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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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19. Jahrhundert im Nordwesten Nordamerikas und im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Nordaustralien. Auf beiden Kontinenten berichteten die Anthropologen von zahlreichen bewaffneten Konflikten zwischen Gruppen von Wildbeutern.
    Auch die archäologischen Funde sind rar und nur bedingt aussagekräftig. Welche Hinweise gibt es, dass vor 30000 Jahren irgendwo ein Krieg stattgefunden haben könnte? Damals gab es keine Festungen und Mauern, keine Granaten und Schwerter. Aus heutiger Sicht lässt sich nicht mehr sagen, ob ein Speer zur Jagd oder im Krieg verwendet wurde. Fossile Knochenfunde sind genauso schwer zu deuten. Ein Knochenbruch könnte genauso gut von einem Unfall herrühren wie von menschlicher Gewalt. Umgekehrt ist das Fehlen von Knochenverletzungen noch kein Beweis für einen friedlichen Tod: Der Betroffene könnte aber auch an Fleischwunden gestorben sein, die keine Spuren am Skelett hinterlassen haben. Dazu kommt, dass vor der Industrialisierung rund 90 Prozent aller Kriegsopfer nicht durch Waffeneinwirkung, sondern durch Hunger, Kälte und Krankheit ums Leben kamen. Stellen wir uns vor, dass vor 30000 Jahren eine Gruppe eine andere besiegte und aus den begehrten Jagdgründen vertrieb. Im entscheidenden Kampf werden zehn Angehörige des unterlegenen Stamms getötet. Im folgenden Jahr sterben weitere Hundert an Hunger, Kälte und Krankheiten. Wenn Archäologen diese 110 Skelette finden, kommen sie vermutlich zu dem Schluss, dass die meisten von einer Naturkatastrophe dahingerafft wurden. Wer käme schon auf den Gedanken, dass sie Opfer eines erbarmungslosen Krieges geworden sein könnten?
    Nach dieser Warnung können wir uns nun den archäologischen Funden zuwenden. In Portugal wurden vierhundert Skelette aus der Zeit unmittelbar vor der landwirtschaftlichen Revolution untersucht. Nur zwei davon zeigten eindeutige Spuren der Gewalteinwirkung. In Israel wurde bei einer Untersuchung von ebenfalls vierhundert Skeletten nur ein einziger Schädelbruch entdeckt, der sich auf menschliche Gewalt zurückführen ließ.
    Bei einer Untersuchung von vierhundert Skeletten aus dem Donautal fanden Wissenschaftler 18 Fälle von Gewalteinwirkung. Auch das mag noch überschaubar klingen, in Wirklichkeit ist es jedoch eine ganze Menge. Wenn tatsächlich alle 18 eines gewaltsamen Todes gestorben sind, dann würde das hochgerechnet bedeuten, dass rund 4,5 Prozent aller Menschen im Donautal von ihren Mitmenschen ins Jenseits befördert wurden. Heute liegt der Durchschnitt weltweit bei 1,5 Prozent, Kriege und Verbrechen zusammengenommen. Im gesamten 20. Jahrhundert starben nur rund 5 Prozent aller Menschen eines gewaltsamen Todes – und das trotz zweier Weltkriege, eines chinesischen Bürgerkriegs, des Holocausts, des Völkermords an den Armeniern und Dutzender anderer Kriege und Völkermorde von Kambodscha bis zum Kongo, von Vietnam bis Ruanda. Das Donautal der Steinzeit war offenbar genauso blutig wie das 20. Jahrhundert. 17
    Die schaurigen Funde aus dem Donautal werden durch eine Reihe ähnlich deprimierender Entdeckungen in anderen Regionen gestützt. Im sudanesischen Jebel Sahaba wurde ein 12000 Jahre alter Friedhof mit 59 Skeletten gefunden. In 24 Fällen (oder 40 Prozent der Toten) wurden Pfeil- und Speerspitzen in oder neben den Knochen gefunden. Das Skelett einer Frau wies zwölf Verletzungen auf. In den Ofnethöhlen am Kraterrand des Nördlinger Ries fanden Archäologen 33 Schädel, vor allem von Frauen und Kindern, die in zwei Gruben geworfen worden waren. Die Hälfte der Schädel, auch die der Kinder und Säuglinge, wiesen eindeutige Hieb- und Stichspuren auf. Die wenigen Schädel der älteren Männer waren am schlimmsten zugerichtet. Mit großer Wahrscheinlichkeit war hier eine ganze Gruppe von Wildbeutern massakriert worden.
    Aber was entspricht denn nun der Welt der steinzeitlichen Jäger und Sammler: die friedlichen Skelette aus Israel und Portugal oder die Schlachthöfe von Jebel Sahaba und der Ofnethöhlen? Die Antwort lautet: Weder das eine noch das andere. Genau wie sich die Jäger und Sammler hinsichtlich ihrer Religionen und gesellschaftlichen Strukturen erheblich unterschieden, gab es offenbar auch große Differenzen bei der Gewalt. Einige Regionen scheinen in Frieden und Harmonie gelebt zu haben, andere scheinen von blutigen Konflikten heimgesucht worden zu sein. 18
    Der Vorhang des Schweigens
    Es ist schon schwierig genug, die großen Muster der Steinzeitwelt zu erkennen, doch einzelne Ereignisse lassen

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