Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
des Sünders erbarmt. Dass es nicht auf die
Gerechtigkeit ankommt, sondern auf die Gnade.
Du weißt, was Gnade ist: die große, schenkende und verzeihende Liebe
Gottes. Und dass wir zu den Mitmenschen so sein sollen, wie wir hoffen, dass
Gott, unser Vater, zu uns sein wird. Darum lehrte Jesus: »Liebet eure Feinde,
tut denen Gutes, die euch hassen, segnet die, die euch fluchen, betet für die,
die euch beschimpfen. Dem, der dich auf die Wange schlägt, halte auch die
andere hin, und dem, der deinen Mantel wegnimmt, gib auch noch den Rock. Jedem,
der dich bittet, gib, und von dem, der das Deinige nimmt, fordere es nicht
zurück.«
Du weißt, dass Jesus nur ganz kurze Zeit durchs Land gezogen ist,
predigend, lehrend, Kranke heilend und Arme tröstend. Du weißt, dass er
angeklagt wurde, er wolle sich zum König der Juden machen. So wurde er unter
dem römischen Beamten Pontius Pilatus als aufständischer Jude ans Kreuz geschlagen.
Diese furchtbare Strafe wurde nur an Sklaven, Räubern und Angehörigen
unterworfener Völker geübt. Sie galt auch als die entsetzlichste Schande. Aber
Christus hatte gelehrt, dass der größte Schmerz in der Welt einen Sinn hat,
dass die Bettler, die Weinenden, die Verfolgten, die Leidenden selig sind in
ihrem Unglück. Und so wurde für die ersten Christen gerade der leidende,
gepeinigte Gottessohn das Sinnbild seiner Lehre. Wir können uns heute kaum mehr
vorstellen, was das bedeutet. Das Kreuz war etwas Ärgeres noch als der Galgen.
Und dieser Schandgalgen wurde das Zeichen der neuen Lehre. Stell dir doch vor,
was ein römischer Beamter oder Soldat, was ein römischer Lehrer mit
griechischer Bildung, der stolz auf seine Weisheit, seine Redekunst und seine
Kenntnis der Philosophen war, sich gedacht haben muss, wenn er einen der großen
Prediger, etwa den Apostel Paulus in Athen oder in Rom, von Christi Lehre
predigen gehört hat. Der Apostel predigte dort so, wie wir es heute noch in
seinem 1. Brief an die Korinther, im 13. Kapitel lesen:
»Ich zeige euch einen wunderbaren Weg: Wenn ich mit Menschen- und
Engelszungen rede, aber ohne Liebe bin, so bin ich ein lärmendes Erz oder eine
klingende Schelle. Und wenn ich auch weissagen kann und alle Geheimnisse sehe und
wenn ich alles Wissen habe und wenn ich allen Glauben habe, sodass ich Berge
versetzen kann, aber ohne Liebe bin, dann bin ich nichts. Und wenn ich all mein
Eigentum austeile, und wenn ich meinen Körper zum Verbrennen aufopfere, aber
ohne Liebe bin, dann ist es sinnlos. Die Liebe ist großmütig, gütig, die Liebe
neidet nicht, prahlt nicht, bläht sich nicht auf, verletzt das Herkommen nicht,
sucht keinen Vorteil für sich, lässt sich nicht aufreizen, trägt Böses nicht
nach, freut sich nicht über das Unrecht, freut sich nur über Wahrheit. Sie
deckt alles zu, glaubt alles, hofft alles, duldet alles. Die Liebe bleibt ewig
bestehen.«
Wenn Paulus so gepredigt hat, werden die vornehmen Römer, denen es
auf das Recht angekommen ist, wohl den Kopf geschüttelt haben. Aber die Armen
und Gequälten fühlten zuerst, daß hier etwas ganz Neues in die Welt gekommen
war: die große Verkündigung der göttlichen Gnade, die mehr ist als das Recht
und die die »gute Botschaft« heißt. Gute Nachricht oder Frohe Botschaft heißt
auf griechisch eu-angelion, also Evangelium. Diese
gute Frohe Botschaft von der Gnade des göttlichen Vaters, der einzig und
unsichtbar ist, wie sie die Juden, unter denen Christus gelebt und gepredigt
hatte, zuerst gelehrt haben, diese Frohe Botschaft wurde bald ins ganze
Römerreich getragen.
Da wurden die römischen Beamten aufmerksam. Du weißt, dass sie sich
sonst in Religionssachen nicht eingemischt haben. Aber hier war etwas Neues.
Die Christen, die an den einzigen Gott glaubten, wollten nicht vor den
Kaiserbildern Weihrauch streuen. Das war aber üblich geworden, seit es Kaiser
gab in Rom. Die ließen sich ebenso als Götter verehren, wie es die ägyptischen
und chinesischen, die babylonischen und persischen Herrscher getan hatten. Im
ganzen Land gab es ihre Statuen, und wer ein guter Staatsbürger war, musste
hier und da vor diesen Kaiserbildern ein paar Körnchen Räucherwerk opfern. Die
Christen taten das aber nicht. So wollte man sie dazu zwingen.
Nun herrschte ungefähr 30 Jahre nach Christi Kreuzestod (also um 60
nach Christi Geburt) ein grausamer Kaiser über das Römerreich: Nero. Noch heute
spricht man mit Schaudern von ihm als von dem entsetzlichsten Bösewicht. Das
Abstoßende an ihm ist
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