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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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und ihn anzündeten, behauptete James Boswell, doch ich habe den leisen Verdacht, dass er hier einer Mär aufgesessen ist. Woanders in Schottland sammelte und trocknete man Mist, um damit Licht zu machen und zu heizen. Der Verlust an diesem Dünger auf den Feldern führte dazu, dass das Land magerer wurde, und beschleunigte angeblich den Niedergang der Landwirtschaft. Manche Leute hatten Glück. Der ölhaltige Schiefer am Strand der Kimmeridge Bay in Dorset brannte wie Kohle, konnte gratis gesammelt werden und gab sogar besseres Licht. Doch wer es sich leisten konnte, entschied sich für die effizienteren Öllampen, auch wenn Ö1 teuer war und Öllampen wegen des Schmutzes täglich gereinigt werden mussten. Schon im Verlauf eines Abends konnte eine Lampe vierzig Prozent ihrer Helligkeit verlieren, weil ihr Zylinder zurußte. Wenn man sie nicht sehr gut pflegte, hatte das unangenehme Folgen. Elisabeth Garrett erzählt von einer hingen Frau, die ein Fest in Neuengland besuchte, wo die Lampen rauchten. Die junge Frau berichtete: »Unsere Nasen waren pechschwarz & unsere Kleider vollkommen grau und [...] ganz verdorben.« Aus solchen Gründen blieben viele Leute bei Kerzen, selbst nachdem es Alternativen gab. Catherine Beecher und ihre Schwester Harriet Beecher Stowe gaben in ihrem Heim der amerikanischen Hausfrau, der US-amerikanischen Antwort auf Mrs. Beetons Buch der Haushaltsführung, selbst noch im Jahr 1869 Tipps zum Kerzenmachen.
    Bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts hatte sich die Qualität der Beleuchtung seit dreitausend Jahren und mehr nicht geändert. Aber 1783 erfand ein Schweizer Physiker namens Ami Argand eine Lampe, die erheblich heller leuchtete, schlicht und ergreifend deshalb, weil die Flamme mehr Sauerstoff bekam. Argand versah seine Lampen auch mit einem Griff, mit dem man die Leuchtkra f t der Flamme regulieren konnte, und angesichts dieser Neuheit verschlug es vielen Benutzern vor Dankbarkeit schier die Sprache. Thomas Jefferson begeisterte sich schon früh dafür und bemerkte voller Bewunderung, dass eine einzige Argand-Lampe so viel Helligkeit verbreite wie ein halbes Dutzend Kerzen. 1790 brachte er sogar mehrere Argand-Lampen von Paris mit nach Hause.
    Argand selbst bekam nie seinen verdienten Lohn. Als seine Patente in Frankreich nicht anerkannt wurden, ging er nach England, doch auch dort wollte man nichts davon wissen, und so brachten ihm sein Fleiß und Erfindungsreichtum so gut wie nichts.
    Das beste Licht konnte man allerdings immer noch mit Waltran ran erzeugen, und der beste Waltran war das Spermaceti oder Walrat aus dem Kopf des Pottwals. Pottwale sind geheimnisvolle, schwer zu erwischende Tiere, von denen man selbst heute kaum etwas weiß. Sie produzieren große Vorräte Walrat und lagern bis zu drei Tonnen davon in einer höhlenartigen Kammer in ihren Schädeln ein. Trotz des Namens Spermaceti ist das Walrat kein Sperma und dient auch nicht der Fortpflanzung, doch wenn es sich an der Luft von einer wässrigen Flüssigkeit zu einer milchig weißen Creme verwandelt, versteht man sofort, warum die Seeleute auf den Namen kamen. Noch nie hat jemand herausgefunden, wozu es da ist. Vielleicht unterstützt es die Abtriebskraft oder hilft, den Stickstoff im Blut des Wals zu absorbieren. Pottwale tauchen mit großem Tempo in enorme Tiefen bis mehr als eineinhalb Kilometer tief —, augenscheinlich, ohne dass es ihnen schadet, und man glaubt, dass das Walrat auf eine noch unerforschte Weise dafür sorgt, dass sie nicht die Taucherkrankheit kriegen. Eine andere Theorie besagt, dass das Walrat bei männlichen Walen als Stoßdämpfer funktioniert, wenn sie um Paarungsrechte kämpfen. Es würde auch zu erklären helfen, warum Pottwale dafür berüchtigt sind, Walfangschiffen gern mal einen oft für sie selbst tödlichen Kopfstoß zu verpassen, wenn sie wütend sind. Ob sie sich aber auch untereinander Kopfstöße verpassen, weiß man nicht.
    Nicht minder mysteriös war im Übrigen ein sehr wertvolles, dunkelgraues bis schwarzes Produkt aus dem Verdauungstrakt der Pottwale, die Ambra. Erst kürzlich hat man entdeckt, dass sie aus den Hornkiefern der Tintenfische gebildet wird, die der Pottwal nicht verdauen kann. Er scheidet die Ambra in unregelmäßigen Abständen aus, und jahrhundertelang fand man sie im Meer schwimmend oder angeschwemmt an Küsten, und niemand wusste, wo sie herkam. Sie eignete sich ganz vorzüglich als Fixiermittel für Parfüm und wurde sehr wertvoll. Leute, die es sich leisten

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