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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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eigentlich, dass er kein großer, durch und durch
rücksichtsloser und ungeheuer schlechter Mensch gewesen ist, sondern einfach
ein weichlicher, eitler, misstrauischer, fauler Mensch, der selbst dichtete und
sang, die ausgesuchtesten Sachen gegessen oder fast gefressen hat, ein Mann
ohne jede Anständigkeit oder Festigkeit. Er hatte ein schlaffes, nicht
unhübsches Gesicht mit einem zufrieden-satten, grausamen Lächeln um den Mund.
Er ließ seine eigene Mutter, seine eigene Frau und seinen Lehrer ermorden und
noch viele Verwandte und Freunde. Er hatte ständig Angst, man könnte einmal auch
ihn umbringen, denn feige war er auch.
    Nun brach damals in Rom eine Feuersbrunst aus, die viele Tage und
Nächte Häuserviertel um Häuserviertel, Bezirk um Bezirk niederlegte und
Hunderttausende obdachlos machte, denn Rom war damals schon eine gewaltige Großstadt
mit mehr als einer Million Einwohnern. Und was tat Nero dabei?

    Er stand auf dem Balkon
seines herrlichen Palastes und sang zur Leier ein selbst verfasstes Lied auf
den Brand von Troja. Das fand er sehr zu dem Augenblick passend. Da wurde aber
das Volk, das ihn bisher gar nicht so schrecklich gehaßt hatte, wütend. Denn
dem Volk hatte er oft schöne Feste geschenkt, nur gegen seine näheren Freunde
und Bekannten war er grausam gewesen. Jetzt aber erzählte man sich: Nero selbst
habe Rom angezündet. Ob das wirklich wahr ist, weiß man nicht. Jedenfalls hat
Nero gewusst, dass es ihm zuzutrauen war. So suchte er nach einem Sündenbock.
Und den fand er in den Christen. Die Christen hatten oft gesagt, dass diese
Welt zugrunde gehen muss, damit eine bessere, reinere Welt entstehen kann. Du
weißt, was sie damit gemeint haben. Da die Leute aber gewöhnlich nur
oberflächlich hinhören, hat es in Rom bald geheißen: Die Christen wünschen den
Weltuntergang, sie hassen die Menschen. Ist das nicht ein merkwürdiger Vorwurf?
    Nero ließ sie verhaften, wo er sie fand, und grausam hinrichten. Er
ließ sie nicht nur im Theater von wilden Tieren zerreißen, er ließ sie auch in
seinem Privatgarten bei einem großen Abendfest als Fackeln bei lebendigem Leibe
verbrennen. Aber die Christen erduldeten alle Qualen bei dieser Verfolgung und
bei späteren mit unerhörtem Mut. Sie waren stolz darauf, Zeugen zu sein für die
Kraft des neuen Glaubens. Zeuge heißt auf griechisch: Märtyrer. Und diese
Märtyrer wurden später als die ersten Heiligen verehrt. Die Christen pilgerten
zu ihren Gräbern und beteten dort. Und weil sie sich nicht am Tage und in aller
Öffentlichkeit versammeln konnten, haben sie sich heimlich bei den Gräbern
versammelt. Das waren unterirdische Gänge und Kammern vor der Stadt, abseits
von der Straße, in denen ganz einfache Bilder aus der biblischen Geschichte auf
die Wände gemalt waren. Die Bilder sollten die Christen an Gottes Macht und an
das Ewige Leben erinnern: Daniel in der Löwengrube, die drei Männer im
Feuerofen oder Moses, der das Wasser aus dem Felsen schlägt.
    Dort, in diesen unterirdischen Gängen, kamen die Christen des Nachts
zusammen und besprachen die Lehre Christi, teilten das Heilige Abendmahl aus
und sprachen einander Mut zu, wenn eine neue Verfolgung drohte. Und trotz aller
Verfolgung wurden es in dem nächsten Jahrhundert immer mehr im ganzen Reich,
die an die Frohe Botschaft glaubten und ihr zuliebe alles zu erleiden bereit
waren, was Christus erlitten hat.
    Nicht nur die Christen mussten damals die Härte des römischen
Staates fühlen, den Juden ging es nicht besser. Wenige Jahre nach Nero war in
Jerusalem ein Aufstand gegen die Römer ausgebrochen. Die Juden wollten endlich
frei sein. Sie kämpften mit ungeheurer Verbissenheit und Tapferkeit gegen die
Legionen, die jede jüdische Stadt lange belagern und angreifen mussten, ehe sie
sie erobern konnten. Jerusalem wurde vom Sohn des damaligen römischen Kaisers
Vespasian, von Titus, zwei Jahre lang belagert und ausgehungert. Wer floh,
wurde von den Römern vor der Stadt gekreuzigt. Schließlich drangen die Römer in
die Stadt ein. Es war im Jahre 70 nach Christi Geburt. Titus soll befohlen
haben, das Heiligtum des einzigen Gottes zu schonen, aber der Tempel wurde von
den Soldaten angezündet und geplündert. Die heiligen Geräte wurden im
Triumphzug in Rom gezeigt, und noch heute sieht man sie auf dem Triumphbogen
abgebildet, den Titus sich damals in Rom errichten ließ. Jerusalem wurde
zerstört und die Juden in alle Winde zerstreut. Sie waren schon vorher in
vielen Städten als

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