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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Arzneimitteln. Rissen führte ein paar Experimente mit Steinöl durch, sah, dass es ein hervorragendes Leuchtmaterial abgab, und sann darauf, es industriell zu fördern.
    Er gründete die Pennsylvania Rock Oil Company und kaufte Schürfrechte für Mineralien an einem trägen Fluss, dem Oil Creek, in der Nähe von Titusville im Westen Pennsylvanias. Neu war Bissells Idee, nach Öl zu bohren wie nach Wasser. Bisher hatten alle danach gegraben. Um der Sache Schwung zu verleihen, schickte er einen Mann namens Edwin Drake — der in Gesehichtsbüchern immer als »Oberst Edwin Drake« figuriert — nach Titusville, der dort zu bohren begann. Drake war weder Fachmann im Bohrgeschäft noch Oberst. Er war Eisenbahnschaffner. Aus gesundheitlichen Gründen hatte er kurz zuvor den Dienst quittieren müssen. Was ihn für Bissells Unternehmen empfahl, war, dass er einen Eisenbahnpass besaß und umsonst nach Pennsylvania fahren konnte. Zwecks Aufbesserung seines Images adressierten Bissell und seine Geschäftspartner Briefe an ihn mit »Oberst E.L. Drake«.
    Ausgestattet mit einem Packen geborgten Geldes beauftragte der »Oberst« einenTrupp Bohrarbeiter, mit der Suche nach Öl zu beginnen. Obwohl diese ihn für einen liebenswürdigen Spinner hielten, nahmen sie die Arbeit gern an und begannen nach seinen Anweisungen zu bohren. Prompt tauchten technische Probleme auf. Doch zur Überraschung aller war Drake sehr pfiffig, wenn es galt, sie zu lösen, und er hielt das Projekt am Laufen. Man bohrte mehr als eineinhalb Jahre — aber vergeblich. Im Sommer 1859 waren die finanziellen Mittel Bissells und seiner Partner erschöpft. Widerstrebend schrieben sie Drake, er möge den Betrieb einstellen. Doch bevor der Brief eintraf, stießen Drakes Männer am 27. August 1859 in einer Tiefe von etwas über zwanzig Metern auf Öl. Es war nicht die turmhoch aufspritzende Quelle, die wir traditionell bei solchen Ereignissen vor uns sehen — dieses Öl musste mühsam an die Oberfläche gepumpt werden, aber man gewann eine stetige Masse einer dicken, zähen, blaugrünen Flüssigkeit.
    Wenn es auch damals keiner merkte, man hatte gerade die Welt vollkommen und für immer verändert.
    Als Erstes stand die Firma vor dem Problem, wo sie all das geförderte Öl aufbewahren sollte. Da es vor Ort nicht genug Fässer gab, füllte man in den ersten Wochen Badewannen, Waschbecken, Eimer, alles, was man in die Hände kriegte. Schließlich aber fertigte man spezielle Fässer mit einem Fassungsvermögen von zweiundvierzig Gallonen (knapp unter 160 Liter) an, und die sind als Barrel bis heute das Standardmaß für Öl. Als drängender erwies sich dann, wie man das Öl gewinnbringend nutzen konnte. Da es im Naturzustand nur eklige Klebe war, machte Bissell sich daran, es zu etwas Reinerem zu destillieren. Dabei entdeckte er, dass es gereinigt nicht nur ein hervorragendes Schmiermittel war, sondern als Nebenprodukte auch noch erhebliche Mengen Benzin und Kerosin abfielen. Für das Benzin fand er überhaupt keine Verwendung — es war bei Weitem zu flüchtig — und schüttete es einfach weg, doch das Kerosin brannte wunderbar hell, wie er ja auch gehofft hatte, und kostete in der Herstellung viel weniger als Gesners aus Kohle gepresste Substanz. Endlich hatte die Welt einen billigen Stoff zur Beleuchtung, der mit Waltran konkurrieren konnte.
    Als andere Leute sahen, wie leicht es war, Ö1 zu fördern und in Kerosin zu verwandeln, setzte ein Ansturm auf das Gebiet um den Oil Creek ein. Bald drängten sich Hunderte von Bohrtürmen in der Landschaft. »In drei Monaten«, schreibt der bekannte Sachbuchautor John McPhee im Land der Versprechungen, »stieg die Einwohnerzahl von Pithole City von null auf 15000, und in der ganzen Region schossen weitere Ölstädte aus dem Boden Oil City, Petroleum Center, Red Hot. John Wilkes Booth kam auch, verlor seine Ersparnisse, ging wieder und ermordete einen I 'räsidenten«, Abraham Lincoln.
    Im Jahr von Drakes Entdeckung wurden in den Vereinigten Staaten zweitausend Barrel Öl gefördert; binnen zehn Jahren waren es weit über vier Millionen und nach weiteren dreißig sechzig Millionen. Leider wurden Bissell, Drake und die anderen Investoren des Unternehmens, das jetzt Seneca Oil Company hieß, nicht so reich, wie sie gehofft hatten. Aus anderen Quellen Pumpte man viel größere Mengen — aus einer, Pool Well, dreitausend Barrel am Tag —, und die schiere Anzahl an sprudelnden Fundstellen führte zu einem solchen Überangebot,

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