre mehr oder weniger überzeugenden Glückwünsche anbringen. Chares kämpfte
sich zu Alexander durch und wies auf einen der großen Säle auf der Westseite.
„Ich habe alles für die Audienzen vorbereiten lassen.“
    Plötzlich veränderte sich das Stimmengesumm, wurde leiser,
gedämpfter. Die Menge teilte sich, um einer Gruppe verschleierter Frauen Platz
zu machen. Die vorderste Gestalt führte ein kleines Mädchen an der Hand. Sie
blieb vor Alexander stehen und schlug ihren Schleier zurück.
    Alexander beugte sich zu der kleinen Thessalonika hinunter.
Mit großen, tiefgrünen Augen, die ihn an ihre Mutter erinnerten, sah das
Mädchen zu ihm auf und sagte einen Spruch auf, den man es wohl hatte auswendig
lernen lassen. Er antwortete etwas Freundliches und lächelte das Kind an. Dann
richtete er sich auf. Sein Lächeln erlosch, ohne dass er es verhindern konnte.
    Attalos’ Nichte waren die Strapazen der Geburt noch deutlich
anzusehen, auch die Enttäuschung über das Geschlecht ihres Kindes und, alles
überlagernd, der Schock wegen Philipps Tod. Kleopatra sah aus, als könne sie
sich kaum auf den Beinen halten, blass und mit tiefen Schatten unter den Augen.
Doch auch Angst war in ihrem Gesicht zu lesen. „Mögen die Götter dich schützen,
König Alexander“, erklärte sie förmlich.
    „Mögen sie dich ebenfalls schützen“, erwiderte er. „Ich
hatte noch keine Gelegenheit, dir zur Geburt deiner Tochter zu gratulieren. Ich
hoffe, sie ist gesund und munter.“
    „Ich danke dir für deine Anteilnahme.“ Kleopatra gab einer
der Frauen, die hinter ihr warteten, einen Wink, und die Frau trat vor und
überreichte ihr einen in weiße Tücher gewickelten Säugling. Kleopatra nahm das
Kind und hielt es Alexander entgegen. „Deine Schwester Europa.“
    Die Kleine war rot und zerknautscht, wie anscheinend alle
Neugeborenen; Kynnanas Tochter hatte anfangs ganz ähnlich ausgesehen. Europa ignorierte
ihre turbulente Umgebung, sie hatte die Augen zusammengekniffen und schmatzte
zufrieden mit den Lippen.
    Kleopatra fuhr fort: „Sie ist gesund, wie du gehofft hast.
Aber als vaterloses Kind ist sie auf den Schutz anderer angewiesen. Du bist ihr
Bruder, ihr nächster Verwandter.“
    Alexander starrte auf den Säugling herab, den Kleopatra ihm
hartnäckig entgegenhielt. Ihre Absicht war unverkennbar: Er sollte Europa als
seine Schwester anerkennen, als vollbürtiges Mitglied des Königshauses, das Anspruch
auf seinen Schutz hatte. Er tat Kleopatra den Gefallen und nahm ihr das Bündel
ab. „Meine Schwester wird in meinem Haus immer eine sichere Heimstatt haben.“
Er sah Kleopatra in die Augen. „Und du ebenfalls, sollte das dein Wunsch sein.“
    Auf ihrem ausgezehrten Gesicht zeichnete sich die Andeutung
eines Lächelns ab. „Ich danke dir“, erwiderte sie und nahm ihm das Kind wieder
ab. „Erlaubst du, dass ich mich zurückziehe? Ich bin immer noch sehr erschöpft.“
    „Natürlich.“
    Sie verneigte sich kurz und ging.
    Alexander gab Antipatros ein Zeichen, und gemeinsam stiegen
sie die Treppe nach oben und betraten den Raum, den Philipp vor Jahren zu
seinem Arbeitszimmer umfunktioniert hatte. Eumenes wartete einsatzbereit an
seinem Schreibpult. Bei Alexanders Eintreten sprang er auf und murmelte seine
Glückwünsche, zog sich aber zurück, als er Antipatros bemerkte.
    „Das war knapp“, sagte Antipatros und meinte die Heeresversammlung.
„Arrhabaios ist ein guter Redner, aber

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