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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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sich die Hand vor das Gesicht, um seine Augen gegen
die tief stehende Sonne abzuschirmen. Der Rappe beobachtete ihn misstrauisch
mit gesenktem Kopf, schnaubte wieder und scharrte mit den Hufen. Alexander
bückte sich und nahm eine der am Boden schleifenden Leinen auf. Langsam kam er
näher. Das Pferd warf den Kopf hoch und wich zurück, während Alexander langsam
folgte. Er konnte ein tiefes Gefühl der Beunruhigung spüren, die Furcht des
Tieres, seine Qual und Verzweiflung.
    „Ruhig!“
    Er kam näher und kniff die Augen zusammen. Der Schatten des
Pferdes tanzte vor ihm auf dem sandigen Boden, lang und verzerrt und scharf umrissen.
Er ließ den Strick fallen und griff nach dem Zügel, dann machte er einen Schritt
zur Seite und drehte den Kopf des Tieres herum, rasch und entschlossen, aber
ohne Hast. Das Tier folgte überrascht und drehte sich der Sonne entgegen,
während sein Schatten langsam nach hinten wanderte.
    „Ganz ruhig!“
    Der Hengst schnaubte leise. Er wirkte nun nicht mehr so verstört,
eher überrascht und unsicher. Alexander fasste den Zügel kürzer und streckte
die Hand aus, ganz langsam, bis sie den Hals berührte. Vorsichtig strich er
über das seidige Fell und redete weiter auf das Tier ein, bis es ruhiger wurde.
Eine nach der anderen nahm er ihm die Schlingen vom Hals. Dann legte er die
Hand auf die Kruppe, stieß sich ab und schwang sich in einer einzigen
fließenden Bewegung auf den Rücken. Das Pferd warf überrascht den Kopf hoch und
tänzelte ein wenig zurück, doch es brach nicht aus. Alexander beugte sich über
den Hals und tätschelte ihn.
    „Siehst du, es ist gar nicht so schlimm.“
    Allmählich kam das Tier zur Ruhe, und Alexander konnte etwas
Neues spüren, etwas wie Neugier oder sogar Erwartung. Er stieß dem Hengst die
Fersen in die Weichen, er machte einen Satz und preschte los, wurde schneller
und schneller, bis sie in gestrecktem Galopp dahinjagten, der untergehenden
Sonne nach. Der Boden flog unter ihnen davon, die Umgebung versank zu beiden
Seiten, nur das Trommeln der Hufe war zu hören. Es gab nur sie beide, ihn und
das Pferd.
    Allmählich wurden sie wieder langsamer. Alexander spürte,
wie der Rausch abebbte. Vorsichtig zog er die Zügel an. Der Galopp ging in
leichten Trab über, und er dirigierte das Pferd in Serpentinen über die
Reitbahn, leicht und mühelos. Es schien seine Gedanken zu spüren, reagierte auf
jede seiner Bewegungen. Dann wurden sie wieder schneller und galoppierten
zurück, nicht rauschhaft wie beim Hinritt, sondern langsamer und kontrollierter,
jeder Schritt voll beherrschter Spannung.
    Als sie sich der Absperrung näherten, hörte Alexander ein
Tosen wie von Hunderten von Stimmen. Er nahm es zunächst nur wie aus weiter Ferne
wahr, doch es wurde lauter, nicht so sehr, weil er näher kam, sondern weil es
in sein Bewusstsein floss und es füllte. Er sprang vom Rücken des Pferdes. Eine
dunkle Gestalt fing ihn auf und presste ihn mit großer Kraft an sich.
    „Mein Junge!“, sagte eine tiefe
Stimme, und Alexander spürte, wie Philipps Bart an seinem Gesicht kratzte. Und
immer wieder: „Mein Junge!“
    Einige Tage später machte Alexander auf seiner Neuerwerbung
einen Ausflug zum Axios. Hephaistion kam mit. Als sie ihr Ziel erreichten,
stiegen sie ab und führten ihre Pferde auf die große, hölzerne Brücke, die hier
den Fluss überspannte. Jetzt im Frühjahr führte er noch viel Wasser. Genau in
der Mitte blieben sie stehen und blickten hinab in die Fluten.
    „Wann hast du es bemerkt?“, fragte Hephaistion.
    „Als ich vor ihm stand und in die Sonne blinzelte. Sein Schatten
zuckte wie wild vor mir auf dem Boden und hätte mich fast verrückt gemacht. Da
dachte ich mir: Wie muss es erst auf das Pferd wirken? Also drehte ich es
herum, damit es in die Sonne blickte und seinen Schatten nicht mehr sehen
konnte. Erstaunlich, dass es sonst keiner bemerkt hat.“
    „Ja, erstaunlich.“ Hephaistion warf einen Blick auf das
stolze schwarze Pferd. „Trotzdem ist es ein kleines Wunder, dass du es
geschafft hast. Wenn ein Pferd erst einmal schlechte Erfahrung mit Menschen
gemacht hat, dann fasst es oft sein ganzes Leben lang kein Vertrauen mehr.“
    „Er lässt sich immer noch von niemandem anrühren außer mir.
Willst du es mal versuchen?“
    Vorsichtig streckte Hephaistion seine Hand zum Hals des
Hengstes aus. Der gab ein leises Schnauben von sich, wich aber nicht zurück,
und Hephaistion ließ die Hand über den schimmernden Hals gleiten. „Wie wirst

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