Eine Lady nach Maß
mir oder meinem Sohn zu tun hat.“
J.T. kehrte in die Gegenwart zurück. Der Hunger nach Gerechtigkeit nagte immer noch in ihm, aber der Zorn, der ihn angetrieben hatte, war verraucht. Er bückte sich nach der zerknüllten Botschaft.
„Miss Richards war sehr vorsichtig bei der Vermutung, wer ihr das angetan haben könnte. Sie wollte niemanden zu Unrecht verdächtigen. Aber es gab nur einen Namen, der ihr in den Sinn kam. Ein Mann, der sie schon vorher abgelehnt und beleidigt hat.“ J.T. gab sich Mühe, das zerknüllte Papier nicht zu zerreißen, als er es vorsichtig glatt strich.
Hawkins schnaufte empört. „Kommen Sie, Tucker. Das hier war vermutlich nur der Scherz von ein paar dummen Jungs. Es handelt sich doch nicht um einen persönlichen Angriff.“
„Da haben Sie leider unrecht.“ J.T. reichte ihm den Zettel. „Erkennen Sie die Handschrift?“
Der Ladenbesitzer starrte auf das Papier, das in seiner Hand zitterte. „Also … bei dem Licht … Das kann ich wirklich schlecht sagen. Und die ganzen Knicke …“ Doch seine Stimme klang nervös.
„Das war mit Sicherheit kein Dummejungenstreich, da müssen Sie mir zustimmen.“
Hawkins reichte J.T. die Nachricht hastig zurück, als würde sie ihm die Finger verbrennen. „Also, das hört sich wirklich eher … ähm, nach einer persönlichen Sache an. Aber Miss Richards wurde nicht verletzt. Es ist auch kein großer Schaden entstanden.“ Hektisch sah er sich um, um seine Worte zu untermauern. „Die Nähmaschine scheint intakt zu sein, die Fenster sind nicht eingeschlagen. Ein wirklicher Einbrecher hätte sie doch zerstört. Eigentlich ist das hier doch nicht mehr als ein bisschen Unordnung. Leicht aufzuräumen.“
J.T.s Wut flackerte wieder auf. „Sie haben nicht ihr Gesicht gesehen, als sie den Raum betreten hat. Sie waren nicht dabei, während sie zitternd geweint hat, als hätte man ihr das Herz gebrochen. Sie haben nicht ihre Angst gespürt, als sie die Stufen zu ihrem Zimmer hochgegangen ist in der Furcht, dass man sich auch dort an ihrem Besitz vergangen hat. Wer sagt uns, dass der Mann, der das getan hat, es nur bei diesem einen Angriff belässt? Wie soll sie sich jemals wieder sicher fühlen?“
Hawkins wich zurück und murmelte eine lahme Entschuldigung.
J.T. folgte ihm und wedelte mit dem Zettel vor seinem Gesicht herum. „Hannah Richards hat Warren als einzigen Verdächtigen benannt. Er hat sie auch vorher schon beleidigt und ihr vorgeworfen, dass Cordelia sich ihretwegen verändert hätte. Er hat Hannah für Delias Zurückweisung verantwortlich gemacht. Für die Kränkung seiner Ehre.“ Er trat dicht an Mr Hawkins heran. „Ist das die Handschrift Ihres Sohnes?“
„Ich … ich weiß es nicht mit Sicherheit.“
J.T. faltete das Papier zusammen und stopfte es in die Manteltasche des Mannes. „Nehmen Sie es mit nach Hause. Sehen Sie es sich bei besserem Licht an. Vergleichen Sie es mit den Inventarlisten oder anderen Dingen, die Warren geschrieben hat. Kümmern Sie sich um diese Sache, Hawkins. Bevor ich mich darum kümmere.“
Kapitel 35
N ach dem Gottesdienst stand Hannah am nächsten Tag in Cordelias Küche und dachte über ihr Geschäft nach. Obwohl es ihr davor grauste, würde sie den Nachmittag damit verbringen müssen, aufzuräumen und zu sehen, was noch zu retten war. So verlockend es auch war, ihre Zeit hier bei ihren Freunden – und vor allem mit Jericho – zu verbringen, konnte sie sich doch nicht erlauben, dass ihre Angst ihre Handlungen bestimmte.
„Danke, dass ich hier übernachten durfte“, sagte Hannah, als sie nach der Platte griff, die Cordelia gerade abgespült hatte.
„Du kannst so lange hierbleiben, wie du willst.“
Hannah zuckte mit den Schultern. „Jericho hat gesagt, dass Warren bis Dienstag nicht in der Stadt ist, also gibt es keinen Grund, warum ich euch länger belästigen sollte.“
„Du belästigst uns doch nicht. Wie auch? Du gehörst fast schon zur Familie.“
Ein Kribbeln durchfuhr Hannah bei diesen Worten, aber sie durfte nicht darauf eingehen. Sie musste sich jetzt auf die Arbeit konzentrieren.
Das Picknick gestern war ein großer Erfolg für Cordelias neues Kleid gewesen. Hannahs Fähigkeiten hatten sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Sogar heute Morgen nach dem Gottesdienst war sie von einigen Damen angesprochen worden, die bald zu ihr kommen wollten, um sich Kleider nähen zu lassen. Wenn sie sich jetzt zurückzog, würde die Neugier und Begeisterung sich wieder legen – und
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