Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
hat (das war nun Großvater
Friedrich I. Barbarossa) und dass er sehr mächtig sein und ein wunderbares
Reich aufbauen wird.
Je schlechter es den Leuten ging, desto mehr warteten sie auf das
Wunder. Sie malten sich aus, wie er da im Berg sitzt, sein roter, feuriger Bart
ist schon durch den steinernen Tisch gewachsen, so lange schläft er dort schon.
Nur alle hundert Jahre wacht er auf und fragt seinen Knappen, ob die Raben noch
um den Berg kreisen. Erst wenn der Knappe sagen wird: »Nein, Herr, ich sehe
keinen«, dann wird er aufstehen und mit dem Schwert den Tisch spalten, durch
den sein Bart gewachsen ist, und den Berg spalten, in dem er verzaubert war,
und wird in einer herrlichen Rüstung herausreiten mit allen seinen Mannen. –
Glaubst du nicht, dass sie Augen machen würden, heute?
Schließlich hat aber kein solches Wunder die Welt wieder etwas in
Ordnung gebracht, sondern ein energischer, geschickter und weit blickender
Ritter, dessen Burg in der Schweiz stand und die Habsburg hieß. Er hieß Rudolf
von Habsburg. Die Fürsten hatten ihn im Jahre 1273 zum König gewählt, weil sie
hofften, dass er als armer und unberühmter Ritter ihnen nicht viel dreinreden
würde. Aber sie hatten nicht mit seiner Geschicklichkeit und Klugheit
gerechnet. Er hatte zwar am Anfang nur wenig Land und dadurch nur wenig Macht.
Aber er vestand es, sein Land und damit seine Macht sehr einfach zu vermehren.
Als er gegen den widerspenstigen Böhmenkönig Ottokar zu Feld gezogen
war und ihn besiegt hatte, nahm er ihm einen Teil seines Landes weg. Dazu war
er ja als König berechtigt. Und nun verlieh er es im Jahre 1282 seinen eigenen
Söhnen. Es war das Land Österreich. Auf diese Art verschaffte er seiner
Familie, die nach seiner Schweizer Burg die Habsburger hieß, große Macht. Und
die Familie hat es verstanden, durch Verleihung immer neuer Lehen an Verwandte,
durch Heiraten und Erbschaften diese Macht so zu steigern, dass die Habsburger
bald eine der angesehensten und einflussreichsten Fürstenfamilien Europas
waren. Freilich herrschten sie mehr auf ihren großen Familienlehen (also in
Österreich) als im Deutschen Reich, auch wenn sie deutsche Könige und Kaiser
waren. Dort herrschten die anderen Lehensherren, die Herzöge, Bischöfe und
Grafen in ihren Gebieten bald als fast unumschränkte Fürsten. Aber die richtige
Ritterzeit war mit den Hohenstaufen vorbei.
Von den Städten und ihren Bürgern
In den hundert Jahren zwischen Friedrich I.
Barbarossa, der 1190 gestorben ist, und Rudolf I. von Habsburg, der 1291
gestorben ist, hat sich sehr viel in Europa verändert. Mehr als man
sich so vorstellen kann. Ich hab’ davon erzählt, dass es zu Barbarossas Zeiten
hauptsächlich in Italien mächtige Städte gab, deren Bürger mit dem
Kaiser zu streiten und zu kämpfen wagten. In Deutschland gab
es Ritter, Mönche und Bauern. Das war in den hundert Jahren
nachher sehr anders geworden. Schon durch die vielen Kreuzzüge
nach dem Osten waren die Deutschen weit herumgekommen
und hatten Handelsfreundschaften mit fernen Ländern geschlossen.
Da konnte man aber nicht Ochsen gegen Schafe oder Trinkhörner gegen Tücher
tauschen. Da brauchte man Geld. Und seit es Geld gab, gab es auch Märkte, auf
denen man all die Waren kaufen konnte. Diese Märkte durften nicht überall
abgehalten werden. Es waren bestimmte Stellen, die man durch Mauern und Türme
schützte, meist in der Nähe einer Burg. Wer dort hineinzog und Handel trieb,
war Bürger. Er war nicht mehr einem Grundherrn hörig. Man sagte damals:
»Stadtluft macht frei«, denn die Bürger der größeren Städte waren niemandem
untertan als nur dem König.
Das Leben in einer mittelalterlichen Stadt darfst du dir nicht vorstellen
wie das Stadtleben heute. Es waren ja meist ganz kleine, winkelige Städtchen
mit engen Gassen und schmalen, hohen Giebelhäusern. Dort wohnten dicht gedrängt
die Kaufleute und Handwerker mit ihren Familien. Die Kaufleute zogen meist in
Begleitung von Bewaffneten durchs Land. Das war notwendig, denn viele Ritter
waren damals nur noch so wenig ritterlich, dass sie eigentlich einfach Räuber
waren. Sie saßen auf ihren Burgen und lauerten den Kaufleuten auf, um sie
auszuplündern. Aber die Städter und Bürger ließen sich das nicht lange
gefallen. Sie hatten ja Geld und konnten Soldaten bezahlen. So lebten sie oft
mit den Rittern im Streit, und gar nicht selten siegten die Bürger über diese
Raubritter.
Die Handwerker, die Schneider, Schuster, Tuchmacher,
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