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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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riss seine Lanze hoch, und der Angreifer rannte
praktisch von selbst hinein. Er gab ein gurgelndes Geräusch von sich, als die
Spitze in seinen Brustkorb drang. Dann brach er zusammen. Alexander blickte auf
den Sterbenden herab. Ein älterer Mann, eigentlich zu alt für den Kriegsdienst.
Die Thebaner mussten jeden aufgeboten haben, der eine Waffe halten konnte.
Hilflos tastete der Mann nach dem Schaft, der aus seiner Brust ragte. Blut
schoss aus seinem Mund.
    „Tyrann“, gurgelte er mit kaum hörbarer Stimme. Er hatte
seinen Gegner erkannt. Dann wurde sein Blick starr, die Hand fiel kraftlos
herab.
    Alexander sah sich um. Einige der Toten auf der Straße waren
einfach gekleidet. Vielleicht Sklaven, denen die Freiheit geschenkt worden war
– sie hatten sie nicht lange genießen können. Alexander ritt weiter. Er löste
sich aus dem dunklen Gewirr der Gassen, ritt hervor auf einen weiten, lichtüberfluteten
Platz, auf dem Kampf und Vernichtung tobten. Schreie und Waffengeklirr
erfüllten die Luft, Tote bedeckten die Erde, Sterbende sanken zu Boden, es
stank nach Blut. Die Kämpfenden sahen auf, als er vorüberritt, trennten sich
vom Feind. Er hörte, wie sein Name gerufen wurde. Die Männer, Freund wie Feind,
ließen die Waffen sinken und wichen zur Seite, machten ihm Platz, während er
langsam bis zur Mitte des Platzes vorrückte. Nach und nach erstarb das
Kampfgetümmel, und es wurde still.
    Er zog die Zügel an und blinzelte ins Sonnenlicht, hinüber
zu dem verwitterten Grabhügel in der Nordwestecke des Platzes. Das Grab der Zwillinge
Amphion und Zethos, der Söhne des Zeus. Hier, bei ihren mythischen Helden,
hatten sich die letzten Verteidiger der Stadt zum Kampf gestellt, hier
leisteten sie verzweifelt Widerstand.
    Bukephalos, der die Anspannung spürte, scharrte nervös mit
dem Vorderhuf über das Pflaster und senkte den Kopf. Langsam streckte Alexander
die Hand aus und klopfte ihm beruhigend auf den Hals. Das Klirren des Zaumzeugs
war das einzige Geräusch, das zu hören war. Inmitten der lastenden Stille, die
ihn umgab, begegnete Alexander den Blicken der Thebaner, sah in blutverschmierte
Gesichter und weit aufgerissenen Augen, las die Verzweiflung darin, das
Entsetzen und auch den Hass.
    Eine der blutbespritzten Gestalten hob den halb zerschlagenen
Schild und brachte den Speer in Anschlag, schweigend, entschlossen. Andere
machten es ihr nach, bildeten eine letzte, dem Untergang geweihte Kampflinie.
    Alexander hob die Hand. Schlagartig setzte das Kampfgetümmel
wieder ein, brauste wie eine Feuerwalze über den Platz und verschlang alles auf
ihm.
    Es dauerte nicht lange. Die meisten Thebaner wurden niedergemacht,
nur wenigen gelang die Flucht, bis auf dem weiten, trapezförmigen Platz kein
Feind mehr aufrecht stand. Alexander zog den Helm ab, und die kühle Luft traf
auf seine erhitzte Haut. Er sah zu dem uralten Grabhügel hinüber. Amphion und
Zethos waren es gewesen, die vor langer Zeit die Stadtmauer von Theben
errichtet hatten. Nun war sie gefallen. Es war nur folgerichtig, dass am Grab
ihrer Erbauer alles zu Ende ging.

7
    Philotas, der Festungskommandant, erstattete in seinem Hauptquartier
Bericht. Draußen in der Stadt gingen inzwischen die Kämpfe weiter, doch es
waren nur noch die Nachwehen. Die Thebaner waren besiegt, ihre Stadt war
gefallen, der Widerstand der Verteidiger fast erloschen.
    „Als die Leichen der beiden Offiziere gefunden wurden,
wusste ich sofort, was kommen würde“, erklärte Philotas. „Also überprüfte ich
die Arsenale und ließ Ausrüstung und Proviant in die Kadmeia schaffen.
Inzwischen liefen draußen Herolde durch die Straßen und riefen die Bürger in
die Volksversammlung. Und dann kamen sie auch schon und verbarrikadierten die Zugänge
zu den Toren. Doch wir waren vorbereitet. Wir hatten keine Verluste.“
    Die Tür sprang auf, und der Leibwächter Arybbas stürmte
herein. „Unsere Leute haben zwei Kerle aufgegriffen, die behaupten, sie seien
Anemoitas und Theogeiton“, meldete er. „Kleandros ist ebenfalls da. Sie wollen
dich unbedingt sprechen.“
    Die Wachen führten Kleandros und zwei weitere Männer herein.
Die beiden Thebaner trugen noch ihre Brustpanzer und Beinschienen, alle anderen
Waffen hatte man ihnen abgenommen. Alexander kannte die beiden noch aus der
Zeit nach der Schlacht von Chaironeia. Der größere, ein hagerer, grauhaariger
Mann, war Anemoitas, Theogeiton war jünger und untersetzt. Obwohl sie als
Anführer der makedonenfreundlichen Partei in

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