Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge
unbequem gewesen sein muss. Wer sich keine Federn, Wolle oder Pferdehaare leisten konnte, hatte billigere Alternativen, aber die rochen. Wolle wurde zudem oft von Motten befallen. Das einzige sichere Mittel dagegen war, die Wolle regelmäßig herauszunehmen und zu kochen, eine langwierige Prozedur. In ärmeren Häusern hängte man manchmal Kuhmist an die Bettpfosten, weil man glaubte, damit Motten abzuwehren. In heißen Klimagegenden waren Sommerinsekten, die durch die Fenster kamen, eine nicht ungefährliche Plage. Bisweilen hängte man Netze über die Betten, aber mit ungutem Gefühl, weil die Netze extrem schnell in Brand gerieten. Ein Besucher im Bundesstaat NewYork berichtete in den 1790er Jahren auch einmal, wie seine Gastgeber es gut meinten und sein Zimmer vor dem Schlafengehen ausräucherten und er sich dann durch erstickend dichten Qualm den Weg zum Bett ertasten musste. Drahtgitter gegen Insekten wurden schon früh erfunden — Jefferson hatte sie in Monticello —, aber wenig benutzt, weil sie teuer waren.
Lange, lange in der Menschheitsgeschichte war ein Bett für einen Hausbesitzer der wertvollste Gegenstand, den er sein Eigen nannte. Zu William Shakespeares Zeiten kostete ein anständiges Himmelbett fünf Pfund, die Hälfte des Jahressalärs eines Schulmeisters. Und weil Betten so kostbar waren, wurde das beste oft sogar ins Wohnzimmer gestellt, wo man es Besuchern herzeigen oder Vorübergehende es durch ein offenes Fenster sehen konnten.
Theoretisch waren solche Betten für wirklich wichtige Besucher reserviert, aber praktisch benutzte man sie kaum, ein Umstand, der den berühmten Passus in Shakespeares Testament besser verständlich macht, in dem er sein zweitbestes Bett seiner Frau Anne hinterließ. Das hat man oft als Beleidigung aufgefasst, aber das zweitbeste Bett war ganz gewiss das Ehebett und deshalb das mit den zärtlichsten Assoziationen. Warum Shakespeare das Bett eigens erwähnte, ist allerdings rätselhaft, denn im normalen Verlauf der Dinge hätte Anne ohnehin alle Betten im Haus geerbt. Eine Brüskierung, wie manche Interpreten meinen, war es aber nicht.
Früher verstand man unter Privatsphäre etwas ganz anderes als heute. In Gasthäusern war es bis ins neunzehnte Jahrhundert vollkommen üblich, dass Fremde in einem Bett schliefen, und in Tagebüchern lesen wir ja auch immer wieder, dass der Schreiber enttäuscht klagt, dass noch ein spät eintreffender Fremder zu ihm ins Bett geklettert ist. Benjamin Franklin und John Adams mussten 1776 in einem Gasthof in New Brunswick, New Jersey, in einem Bett schlafen und verbrachten eine weitgehend schlaflose Nacht, weil sie sich darüber stritten, ob das Fenster offen oder geschlossen sein sollte.
Selbst zu Hause war es vollkommen normal, dass Bedienstete am Fußende des Bettes ihrer Herrschaft schliefen, einerlei, was die Herrschaft in diesem Bett anstellte. Aus Dokumenten geht hervor, dass Haushofmeister und Kammerherr König Heinrichs V. anwesend waren, als er mit Catherine de Valois »zu Bett ging«. In Samuel Pepys'Tagebüchern lesen wir, dass im ehelichen Schlafzimmer eine Dienerin schlief und er sie als eine Art lebende Alarmanlage betrachtete. Unter solchen Umständen gewährten Bettvorhänge ein wenig Privatsphäre und waren gut gegen Zug, doch in wachsendem Maße auch ungesunde Zufluchtsstätten für Staub und krabbelndes Kleinstgetier. Außerdem waren sie bei Feuer eine große Gefahr, was man nicht unterschätzen durfte, da alles im Schlafzimmer, von dem Binsenvorleger auf dem Boden bis zum Stroh in der Zimmerdecke rasch entzündlich war. Fast alle Bücher zur Haushaltsführung warnten davor, im Bett bei Kerzenlicht zu lesen, doch viele Leute taten es trotzdem.
In einem seiner Bücher erzählt John Aubrey, der Historiker und Autor von Klatschbiografien aus dem siebzehnten Jahrhundert, eine Anekdote, wie es zur Ehe der Tochter Thomas Morus', Margaret, mit einem Mann namens William Roper kam. Eines Morgens kommt Roper zu Morus und begehrt, eine seiner Töchter zu heiraten — welche, ist ihm egal. Daraufhin nimmt Morus Roper mit ins Familienschlafzimmer, wo die Töchter in einem Ausziehbett schlafen, das unter dem elterlichen Bett hervorgerollt wird. Morus beugt sich vor, packt »die Bettdecke an der Ecke und reißt sie mit einem Ruck weg«, erzählt Aubrey mit fast lüstern glitzernden Worten. Die Mägdelein, so gut wie nackt, protestieren schlaftrunken gegen die Störung und drehen sich auf den Bauch. Sir William aber hat sie
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