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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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gesehen
habe. Als man mich aus dem Haus zerrte, sah ich meine Nachbarin auf der Straße
liegen. Sie war tot. Eine Witwe, eine herzensgute Frau, die in ihrem Leben
keinem Menschen etwas Böses getan hat. Nun hatte man sie auf der Straße liegen
lassen wie ein Stück Unrat, mit hochgeschobenem Chiton, sodass alle sehen konnten,
was man ihr angetan hatte. Ihr Gesicht war vor Grauen verzerrt. Und sie war
nicht die Einzige. Die Straßen sind voll von Toten, von Frauen, Kindern, alten
Männern, alle erbarmungslos abgeschlachtet.“
    Alexander wandte sich an Ptolemaios: „Lass ihr die Ketten
abnehmen. Sie kann gehen, und ihre Kinder ebenfalls.“
    Die Menge schwieg überrascht, nur die Thraker gaben ein unzufriedenes
Gemurmel von sich.
    „Du lässt sie laufen?“ Ptolemaios starrte Alexander an, als
halte er ihn für verrückt. „Die Frau hat einen von deinen Offizieren ermordet,
auch wenn er nur ein verlauster Thraker war.“
    Das Murren der Thraker wurde lauter. Sie verstanden genug
Griechisch, um zu wissen, wann sie beleidigt wurden.
    „Sie war im Recht“, sagte Alexander zu Ptolemaios. „Der Mann
hat sie vergewaltigt, sie hat sich nur gewehrt.“
    Dann ging er durch den Eingang ins Zelt, gefolgt von seinen
Offizieren.
    Am nächsten Morgen besuchte Alexander die Lazarettzelte und
sah nach den Verwundeten. Er ging von Mann zu Mann, erkundigte sich nach ihren
Blessuren und ließ sich von allen ihre Geschichte erzählen. Nachdem er etwa die
Hälfte seines Rundgangs hinter sich gebracht hatte, hörte er schon von Weitem
Perdikkas’ durchdringendes Organ.
    „Die Gelegenheit war günstig. Die Palisade war an der Stelle
nur schwach besetzt, und als die Thebaner uns provozierten, wurden meine Leute
wütend und brannten darauf, es ihnen heimzuzahlen. Ich dachte: Jetzt oder nie!
Ich gebe also das Signal zum Angriff, wir bestürmen die Palisade, und in
kürzester Zeit haben wir die Thebaner verjagt. Dann reißen wir ein paar Pfosten
um und stürmen durch die Bresche.“
    „Dein Verhalten war unverantwortlich“, schnarrte Ptolemaios.
„Du hättest mit deinen Leuten abgeschnitten und aufgerieben werden können.“
    „Wurden wir aber nicht.“
    „Aber nur, weil Amyntas, die treue Seele, dir nach ist und
deinen Arsch gerettet hat. Ohne ihn wäret ihr erledigt gewesen. Dann musste
Alexander dir buchstäblich die halbe Armee hinterherschicken, um euch beide
rauszuhauen.“
    „Na und?“, fragte Perdikkas unverfroren. „Wir haben gewonnen,
oder?“
    „Genau“, mischte sich sein Bruder Alketas ein. „Ohne
Perdikkas würden wir wahrscheinlich noch immer vor diesen verdammten Palisaden
festsitzen. Die Belagerung hätte Monate dauern können.“
    Alexander sah das im Grunde genauso, trotzdem ärgerte ihn
Perdikkas’ Selbstgefälligkeit. „Das ändert nichts daran, dass ihr keinen Befehl
zum Angriff hattet“, sagte er und trat näher.
    Unverzüglich nahmen alle Anwesenden Haltung an. Perdikkas,
der sich eben noch lässig auf seiner Pritsche gelümmelt hatte, ließ sich mit
einem halb unterdrückten Stöhnen zurücksinken und setzte einen leidenden Gesichtsausdruck
auf. Seine Schulter war dick bandagiert.
    Alexander griff sich einen herumstehenden Hocker, setzte
sich und fixierte Perdikkas mit strengem Blick. „Ptolemaios hat völlig recht:
Dein Verhalten war unverantwortlich. Du hast die ganze Armee in Gefahr gebracht.
Ich hatte immer noch gehofft, den Konflikt auf gütliche Weise beilegen zu
können, dann hätten wir uns die gestrigen Kämpfe ersparen können. Fünfhundert
deiner Kameraden sind bei ihnen gefallen.“
    „Das tut mir leid“, murmelte Perdikkas.
    „Andererseits“, Alexander warf einen Blick zu Alketas hinüber,
„hat dein Bruder nicht ganz unrecht. Letzen Endes hat dein Vorstoß uns tatsächlich
einen schnellen Sieg beschert.“
    Sofort sah Perdikkas wieder besser aus. „Wahrscheinlich war
es der Wille der Götter“, behauptete er.
    „Mit Sicherheit war es das. Aber noch einmal werde ich eine
solche Eigenmächtigkeit nicht dulden. Haben wir uns verstanden?“
    „Selbstverständlich.“
    „Gut. Dann werden wir offiziell verbreiten, du habest Befehl
zum Angriff auf die Palisade gehabt. Ich will nicht, dass jemand denkt, in
meiner Armee geht es drunter und drüber.“ Alexander wandte sich an den Arzt
Philippos, der mit verschränkten Armen an einem der Pfosten lehnte und die
Szene mit Interesse verfolgte. „Wie geht es ihm?“
    „Den Umständen entsprechend. Das Geschoss hat die

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