Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Handelsleute ansässig gewesen. Nun waren sie ein heimatloses
Volk, das in Alexandria, in Rom und anderen fremden Städten in Betschulen
zusammenkam, von allen verlacht und beschimpft, da sie noch immer mitten unter
den Heiden an ihren alten Bräuchen festhielten, die Bibel lasen und auf den
Messias warteten, der sie erretten sollte.
Wie man im Reich und an seinen Grenzen lebte
Wer kein Christ, kein Jude und kein naher Verwandter des
Kaisers war, konnte damals im Römischen Reich sehr ruhig und angenehm leben.
Man reiste von Spanien bis zum Euphrat, von der Donau bis zum Nil auf den
herrlich gebauten römischen Straßen. Die römische Staatspost fuhr regelmäßig zu
den einzelnen festen Plätzen an den Grenzen des Reiches, um Nachrichten zu
bringen und zu holen. In den großen Städten, in Alexandria oder in Rom, gab es
alle Annehmlichkeiten des bequemen Lebens. In Rom selbst gab es große
Stadtviertel mit hohen, vielstöckigen, schlecht gebauten Zinskasernen, in denen
die armen Leute wohnten. Die römischen Privathäuser und Villen dagegen waren
mit den schönsten griechischen Kunstwerken und prunkvollen Möbeln ausgestattet
und hatten reizende Gärtchen mit kühlenden Springbrunnen. Im Winter konnte man
die Räume mit einer Art Zentralheizung erwärmen: Man ließ erhitzte Luft unter
dem Fußboden in hohlen Ziegeln hinstreichen. Jeder reiche Römer hatte einige
Landhäuser, meist am Meer gelegen, mit vielen Sklaven zur Bedienung, mit
schönen Bibliotheken, in denen alle guten griechischen und lateinischen Dichter
zu finden waren. Auch eigene Sportplätze hatten die Villen der Reichen und
Kellereien voll der besten Weine. Wenn ein Römer sich zu Hause langweilte, ging
er auf den Markt, zu Gericht oder ins Bad. Die Bäder, die Thermen hießen, waren
ungeheure Anlagen, durch Wasserleitungen aus den fernen Gebirgen gespeist, mit
großem Pomp und Prunk ausgestattet, mit Hallen für warme und für kalte Bäder,
mit Sälen für Dampfbäder und für sportliche Übungen. Ruinen solcher gewaltigen
Badehäuser oder Thermen stehen noch. Du würdest sie für märchenhafte Königspaläste
halten, so reich sind sie an ungeheuren Gewölben, an bunten Marmorsäulen und
Becken aus kostbarem Gestein.
Noch größer und eindrucksvoller waren die Theater. Das große Theater in
Rom, das Kolosseum heißt, bot Platz für ungefähr 50 000 Zuschauer. Viel mehr
Menschen haben auch in einem großen Stadion einer modernen Großstadt nicht
Platz. Dort fanden hauptsächlich Gladiatorenkämpfe und Tierhatzen statt. Du
weißt, dass auch die Christen in solchen Theatern sterben mussten. Der
Zuschauerraum über dem Platz war ringsherum steil hinaufgebaut, wie ein
riesiger, ovaler Trichter. Das muss ein Brausen gewesen sein, wenn dort 50 000
Menschen beisammen waren! In der Hauptloge unten saß der Kaiser unter einer
prächtigen Plane, die ihn gegen das Sonnenlicht schützte. Wenn er ein Tuch in
die Arena, den Kampfplatz, fallen ließ, war das Spiel eröffnet. Dann kamen die
Gladiatoren, stellten sich vor der Hofloge auf und riefen: »Heil, Kaiser, die
sterben werden, grüßen dich!«
Du darfst aber nicht glauben, dass die Kaiser nichts anderes zu tun
hatten, als im Theater zu sitzen, und dass alle Schwelger und Wüteriche gewesen
sind wie Nero. Ganz im Gegenteil. Sie waren reichlich damit beschäftigt, das
Reich in Frieden zu erhalten. Denn jenseits der fernen Grenzen gab es überall
wilde, kriegerische Völker, die gern in die reichen Provinzen eingefallen
wären, um dort zu plündern. Im Norden, jenseits der Donau und des Rheins, da
wohnten die Germanen und machten den Römern besonders zu schaffen. Schon Cäsar
hatte mit ihnen zu kämpfen, als er Frankreich eroberte. Es waren große,
kräftige Menschen, die den Römern schon durch ihre Riesenkörper Schrecken
einjagten. Auch war ihr Land, das heutige Deutschland, noch voll dichter Wälder
und dunkler Sümpfe, in denen sich die römischen Legionen verirrten. Vor allem
aber waren die Germanen selbst nicht gewohnt, in schönen Villen mit
Zentralheizung zu leben. Sie waren Bauern, wie es die Römer einst gewesen
waren. Sie lebten in weit verstreuten, aus Holz gezimmerten Gehöften.
Die römischen Großstädter, die in lateinischen Abhandlungen von
ihnen berichtet haben, erzählen gern von der großen Einfachheit des
germanischen Lebens und von der Schlichtheit und Strenge ihrer Sitten, von
ihrer Freude am Kampf und ihrer Treue zum Stammeshäuptling. All das hielten die
römischen Schriftsteller
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