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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Hall gab, die vollkommen in Ordnung war und von nun an Hardwick Old Hall genannt wurde. Heute ist es eine Ruine, doch zu Bess' Zeit und noch einhundertfünfzig Jahre danach war sie bewohnt.
    Normalerweise waren es die Monarchen, die große Häuser errichten ließen — und ein Haus nach dem anderen erwarben; Heinrich VIII. hatte bei seinem Tode nicht weniger als zweiundvierzig Paläste. Doch seine Tochter Elisabeth war klüger und sah, dass es viel billiger war, andere zu besuchen und ihnen die Reisekosten aufzubürden. Sie nahm in großem Stil die altehrwürdige Praxis der jährlichen königlichen Reise wieder auf. Weit gereist ist sie allerdings nie — sie verließ England kein einziges Mal und reiste auch nicht viel im Land herum —, doch als Besucherin war sie einsame Spitze. Wenn sie einmal im Jahr auf die königliche Reise ging, dauerte die acht bis zwölf Wochen, und dann besuchte sie ungefähr zwei Dutzend Adelssitze.
    Diejenigen, die die Monarchin beehrte, erwarteten den royalen Tross fast immer mit einer Mischung aus freudiger Erregung und Bangen. Einerseits boten sich einzigartige Möglichkeiten zu Beförderung und gesellschaftlichem Aufstieg, andererseits war es ein unglaublich teures Vergnügen. Der königliche Haushalt umfasste bis zu fünfzehnhundert Menschen, und viele davon etwa einhundertfünfzig bei Elisabeth I. — begleiteten die königliche Hoheit auf Reisen. Die Gastgeber mussten nicht nur für die maßlosen Ausgaben für Kost, Logis und Unterhaltung einer ganzen Bande privilegierter, verwöhnter Leute aufkommen, sondern immer auch mit erheblichen Diebstählen und Schäden an ihrem Besitz sowie einigen ungesunden Überraschungen rechnen. Nachdem um das Jahr 1660 der Hof Charles II. Oxford verlassen hatte, bemerkte einer der Zurückbleibenden, verständlicherweise entsetzt, dass die hohen Gäste »ihre Exkremente in jeder Ecke, in Kaminen, Arbeitszimmern, Kohlenkellern und Kellern« hinterlassen hatten.
    Da sich ein Besuch trotzdem sehr bezahlt machen konnte, gaben sich die meisten Gastgeber alle erdenkliche Mühe, um die Herrschaften zufriedenzustellen. Als Minimum lernten sie, aufwändige Masken- und Historienspiele zu veranstalten, doch viele legten in der Hoffnung auf einen kleinen Entzückensschrei aus königlichem Munde Seen an, auf denen man Bötchen fahren konnte, bauten Flügel an ihr Haus und modelten ganze Landschaften um. Selbstverständlich überhäuften sie die Gäste mit Geschenken. Ein glückloser Höfling namens Sir John Pukering, der Elisabeth einen mit Diamanten geschmückten Seidenfächer, mehrere nicht eingefasste Edelsteine, ein Gewand von seltener Pracht und zwei außergewöhnlich feine Cembali geschenkt hatte, musste erleben, wie sie beim ersten Dinner das Silberbesteck und einen Salzstreuer bewunderte und beides ohne ein weiteres Wort in die königliche Handtasche gleiten ließ.
    Selbst Elisabeths altgediente Minister lernten, peinlichst darauf zu achten, woran ihre Königin sich delektierte. Als sie sich über den langen Weg zu Lord Burghleys Landhaus in Lincolnshire beschwerte, kaufte er eines mehr in der Nähe, in Waltham Cross in einer Grafschaft unweit Londons, und baute es aus. Christopher Hatton, Elisabeths Lordkanzler, ließ ausdrücklich für den Besuch der Königin einen Riesenkasten namens Holdenby House errichten. Doch sie kam nie, und er starb mit achtzehntausend Pfund Schulden, einer kolossalen Summe, die heute etwa neun Millionen Pfund entspricht.
    Eine große Wahl hatten die Erbauer dieser Häuser meist nicht. James I. befahl dem loyalen, aber unbedeutenden Sir Francis Fane, Apethorpe Hall in großem Stil umzubauen, damit er, der König, und sein Lover, der Herzog von Buckingham, ein paar angemessen prachtvolle Räume hatten, durch die sie auf dem Weg ins Schlafgemach schlendern konnten.
    Wenn man eine dauerhafte kostspielige Verpflichtung gegenüber der Krone auf sich nehmen musste, war das schon eine furchtbare Zumutung. Dieses Los erwischte Bess of Hardwicks Gatten, den sechsten Lord Shrewsbury. Sechzehn Jahre lang musste er Gefängniswärter für Mary, Queen of Scots, spielen, was bedeutete, den Hof eines kleinen, unglaublich illoyalen Staates in seinem eigenen Haus zu unterhalten. Wir können uns nur vorstellen, wie ihm das Herz in die Hose rutschte, als er die achtzig Pferdekutschen — der Zug der Fahrzeuge war mehr als einen halben Kilometer lang — erblickte, die mit der schottischen Königin, fünfzig Dienern und Räten und all deren

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