Eine Lady nach Maß
Holz vor ihm spaltete sich ungleichmäßig. J.T. blickte finster drein.
Jetzt, wo er darüber nachdachte, bemerkte er, dass ihr Protest nicht unbedingt bedeuten musste, dass sie nicht heimlich doch die Hoffnung gehegt hätte, dass er ihr die Arbeit mit den Regalen abnehmen würde. Sie hatte es vielleicht nur nicht zugeben wollen. Immerhin konnten die meisten Frauen das eine Ende eines Schraubenziehers nicht von dem anderen unterscheiden. Außerdem hatte sie ziemlich erschöpft ausgesehen. Sie war sicher zu müde, um die Bretter hoch genug zu heben und sie fest an der Wand zu montieren. Er musste sich noch um ein paar finanzielle Angelegenheiten auf der Bank kümmern, aber danach würde er bei ihr im Laden vorbeischauen. Das würde ihn auch davor bewahren, dass er es morgen früh schon wieder mit ihr zu tun bekam.
Eineinhalb Stunden später, nachdem er das Holz gespalten hatte, wusch sich J.T. an der Wasserpumpe und machte sich dann auf den Weg zur Bank. Louisa wollte seine Hilfe zwar nicht akzeptieren, aber wie sollte sie sich dagegen wehren, wenn sie gar nicht wusste, wie er sie unterstützte?
Kapitel 7
J. T. betrat die Bank in dem Moment, als der Angestellte das „Geschlossen“-Schild abnahm. Der Mann nickte ihm zu und ging zurück zu seinem Schalter. Die Besitzerin der örtlichen Frühstückspension stand gerade dort und stampfte ungeduldig mit einem Fuß auf, ganz offensichtlich ungehalten über die Unterbrechung. Hinter ihr warteten zwei Farmer.
„Ist Paxton da?“, fragte J.T.
Der Angestellte verschwand hinter seinem Schalter, öffnete das Fensterchen und schaute J.T. über den geblümten Hut der Dame vor ihm hinweg an. „Er ist im Moment im Gespräch mit einem Kunden, aber nehmen Sie doch bitte auf der Bank Platz. In ein paar Minuten ist er sicher fertig.“
„Danke.“
J.T. tippte sich an den Hut und nickte der Dame zu, die ihm einen wütenden Blick zuwarf und sich dann wieder dem in Ungnade gefallenen Bankangestellten zuwandte. Bevor er sich zu der Bank begab, wechselte er noch einen Blick mit den beiden Farmern. Alle drei schienen sich einig zu sein, dass sie froh darüber waren, in diesem Moment auf der Kundenseite des Schalters zu stehen. Dann schlenderte J.T. zur Bank hinüber.
Er war so voller Unruhe, dass er sich nicht setzen wollte, also stellte J.T. einen Fuß gegen die Bank und stützte den Ellbogen darauf. Es gefiel ihm nicht, hinter Louisas Rücken etwas zu vereinbaren, aber sie ließ ihm schließlich keine andere Wahl. Die Bibel sagte, dass ein Mann geben sollte, ohne dass die linke Hand wusste, was die rechte tat. Louisa übernahm in diesem Fall wohl die Rolle der linken Hand. Trotzdem fühlte J.T. sich unwohl dabei, alles im Geheimen einzufädeln. Es kam ihm vor, als täte er etwas Unehrenhaftes.
Das leise Quietschen der Bürotür lenkte J.T.s Aufmerksamkeit auf das Zimmer vor sich. Er stellte schnell seinen Fuß auf den Boden zurück und richtete sich auf.
Floyd Hawkins und sein Sohn, Warren, kamen aus Elliott Paxtons Büro. Der ältere Hawkins plauderte angeregt mit dem Bankier, während sein Sohn schwieg.
Warren pustete sein langes Haar aus dem Gesicht und erblickte J.T. Seine Augen wurden ein bisschen größer, als er seinen Hals streckte, als wäre ihm der Kragen gerade ein wenig zu eng geworden.
Der Junge war in seiner Gegenwart unübersehbar nervös. Das war nicht immer so gewesen. Aber in letzter Zeit schien er J.T. aus unerfindlichen Gründen beeindrucken zu wollen.
Nicht, dass seine Anstrengungen sich bisher ausgezahlt hätten. Der Junge hatte Minderwertigkeitskomplexe, groß wie ein Gebirge. Er war kein schlechter Kerl, allerdings irritierten einen Betrachter seine finsteren Blicke und sein abweisendes Verhalten. Warren schien zu denken, dass die Welt ihm etwas schuldete, weil er mit einem entstellenden Muttermal im Gesicht geboren worden war. J.T. konnte sich vorstellen, was so etwas für einen Schuljungen bedeutete, doch Warren war längst kein Kind mehr. Es war Zeit, das Mitleidsgeheische zu vergessen und sich wie ein Mann zu benehmen. Respekt würde er anders nicht bekommen.
Als hätte Warren seine Gedanken gehört, straffte er seine Schultern und kam auf J.T. zu.
„J.T.“
J.T. nickte. Entweder hatte er Ohrenprobleme oder Warren sprach heute tiefer als sonst. J.T. widerstand dem Drang, mit den Augen zu rollen.
„Warren.“
Der Junge zog an seinem Rockaufschlag und versuchte sich auf die Zehenspitzen zu stellen, um größer zu wirken. „Dad und ich
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