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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Wäsche einmal wöchentlich mit der Eisenbahn in ihre Landhäuser, wo sie von Leuten erledigt wurde, denen sie vertrauten.
    In den Vereinigten Staaten war die Lage der Dienstboten grundsätzlich anders. Oft liest man, dass US-Amerikaner nicht annähernd so viele Bedienstete hatten wie die Europäer, doch das trifft nur bis zu einem gewissen Grade zu. Im Süden hatten die Leute jede Menge Sklaven. Thomas Jefferson hielt mehr als zweihundert, davon allein fünfundzwanzig Haussklaven. »Wenn Jefferson schrieb, er habe Olivenbäume und Granatapfelbäume gepflanzt«, bemerkt einer seiner Biografen, »sollte man sich stets vergegenwärtigen, dass nicht etwa er die Schaufel schwang, sondern seine Sklaven anwies, was sie tun sollten.«
    Sklaverei und Rasse waren anfangs nicht immer identisch. Manche Schwarzen wurden wie Weiße behandelt, die ihrem Grundherrn für das Bezahlen der Schiffspassage jahrelange Dienste schuldeten und wie alle anderen freikamen, wenn die vereinbarte Zeitspanne abgelaufen war. Ein Schwarzer in Virginia namens Anthony Johnson erwarb im siebzehnten Jahrhundert eine 250-Morgen-Tabakplantage und wurde selbst wohlhabender Sklavenbesitzer. Die Sklaverei beschränkte sich ursprünglich auch nicht auf den Süden. In New York war sie bis 1827 legal. In Pennsylvania besaß der erste Gouverneur der Kolonie, der Quäker William Penn, Sklaven. Als Benjamin Franklin 1757 nach London zog, hatte er die beiden Sklaven King und Peter im Schlepptau.
    An freien Dienstboten allerdings bestand in den Vereinigten Staaten häufig Mangel. Selbst in guten Zeiten gab es in der Hälfte der Haushalte keine, und wenn ja, sahen die sich nicht unbedingt als Diener. Die meisten weigerten sich, eine Livree zu tragen, und viele erwarteten, dass sie mit der Familie zusammen aßen — eben als (beinahe) Gleiche behandelt zu werden.
    Ein Historiker hat es so ausgedrückt: Man reformierte nicht die Diener, sondern lieber die Arbeitsabläufe im Haus, denn die US-Bürger entwickelten schon ganz früh eine heiße Liebe zu dienstbaren, arbeitssparenden Geräten. Im neunzehnten Jahrhundert machten diese aber oft ebenso viel Arbeit, wie sie sparten. 1899 errechnete man in einer Haushaltsschule, der Boston School of Housekeeping, dass der geplagte Hausbesitzer pro Tag vierundfünfzig Minuten schwere Arbeit auf seinen Kohleofen verwenden musste — Asche wegtragen, Kohle nachfüllen, ihn wichsen und polieren und so weiter —, bevor er auch nur einen Kessel Wasser kochen konnte. Als man mehr Gas gebrauchte, wurde es sogar noch schlimmer. In einem Buch mit dem Titel Der Preis der Sauberkeit errechnete man, dass ein durchschnittliches Haus mit acht Zimmern mit Gasversorgung eintausendvierhundert Stunden besonders anstrengendes Reinigen im Jahr erforderte, einschließlich zehn Stunden Fensterputzen im Monat.
    Viele neue Geräte aber taten ohnehin meist nur die Arbeit, die bis dato von Männern verrichtet worden war, zum Beispiel Holzhacken, und die Frauen hatten wenig davon. Ja, die sich wandelnde Lebensweise und verbesserte Technik hielten die Frauen meist noch mehr auf Trab, weil die Häuser größer, die Mahlzeiten komplizierter, die Wäsche umfangreicher und häufiger und die Ansprüche an Sauberkeit immer höher wurden.
    Doch etwas Unsichtbares, Wirkmächtiges sollte das für alle Menschen ändern, und um diese Geschichte zu hören, müssen wir nicht in ein anderes Zimmer gehen, sondern zu einem kleinen Kasten, der an der Wand im Flur hängt.

Sechstes Kapitel
    Der Sicherungskasten
    lm Herbst 1939, in der Hysterie und Verwirrung, wie sie mit Ausbruch eines Krieges einhergehen, erließ Großbritannien gegen die mörderischen Absichten der deutschen Luftwaffe strenge Verdunklungsvorschriften. Drei Monate lang war es im Grunde verboten, nachts Licht nach außen dringen zu lassen, sei es auch noch so schwach. Zuwiderhandelnde konnten arretiert werden, auch wenn sie sich nur in einem Türeingang eine Zigarette anzündeten oder ein Streichholz hochhielten, um ein Straßenschild lesen zu können. Ein Mann bekam eine Geldstrafe, weil er das schimmernde Heizungslicht seines Aquariums mit tropischen Fischen nicht abgedeckt hatte. In Hotels und Büros verbrachte man jeden Tag Stunden damit, spezielle Verdunklungsvorhänge anzubringen oder abzunehmen. Autofahrer mussten des Nachts in pechschwarzer Finsternis navigieren — nicht einmal Armaturenbretter durften beleuchtet sein —, sie mussten also nicht nur erraten, wo die Straße verlief, sondern auch,

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