Eine Lady nach Maß
Jericho blieb an der Tür stehen, um ihr ein wenig Zeit zu geben, die sie brauchte. Langsam bewegte sie sich durch den Raum.
Normal. Alles vollkommen normal.
„Pack ein paar Kleider zusammen und was du sonst noch so brauchst. Heute Nacht schläfst du bei Delia.“ In seiner Stimme lag eine angenehme Autorität.
Früher hätte sie sich über seine bestimmende Art aufgeregt, doch die Fürsorge, die sie inzwischen hinter seinen Worten erkannte, ließ es ihr warm ums Herz werden. Er wollte nicht über sie bestimmen. Er versuchte, sie zu beschützen. Und sie war dafür dankbarer, als sie sagen konnte. Nach allem, was passiert war, hatte sie wirklich kein großes Bedürfnis, die Nacht hier zu verbringen. Alleine. Verletzlich. Mit nur einer dünnen Tür zwischen sich und demjenigen, der sie hasste. Während sie ein Zittern unterdrückte, nickte Hannah und beeilte sich, einige Sachen zusammenzuraffen.
* * *
Später am Abend, nach einem einfachen Essen, saß J.T. Hannah und Delia gegenüber und fuhr mit dem Finger den Rand seiner Kaffeetasse entlang.
„Ich kann es nicht glauben“, sagte Delia bestürzt, als Hannah fertig berichtet hatte. „Wir hatten hier in Coventry nie Vandalen. Glaubst du, sie waren hinter deinem Geld her?“
„Ich habe gestern die Abrechnung gemacht und das Geld zur Bank gebracht. Es gab nichts zu holen.“ Hannah sah J.T. an, wobei ihr Kinn bebte. Er spürte ihre innere Unruhe. Am liebsten hätte er ihr die Sorgen abgenommen, in sich aufgenommen. Doch er konnte nichts tun. Er hielt ihrem Blick stand, als könnte er damit ihren Schmerz lindern. Und vielleicht half es ja tatsächlich, denn plötzlich richtete sie sich ein wenig auf und wandte sich wieder an Delia. „Ich glaube nicht, dass jemand auf Geld aus war. Er hat eine Botschaft hinterlassen, dass ich niemals hierher hätte kommen sollen.“
Delia schnappte erschrocken nach Luft und stellte ihre Tasse ab. „Wie schrecklich!“ Sie schüttelte den Kopf. „Zu wissen, dass jemand, den wir vielleicht kennen, so etwas Schreckliches tun kann … Ich kann es kaum glauben.“ Ein nachdenklicher Ausdruck trat auf ihr Gesicht. „Hast du eine Vermutung, wer es gewesen sein könnte?“
J.T. führte gerade seine Tasse zum Mund, hielt aber mitten in der Bewegung inne. Er hatte Hannah das Gleiche fragen wollen, aber er hatte noch nicht die Gelegenheit dazu gehabt.
Hannah zögerte und ihr Blick wanderte zwischen ihm und seiner Schwester hin und her. „Mir fällt nur ein Mensch ein, der dafür infrage kommen würde.“
J.T.s Tasse klirrte hart auf den Tisch. „Wer?“
„Ich … ich habe keinen Beweis für meine Behauptung.“
J.T. erhob sich und lehnte sich über den Tisch zu ihr. „Wer?“
Hannah sah verstohlen zu Delia und dann wieder auf ihre Tasse. „Warren.“
Delia gab einen erstickten Laut von sich. „Warren Hawkins? Sicher nicht. Ich kenne ihn, seit wir klein waren.“
J.T. knirschte mit den Zähnen und stampfte wütend durch die Küche. Er umklammerte das Regal mit Delias Backzutaten, bis die Knöchel seiner Hand weiß hervortraten und versuchte, seinen Zorn unter Kontrolle zu bringen.
Warren . Zuerst hatte er Delia überrumpelt und versucht, sie zu einer Heirat zu überreden, und jetzt hatte er seinen Ärger an Hannah ausgelassen. Dieser Mistkerl brauchte dringend jemanden, der ihm ein bisschen Verstand einprügelte. J.T. ballte seine Fäuste.
„Es tut mir leid, Cordelia, aber mir fällt sonst einfach niemand ein.“ Hannahs Entschuldigung entflammte J.T.s Rachegedanken nur noch mehr. Sie war die Letzte, die irgendetwas falsch gemacht hatte.
Als Delia endlich antwortete, war ihre Stimme brüchig, von Tränen erstickt. „Es ist meinetwegen, stimmt’s?“
„Nein! Natürlich nicht!“, beteuerte Hannah rasch, doch als J.T. sich umwandte, sah er, wie seine Schwester nickte.
„Doch. Doch, das ist es. Er macht dich für die Veränderungen verantwortlich, die mit mir vorgegangen sind. Er denkt bestimmt, dass ich immer noch ein graues Mäuschen wäre, wenn du nicht hierhergekommen wärst, und Ike sich nicht für mich interessieren würde. Als ich seinen Antrag abgelehnt habe, hat er dir die Schuld dafür gegeben.“ Ihre Lippen zitterten, als dicke Tränen ihre Wangen hinabkullerten. „Oh Hannah, kannst du mir das jemals verzeihen?“
Jetzt entschuldigten sich schon beide! Ein Knurren stieg in J.T.s Kehle auf. Verstanden die Mädchen denn nicht, dass niemand außer Warren schuld war?
Hannah griff nach Delias Händen.
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