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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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in aller Frühe hinunter zu den Gräbern vor der
Stadt. Unterwegs kamen sie an dem Hügel vorbei, den man für Eurydika
aufgeworfen hatte und auf dem bereits das erste Grün zu sprießen begann. Weiter
unten schlenderten sie zwischen den Gräbern hindurch, bis sie den ältesten Teil
der Nekropole erreichten.
    „Diese Gräber sind uralt“, erklärte Alexander seinem Freund.
„So alt, dass heute niemand mehr weiß, wer in ihnen bestattet ist. Aber ich bin
sicher: Dieser Hügel hier ist das Grab des Karanos. Du weißt schon – ich habe
dir davon erzählt.“
    „Ich erinnere mich.“ Hephaistion beugte sich vor und legte
seine Hand an das verwitterte Erdreich. „Du hast gesagt, du kannst seine
Gegenwart spüren.“
    Alexander goss den Krug Wein, den er mitgebracht hatte, über
dem moosbedeckten Altar aus, legte einen Opferkuchen dazu und betete kurz. Dann
setzten sie sich ins Gras. Alexanders Blick wanderte über die Kuppe des
Grabhügels Richtung Osten, wo gerade die Sonne aufging. „Sollte mein Vater
wirklich nach Asien wollen, dann kommen wir auch nach Troja. Vielleicht kann
ich dort auch Achilleus’ Präsenz spüren.“
    „Es heißt, er liegt unter einem Grabhügel wie diesem, zusammen
mit seinem Freund Patroklos. Erinnerst du dich an die Szene gestern, als
Patroklos’ Schatten aus dem Totenreich emporstieg und Achilleus im Traum erschien?“
    „Natürlich. Das steht schon so in der Ilias. Patroklos
bittet darum, dass ihre Asche in ein und derselben Urne beigesetzt werden soll.
Achilleus streckt die Arme aus, um seinen Freund zu umarmen, aber vergeblich,
denn die Schatten der Toten sind substanzlos wie Rauch. Nach seinem Tod wurde
seine Asche mit der von Patroklos vermischt, sodass sie im Tod so untrennbar
vereint sind, wie sie es auch im Leben waren.“ Alexander holte tief Atem. „Es
muss schön sein, einen Freund wie Patroklos zu haben.“
    „Einen Freund, der zu einem steht“, erwiderte Hephaistion,
ohne ihn anzusehen. „Der einem im Kampf den Rücken deckt … und nicht nur im
Kampf, sondern im ganzen Leben.“
    Vorsichtig griff Alexander nach Hephaistions Hand. „Der einem
die Treue hält, egal, was passiert. Dem man bedingungslos vertrauen kann.“

8
    Polyperchon, Sohn des Simmias aus Tymphaia, hatte die Königsjungen
ans wenig prestigeträchtige Ende der Marschkolonne verbannt, zusammen mit dem
Tross. Der Offizier, ein Onkel von Alexanders Freund Attalos, hatte den
Auftrag, Fußtruppen und fünfhundert Reiter als Verstärkung nach Thrakien zu
führen, und so hatte man ihm auch die Königsjungen aufs Auge gedrückt.
Alexanders Jahrgang sollte den Sommer über ins Heerlager kommen, um erste
militärische Erfahrungen zu sammeln. Polyperchon war von der Aussicht, ein
Rudel Frischlinge und Grünzeug (wie er sich ausdrückte) mitschleppen zu müssen,
wenig erbaut. Gleich zu Beginn stellte er klar, dass er sie nur duldete,
solange sie sich streng an die Vorschriften hielten und ihm keine Scherereien
machten.
    Der Weg nach Thrakien war lang und strapaziös. Sie marschierten
den ganzen Tag in voller Bewaffnung und fast ohne Pausen. Erst abends gab es
Zeit zum Essen, aber erst, nachdem das Lager aufgeschlagen war. Die Königsjungen
hatten ihre Zelte und sanitären Einrichtungen unter Anleitung ihres Ausbilders
Perilaos selbst aufzubauen, doch Polyperchon hatte ein Einsehen und schickte
ihnen an den beiden ersten Abenden ein paar erfahrene Soldaten, die ihnen
helfen und ein paar Tricks zeigen sollten. „Sonst sitzen wir wegen euch morgen
Mittag noch hier und sehen zu, wie ihr eure Zelte aufbaut.“
    „Das Ausheben von Latrinengräben gehört zu den vornehmsten
Tätigkeiten im Leben eines Soldaten“, spottete der narbenübersäte Veteran, der
ihnen Unterstützung gewährte, indem er Anweisungen erteilte und ihnen beim
Schaufeln zusah. „So bekommt ihr gleich den richtigen Eindruck von dem, was
euch erwartet.“
    Proteas, Langaros und ein paar andere jammerten wie üblich,
doch Harpalos juxte: „Ich weiß gar nicht, was ihr habt. Für euch
Latrinenbeauftragte muss das hier doch das Elysion sein: Jeden Abend dürft ihr
eine neue Latrine ausheben!“
    Das Essen war jedoch besser als in Mieza, oder vielleicht
kam es ihnen auch nur so vor, denn jedes Mal war es der Höhepunkt des Tages, wenn
sie abends am Feuer saßen, aßen und redeten und sich wie richtige Soldaten
fühlten. In den Nächten lagen sie dicht gedrängt in ihren Zelten und schliefen
wie Tote. Außerdem waren sie an allen möglichen Stellen

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