Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)
zu stechen.
Bislang haben Archäologen zwar noch keine 45000 Jahre alten Boote, Flöße, Ruder oder Fischerdörfer entdeckt (das wäre auch nicht ganz einfach, da sie nach dem Anstieg der Meeresspiegel in gut hundert Meter Meerestiefe suchen müssten). Trotzdem gibt es einige Indizien, dass diese Theorie stimmen könnte. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Homo sapiens in den Jahrtausenden nach der Besiedlung Australiens auch auf einer Vielzahl kleiner und abgelegener Inseln im Norden Australiens niederließ. Einige davon, zum Beispiel Buka und Manus, waren mehr als 200 Kilometer von der nächsten Insel entfernt. Gerade Manus wäre ohne hoch entwickelte Boote und Navigationstechniken kaum zu erreichen gewesen. Außerdem gibt es wie bereits erwähnt eindeutige Hinweise auf einen regen Handel zwischen einigen der Inseln, zum Beispiel Neuirland und Neubritannien. 19
Die Ankunft der ersten Menschen in Australien ist eines der wichtigsten Ereignisse der Menschheitsgeschichte. In ihrer Bedeutung steht sie der Reise von Christoph Kolumbus nach Amerika und der ersten bemannten Mondlandung in nichts nach. Zum ersten Mal verließen Menschen das afrikanisch-asiatische Ökosystem. Der Mensch war das erste Großsäugetier überhaupt, das von der afrikanisch-asiatischen Landmasse nach Australien gelangte. Noch wichtiger war jedoch, was die menschlichen Pioniere in Australien anrichteten. In dem Moment, in dem der Homo sapiens seinen Fuß auf einen australischen Strand setzte, hatte er die Spitze der Nahrungskette erklommen und wurde zur mörderischsten Tierart in der Geschichte des Planeten Erde.
Bis dahin hatten Menschen zwar einige innovative Verhaltensweisen an den Tag gelegt, doch ihre Auswirkungen auf ihre Umwelt waren noch zu vernachlässigen. Sie hatten sich mit großem Erfolg an unterschiedliche Lebensräume angepasst, aber sie hatten diese Lebensräume weitgehend unverändert belassen. Die Siedler – oder besser Eroberer – Australiens passten sich aber nicht nur an. Sie krempelten das gesamte australische Ökosystem um, bis es nicht wiederzuerkennen war.
Der erste menschliche Fußabdruck auf dem australischen Sandstrand wurde sofort von den Wellen fortgespült. Doch mit jedem Kilometer, den die Invasoren vordrangen, hinterließen sie einen Fußabdruck, der sich nie mehr auslöschen lässt. Auf ihrem Weg trafen die Menschen auf eine sonderbare Welt voller unbekannter Lebewesen: Sie stießen auf Kängurus, die 200 Kilogramm wogen und zwei Meter hoch aufragten, und auf Beutellöwen, die so groß waren wie die heutigen Tiger und die größten Raubtiere des Kontinents darstellten. In den Wipfeln kletterten wenig knuffige Riesen-Koalabären, und über die Ebenen sprinteten flugunfähige Vögel, die doppelt so groß waren wie Strauße. Im Unterholz zischelten fünf Meter lange Schlangen und drachenähnliche Echsen. Und in den Wäldern hausten das Zygomaturus trilobus, das gewisse Ähnlichkeit mit einem Zwergnilpferd hatte und eine halbe Tonne wog, und das gigantische, zweieinhalb Tonnen schwere Diprotodon. Die Säugetiere der Insel waren Beuteltiere – Verwandte der Kängurus, die ihre Jungen sehr früh zur Welt bringen und in Bauchtaschen herumtragen und säugen. Beuteltiere waren in Afrika und Asien so gut wie unbekannt, doch sie beherrschten den australischen Kontinent.
Innerhalb weniger Jahrtausenden verschwanden diese Riesen. Von den 24 australischen Tierarten, die über 50 Kilogramm wogen, starben 23 aus. 20 Auch eine ganze Reihe kleinerer Arten wurde ausgelöscht. Sämtliche Nahrungsketten des australischen Ökosystems wurden zerrissen und neu geordnet. Es handelte sich um die drastischste Veränderung des australischen Ökosystems in vielen Jahrmillionen. War dies allein die Schuld des Homo sapiens ?
Schuldig in allen Punkten der Anklage
Um unsere Art zu entlasten, verweisen einige Wissenschaftler auf einen Klimawandel in Australien (ein beliebter Sündenbock). Es ist jedoch kaum glaubhaft, dass der Homo sapiens an diesem massiven Artensterben völlig unbeteiligt gewesen sein soll. Drei Beweise widerlegen das Klima-Alibi und zeigen, dass unsere Vorfahren am Aussterben der australischen Megafauna ihre Hand im Spiel hatten.
Erstens kam es in Australien vor 45000 Jahren zwar zu klimatischen Veränderungen, doch die waren so unbedeutend, dass sie kaum allein für ein derart gewaltiges Artensterben verantwortlich sein können. Heute schiebt man gern alles auf den »Klimawandel«, doch
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