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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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auf, schwenkten ihre Speere und brüllten aus Leibeskräften. Ihre
Kameraden in ihrer Nähe, die das Manöver gespannt verfolgt hatten, taten das
Gleiche. So rückten sie vor, den Feinden entgegen, die nun ihrerseits brüllend
den Berg herunterliefen. Erleichtert atmete Alexander aus und gab Langaros ein
Zeichen. Zusammen mit ihm führte er die Hypaspisten und Agrianen gegen die
rechte Flanke des Feindes.
    Nachdem ihre Strategie so kläglich gescheitert war, hielten
die Thraker nicht mehr lange stand. Sie warfen ihre Waffen fort, rannten den
Berg hinauf und schlugen sich auf der anderen Seite des Passes in die Wälder.
Später, als wieder Ordnung eingekehrt war und Alexander das Schlachtfeld abritt,
heftete sich plötzlich ein freudestrahlender Koinos an seine Fersen.
    „Hier liegen an die tausend tote Thraker auf dem Pass, die
anderen sind leider entkommen. Möchtest du wissen, wie viele von unseren Leuten
durch die Karren umgekommen sind?“
    „Natürlich!“
    „Kein Einziger! Nur ein paar Verletzte gibt es, aber die werden
wieder.“
    Alexander grinste zufrieden, und Koinos fuhr leutselig fort:
„Weißt du, ursprünglich dachte ich, das klappt niemals! Aber du hast recht
behalten. Du bist genauso ein ausgefuchster Feldherr wie dein Vater!“ Koinos,
der offenbar bereits ein erhebliches Quantum Wein zu sich genommen hatte,
schlug ihm auf die Schulter, dass es krachte. „Du bist wirklich gut …“, sagte
er, und dann verdarb er den Eindruck seiner Rede, indem er hinzufügte: „… mein
Junge!“
    Alexander trug es mit Fassung.
    Das Heiligtum auf dem Berggipfel musste uralt sein. Die
Prozession waren die verwitterten Stufen der steil ansteigenden Tempelstraße
emporgestiegen, die am Südhang hinauf zum Gipfel führte. Die heilige Stätte
dort oben war dem Dionysos geweiht – oder dem Zagreus, wie die Thraker ihn
nannten. Die thrakischen Götter waren mächtig und geheimnisvoll. In Verbindung
mit ihren Kulten war von wüsten Orgien die Rede und sogar von blutigen
Menschenopfern.
    Der Seher Aristandros stand mit erhobenen Armen vor dem
Felsblock, der hier seit undenklichen Zeiten als Altar diente, unter freiem
Himmel, auf der höchsten Stelle des Berges. Flammen loderten darauf. Die
Priester des Heiligtums, im Halbkreis um den Altar versammelt, erzeugten mit
Rasseln und anderen Instrumenten eine fremdartige Musik, die im Verlauf der
Zeremonie eine fast hypnotische Wirkung entfaltete.
    Die Niederlage der Thraker auf dem Pass war verheerend
gewesen. Auf ihrer Flucht hatten sie ihre Habe und sogar ihre Frauen und Kinder
dem Feind überlassen. Der Aufstand war damit in sich zusammengebrochen. Die
Stammeshäuptlinge hatten Gesandte geschickt und um Frieden gebeten, der nun an
diesem heiligen Ort mit einem Opfer zu Ehren des Dionysos besiegelt werden
sollte.
    Endlich hatten Aristandros und die thrakischen Priester ihre
Beschwörung beendet. Ein Opferdiener brachte in einem Krug den Wein, der dem
Gott als Gabe dargebracht werden sollte. Alexander trat an den Altar.
    Erst im Nachhinein hatte er erfasst, was auf dem Pass
geschehen war: Der Kampf dort war seine erste echte Bewährungsprobe als
Heerführer gewesen. Das war ihm zuvor nicht bewusst gewesen, weil er trotz
seiner Jugend bereits über große militärische Erfahrung verfügte. Doch das war
etwas grundlegend anderes, erkannte er jetzt. Zuvor hatte sein Vater in letzter
Konsequenz die Verantwortung für alles getragen, er war der König gewesen.
Jetzt war Alexander der König, nun war er verantwortlich.
    Der Opferdiener reichte ihm den Krug. Er nahm ihn und goss
die tiefrote Flüssigkeit auf den Altar. Der Stein, schrundig und von Flechten
überzogen, verfärbte sich. Der Wein, das Blut der Erde, wie die Thraker
glaubten, sammelte sich in einer Mulde und floss durch eine Rinne auf die
Flamme in der Mitte des Altarsteins zu.
    Seit Alexander König war, hatte er wenig mehr getan, als die
Armee beim Exerzieren zu beaufsichtigen. Als er sie in den Süden geführt hatte,
hatte ihre bloße Präsenz genügt, um die Griechen zur Raison zu bringen. Doch
die Schlacht auf dem Pass war anders. Seither, das spürte er, betrachteten ihn
die Soldaten mit anderen Augen.
    Der Wein rann noch immer auf die Flamme zu und hatte sie
fast erreicht. Unwillkürlich trat Alexander einen Schritt zurück. Im nächsten Augenblick
fing die Flüssigkeit Feuer. Die Flamme lief durch die Rinne auf die Mulde zu.
Alexander hörte es knistern, dann schoss mit scharfem Fauchen eine

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