Eine Lady nach Maß
Grundstück daneben zu kaufen, aber die Besitzerin hat abgelehnt.“
„Ah ja. Das wird jetzt eine Schneiderei, nicht wahr? Ich habe die Besitzerin beim Fensterputzen gesehen. Eine außergewöhnliche Dame, sehr elegant.“
„Ja … also … ich hatte gehofft, Mrs James eine bessere Lokalität für ihre Wäscherei anbieten zu können – eine mit vier anständigen Wänden und einem Dach, durch das es nicht tropft. Aber diese Möglichkeit hat sich nun zerschlagen. Also dachte ich, ich könnte das andere Grundstück kaufen, ihre Miete senken und ein vernünftiger Vermieter sein. Sie wissen schon, das Dach reparieren, die Pumpe instand halten und so weiter.“
„Ich verstehe.“ Elliott Paxton tippte sich mit einem Finger gegen die Lippen und starrte ihn so intensiv an, dass J.T. ins Schwitzen kam.
„Das ist ein löblicher Plan, mein Sohn“, sagte der Bankier. „Ich bin beeindruckt.“
J.T. rutschte auf seinem Stuhl hin und her und starrte auf den abgewetzten Stoff seiner Hosenbeine. Er hasste es, wenn die Leute aus einer Mücke einen Elefanten machten. Er baute Louisa ja keinen Palast. Er wollte ihr nur von Zeit zu Zeit helfen können, ohne dass sie es merkte und wütend auf ihn wurde. Das war alles. Nichts, was man so aufbauschen musste.
„Es kommt nicht oft vor, dass ein Mann sein hart verdientes Geld in ein praktisch wertloses Stück Land steckt, um so einer Witwe zu helfen, die nicht mit ihm verwandt ist. Beeindruckend.“
Paxton plapperte weiter und weiter und hob J.T. in den Himmel, bis dieser es nicht mehr aushalten konnte.
Als hätte das Kissen plötzlich Zähne bekommen, sprang er auf und ging auf die Bürotür zu.
„Also, kümmern Sie sich für mich darum?“
Paxton nickte und hob überrascht die Augenbrauen. Er machte Anstalten, sich ebenfalls zu erheben. „Natürlich, aber –“
„Danke.“ J.T. winkte zum Abschied und schlüpfte aus dem Büro. Doch die Enge in seiner Brust ließ erst nach, als er der Bank den Rücken gekehrt hatte.
Er wusste, dass Paxton diskret war. Der Bankier hatte sich den Ruf, vertrauenswürdig zu sein, über Jahre hinweg erarbeitet. Trotzdem wäre alles leichter gewesen, wenn Hannah Richards das andere Grundstück nicht an sich gerissen hätte. Dann hätte es keinen Grund gegeben, den Bankier mit einzubeziehen, keine seltsamen Unterhaltungen, keine Heimlichkeiten hinter Louisas Rücken.
Sein Gewissen meldete sich mahnend. Okay, Miss Richards hatte das andere Grundstück nicht wirklich an sich gerissen. Trotzdem war diese Frau lästig. Nicht nur, dass sie seine Pläne für Louisa durchkreuzt hatte, sondern er hatte auch noch dauernd das Gefühl, sich um sie kümmern zu müssen.
J.T.s Schritte klangen dumpf auf dem Holz des Bürgersteiges, als er sich dem Haus am Ende der Straße näherte. Er blieb stehen, atmete tief ein und suchte in seiner Hemdtasche nach einem Zahnstocher. Nachdem er ihn sich zwischen die Zähne geklemmt hatte, beschloss er, dass er so wenig wie möglich reden wollte. Er wollte nicht schon wieder unhöflich ihr gegenüber sein. Sie hatte den ganzen Tag geputzt und eingerichtet und war wahrscheinlich erschöpft. Vielleicht sogar wütend.
Bei diesem Gedanken zuckte er zusammen. Die Frau musste in den letzten Stunden wirklich hart gearbeitet haben. Neugierig schaute J.T. durch eines der Fenster, um herauszufinden, ob Miss Richards resigniert und aufgegeben hatte. Was er sah, überraschte ihn so sehr, dass er seinen Hut zurückschob, um einen genaueren Blick in den Raum zu werfen.
An einer Wand war eine ganze Reihe von Haken angebracht worden, alle auf genau der gleichen Höhe und ganz offensichtlich fachkundig befestigt. An dreien hingen schon Kleider zur Ansicht. Acht Leisten waren an der Wand gegenüber montiert, zwischen vieren von ihnen hingen schon drei fertige Regale. Bunte Stoffballen lagen auf den Regalbrettern, die er Miss Richards gebracht hatte. Sogar sein ungeübtes Auge konnte erkennen, dass die Stoffe geschickt drapiert waren. Einige ihrer Puppen standen, noch unbekleidet, in einer Ecke und beobachteten ihre Chefin, die gerade mit raschen, geschickten Bewegungen das vierte Regal anbrachte.
Als sein Unterkiefer nach unten klappte, baumelte der Zahnstocher an J.T.s Unterlippe. Miss Richards hatte nicht übertrieben, als sie nach seinem Werkzeug gefragt hatte. Aber das alles ergab für ihn keinen Sinn. Wenn sie eine so anständige und kompetente Frau war, warum ließ sie sich dann dazu herab, einem Geschäft nachzugehen, das sich
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