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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Verbrauchsgütern verschwunden ist, wird es in der Industrie nach wie vor verarbeitet und gelangt auf andere Weise wieder in unseren Körper. Heute haben die Menschen durchschnittlich etwa 625 Mal mehr Blei im Organismus als vor fünfzig Jahren.
    im Gegensatz dazu mit Ölfarben, aber nicht mit Leimfarben arbeiten. Den Grund dafür kennt man nicht genau, aber vielleicht hat die Tatsache etwas damit zu tun, dass Fensterrahmen oft aus Blei waren — ein Material, auf das sowohl Klempner als auch Glaser spezialisiert waren.
    Leimfarbe wurde aus einer Mixtur aus Kalk,Wasser und Leim hergestellt. Sie war weicher und dünner und somit für vergipste Flächen ideal. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts strich man Wände und Decken normalerweise mit Leimfarben und das Holz mit schwereren Ölfarben. Ölfarben waren komplizierter zu mischen. Sie bestanden aus einem Grundstoff (meist Bleicarbonat oder eben Bleiweiß), einem Pigment für die Farbe, einem Bindemittel wie Leinöl, damit alles zusammenpappte, und Verdickungsmitteln wie Wachs oder Seife, was ein wenig überraschend ist, weil Ölfarben im achtzehnten Jahrhundert ohnehin schon ganz schön klebrig und schwer aufzutragen waren — »wie Teer mit einem Besen zu verstreichen«, meint David Owen, der unter anderem über Tapeten geschrieben hat. Erst als jemand entdeckte, dass man durch den Zusatz vonTerpentin, einem natürlichen Verdünnungsmittel aus dem Saft von Kiefern destilliert, die Farbe viel leichter vermalen konnte, wurde die Oberfläche glatter und auch matter, was Ende des achtzehnten Jahrhunderts in Mode kam.
    Leinöl war die magische Zutat in der Farbe, weil es sie so gut aushärten ließ — Farbe im Wesentlichen zur Farbe machte. Leinöl wird aus reifen Flachssamen gepresst, aus der Pflanze, die man zur Herstellung von Leinen braucht. Der einzige, aber dramatische Nachteil von Leinöl besteht darin, dass es zur Selbstentzündung neigt — unter den richtigen Bedingungen geht ein Topf spontan in Flammen auf —, und ganz sicher ist manch ein Brand so verursacht worden. Bei offenem Feuer muss es mit allerhöchster Vorsicht benutzt werden.
    Der einfachste Anstrich war der mit Kalkmilch oder Tünche, und man benutzte ihn normalerweise in schlichteren Bereichen wie Räumen, in denen die Dienstboten arbeiteten, sowie deren Zimmern. Tünche war eine einfache Mixtur aus ungelöschtem Kalk und Wasser (der besseren Haftbarkeit wegen manchmal noch mit Talg vermischt). Sie hielt nicht lange, hatte aber den praktischen Vorteil, dass sie desinfizierend wirkte. Sie war nicht immer weiß, sondern oft, wenn auch schwach, mit Farbstoffen versetzt.
    Die Herstellung der Farben erforderte besondere Kunstfertigkeiten, denn Maler mahlten ihre Pigmente und mischten ihre Farben selbst, und im Allgemeinen geschah das unter großer Geheimhaltung, um gegenüber der Konkurrenz die Nase vorn zu haben. Da man die Farben nur in kleinen Mengen mischen und sofort verwenden musste, bedurfte es schon großer Erfahrung und großen Könnens, jeden Tag zueinander passende Mengen anzurühren. Man musste ja auch immer mehrere Schichten auftragen, denn selbst die besten Farben hatten keine große Deckkraft. In der Regel brauchte man mindestens fünf Anstriche für eine Wand. Anstreichen war also ein aufwändiges und handwerklich ziemlich anspruchsvolles Unterfangen.
    Preisliche Unterschiede gab es vor allem bei den Pigmenten. Stumpfere Farben wie gebrochenes Weiß oder Steingrau waren für vier, fünf Pence das Pfund zu haben, aber da Blautöne und Gelbtöne zwei- bis dreimal so viel kosteten, wurden sie nur von bügerlichen und höheren Schichten benutzt. Noch teurer waren Blautöne wie Smalte aus gemahlenem Glas, das den Glitzereffekt bringt, und Azurit aus Halbedelstein. Das Teuerste war Grünspan, den man erzeugte, indem man Kupferstreifen über ein Fass mit Pferdemist und Essig hängte und das dann entstehende oxidierte Kupfer abkratzte. Es ist der gleiche Prozess, der Kupferdome und -statuen grün werden lässt, nur schneller in Gang gesetzt und kommerziell genutzt, und es ergab »das zarteste Grasgrün der Welt«, wie ein Zeitgenosse aus dem achtzehnten Jahrhundert schwärmte. Ein Grünspan-grün gestrichenes Zimmer entlockte Besuchern stets ein bewunderndes »Ah!«.
    Wenn Farben in Mode kamen, wollten die Leute sie immer so intensiv, wie es nur irgend ging. Die dezenteren Farben, die wir aus der Georgianischen Zeit in Großbritannien und der Kolonialstilperiode in den Vereinigten Staaten

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