Eine Krone für Alexander (German Edition)
Öffentlichkeit werde ich nie wieder ein
Wort mit dieser Frau wechseln.“
12
Nachdem Parmenion endlich eingesehen hatte, dass Alexander
seine Tochter nicht heiraten würde, hatte er sich nach einem anderen Bräutigam
für sie umgesehen. Seine Wahl war auf Koinos gefallen, Taxiarch bei der
Phalanx. Noch ein hoher Offizier also, der demnächst zu Parmenions Clique
zählen würde. Natürlich war Alexander zur Hochzeit eingeladen. Sie war nicht
die einzige in dieser Zeit. Überall im Land versuchten Väter, ihre Töchter und
Söhne noch schnell an den Mann bzw. die Frau zu bringen, ehe die Armee nach
Asien aufbrach und die Soldaten vielleicht für Jahre nicht mehr nach Hause
kamen. Auch für Antipatros’ Tochter Phila hatte sich ein Bräutigam gefunden,
der sich von ihrer Klugheit und Tatkraft nicht abschrecken ließ. Sein Name war
Balakros. Alexander unterhielt sich mit dem jungen Mann auf Koinos’ Hochzeit.
Er hatte vor, ihn zum Königlichen Leibwächter zu befördern, damit Antipatros
nicht mehr ganz so enttäuscht war.
Es war bereits früher Morgen, als Alexander von Parmenions
Landsitz aufbrach, wo die Hochzeit seiner Tochter stattgefunden hatte. Das
Anwesen lag nicht weit von Pella. Alexander hatte sich, nur von Hephaistion
begleitet, wieder einmal davongeschlichen, ohne jemandem Bescheid zu geben. Er
wollte das seltene Gefühl des Ungestörtseins genießen und hatte die Bedenken
seines Freundes zerstreut.
„Letzte Gelegenheit!“, sagte Hephaistion scherzhaft, als sie
der Straße zwischen Wiesen und Weiden hindurch folgten. „Bist du sicher, dass
du Phila nicht selbst heiraten willst?“ Die Hochzeit von Phila und Balakros
würde die nächste sein.
„Völlig sicher“, antwortete Alexander und lachte. Die Sonne
war gerade aufgegangen. Der Morgen war noch kühl, doch das Frühjahr war
unverkennbar gekommen, an Bäumen und Sträuchern zeigte sich das erste Grün.
„Wie wäre es mit einem Wettrennen bis zu dem Wäldchen da vorn?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, stieß er Bukephalos die Fersen
in die Flanken und preschte die Straße hinunter auf die Bäume zu. Hephaistion
folgte ihm. Alexander fühlte sich nahezu euphorisch, im nächsten Monat war es
endlich so weit: Er würde nach Asien aufbrechen. Der Wind zerzauste sein Haar,
die kühle Morgenluft füllte seine Lungen, während er über Bukephalos’ Hals
gebeugt unter den tief hängenden Ästen der ersten Baumreihe hindurchsprengte.
Hinter sich hörte er einen dumpfen Aufprall, gefolgt vom panischen
Wiehern eines Pferdes. Sofort zügelte er seinen Hengst und schlug einen Bogen
zurück. Als er zwischen den Bäumen hervorbrach, sah er Hephaistions Pferd, das
sich neben der Straße auf dem Boden wälzte. Hephaistion selbst lag nicht weit
davon im Staub der Straße. Er bewegte sich nicht. Alexander sprang ab, lief zu
seinem Freund hinüber und beugte sich über ihn. Hephaistions Augen waren
geschlossen, doch er atmete und schien so weit unverletzt zu sein.
Ein Geräusch. Alexander blickte auf. Eine Gestalt löste sich
aus dem Schatten der Bäume, ein Mann in der Chlamys eines Soldaten. Mit beiden
Händen schwang er eine Lanze, während er drohend auf Alexander zukam. Keine
Lanze, eine Eisenstange, erkannte Alexander. Mit einer Waffe wie dieser konnte
man einem Pferd die Beine brechen. Sofort erfasste er, was geschehen war. Er
sprang auf und schlug Bukephalos auf die Flanke, der gehorsam davonpreschte.
„Du willst nicht mein Pferd verletzen“, sagte er ruhig zu
dem Mann. „Du willst mich.“
„Ja, ich will dich“, erwiderte Neoptolemos, Sohn des
Arrhabaios. „Heute ist der Tag der Abrechnung!“
Er schlug mit seiner Stange nach Alexanders Schulter, der
auswich und sein Schwert zog.
„Du hast meinen Vater getötet“, schrie Neoptolemos, während
er einen Satz nach vorn machte und die Stange noch einmal haarscharf an Alexanders
Kopf vorbeisausen ließ.
„Dein Vater war ein Mörder und Verräter!“
„Nein, er war unschuldig! Und selbst wenn nicht: Dein Vater
hat seinem Vater sein Königreich gestohlen und ihn aus dem Land gejagt! Philipp
hatte den Tod verdient! Und du verdienst ihn ebenso!“
Neoptolemos holte aus. Wieder wich Alexander aus, doch
diesmal reagierte er eine Winzigkeit zu langsam, und die Stange streifte seine
linke Schulter. Er biss die Zähne zusammen und ignorierte den Schmerz. Mit
seinem kurzen Schwert war er dem Angreifer allein von der Reichweite her
hoffnungslos unterlegen, und er hatte eine durchzechte Nacht hinter
Weitere Kostenlose Bücher