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Eine Lady nach Maß

Eine Lady nach Maß

Titel: Eine Lady nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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zweites Hemd mit, wenn Sie kommen“, sagte Hannah. „Ich kann es reparieren, wenn das nötig ist, und es gleichzeitig als Vorlage für Ihr neues Hemd nehmen. Sie werden mein erster Kunde.“
    „Das hört sich gut an.“ Er nahm seinen Gehstock und stand mit dessen Hilfe auf. „Das macht mich zu was Besonderem, nicht?“
    Hannah lachte. „Da haben Sie recht.“
    Er winkte ihr zum Abschied und machte sich dann zusammen mit Jackson, seinem Maultier, auf den Weg zum Bahnhof. Ezra Culpepper gehörte nicht gerade zu der Art Kunden, die sie sich für ihr Geschäft gewünscht hatte, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Miss Victoria anerkennend genickt hätte.
    Eine Stunde später kam Hannah als völlig andere Frau die Treppe zu ihrem Geschäft hinunter. Verschwunden waren die praktische Kleidung und der geflochtene Zopf. Sie hatte ihren Kokon abgestreift, um als wunderschöner Schmetterling herauszuschlüpfen. Jetzt trug sie ein mauvefarbenes Tageskleid, geknöpfte hochhackige Stiefel und einen geschmackvollen Strohhut mit passenden Bändern. Ihr Haar war zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur drapiert, allerdings nicht so ausgefallen, dass sich die Frauen der Stadt eingeschüchtert fühlen würden, wenn sie ihr Geschäft besuchten.
    Als sie die unterste Stufe erreicht hatte, atmete sie tief ein. Der Gedanke, ihr Geschäft zu eröffnen, zerrte an ihren Nerven, aber noch aufregender war die Aufgabe, die sie vorher noch zu erledigen hatte. Bevor sie ihr Schild ins Fenster hängen konnte, musste sie noch zu Mr Tucker und ihm seine Werkzeuge wiederbringen. Außerdem schuldete sie ihm immer noch eine Entschuldigung, weil sie ihn gestern so angefahren hatte.
    Über ihrem Arm hing ein Korb, der die Werkzeuge und ein Friedensangebot enthielt, das ihn hoffentlich freuen würde. Hannah befürchtete allerdings, dass er ihre Kekse und die Marmelade, die sie ihm geben wollte, als armselige Versuche betrachten könnte, wo er doch Cordelias Köstlichkeiten gewöhnt war. Da er aber nichts mit ihren Näharbeiten zu tun haben wollte, war Essen die beste Möglichkeit, sich zu revanchieren.
    Sie stieß einen zitternden Seufzer aus, straffte ihre Schultern und marschierte über die Straße. Es war besser, wenn sie die ganze Sache schnell hinter sich brachte.
    Sie fand Mr Tucker vor seinem Stall, wo er auf der Ladefläche des Heuwagens stand. Hannah blieb abrupt stehen. Mr Tucker warf Mistgabeln voller Heu nach oben auf den Speicher des Stalles, als wöge das Material überhaupt nichts. Der Stoff seines Hemdes spannte sich über seinen Muskeln, während er sich bewegte.
    Der Mann hat keinen täglichen Sport nötig.
    Zur selben Zeit, als ihr dieser Gedanke durch den Kopf schoss, fiel Tuckers Blick auf sie und ließ eine brennende Hitze in ihre Wangen steigen.

Kapitel 9
    J. T. sah den rosa Schimmer auf Miss Richards Wangen und straffte seine Muskeln. Das Rosa vertiefte sich noch, bevor sie ihren Kopf abwandte. Erfreut lächelte er. Nur für den Fall, dass sie doch noch einmal zu ihm schauen sollte, nahm er zwei weitere Gabeln Heu, diesmal noch voller als sonst. Plötzlich erinnerte er sich daran, dass sie ihn beim Lächeln erwischen wollte. Hastig verdrängte er seine Freude darüber, sie zu sehen, hinter einem grimmigen Stirnrunzeln. Hoffentlich dachte sie, dass er verärgert über die Unterbrechung war. Er wollte sie ein wenig zappeln lassen. Und außerdem wollte er etwas Abstand zwischen ihnen schaffen.
    Dieser Gedanke half ihm auch, eine kurz angebundene Bemerkung zu formulieren. „Was brauchen Sie, Miss Richards? Ich bin sehr beschäftigt.“
    „Ja, ich … ich sehe es.“
    Ihr Stammeln weckte Schadenfreude. Er fand selber, dass sein Verhalten wirklich kindisch war, weil er sich so über ihr Unbehagen freute, aber zum ersten Mal seit er sie getroffen hatte, lag der Vorteil auf seiner Seite. Das fühlte sich gut an.
    Sie hob ihren Kopf wieder in seine Richtung und richtete sich auf. Er seufzte und stützte sich auf den Griff der Heugabel.
    „Ich bin gekommen, um Ihnen Ihr Werkzeug wiederzugeben.“ Sie hob ihren Arm, an dem ein Korb baumelte. Vermutlich waren die Gegenstände dort drin.
    Er nickte in Richtung der kleinen Tür zu seiner Rechten. „Legen Sie sie einfach auf meinen Schreibtisch.“
    J.T. versuchte, seine Ablehnung dadurch deutlich zu machen, dass er ihr den Rücken zudrehte und seine Heugabel wieder in die Hand nahm, doch sie schien den Hinweis nicht zu verstehen – oder nicht verstehen zu wollen, was

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