Eine Lady verschwindet
zwei Flügeln, sobald man die bewaffneten
Wächter überzeugt hatte, daß man einigermaßen vertrauenswürdig war. Dann fuhr
man noch einmal achthundert Meter weiter zu einer Gruppe kleiner Häuser, in
denen die Wächter und Angestellten wohnten, und dann weiter zu einer
Tiefgarage, in der ohne Schwierigkeiten zwei Dutzend Wagen Platz hatten.
»Und wo ist das Haus selbst?«
fragte ich, als Lonnie den Motor abstellte.
»Axel Barnaby bewertet seine
Privatsphäre höher als alles andere«, antwortete O’Neil .
»Deshalb hat er sein Haus buchstäblich auf die Spitze des Berges gebaut. Man
kann nur mit einem Aufzug dorthin gelangen.«
Wir stiegen aus, und er nahm
den Riemen weg, mit dem Daphne Woodrows Arme an ihre Seiten gefesselt gewesen
waren. Dann reichte er ihr die Schultertasche. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht,
während sie die Tasche wieder über die Schulter schlang, verriet, daß ihr alle
Männer gestohlen bleiben konnten, vor allem die drei, die sie im Augenblick
begleiteten.
Der Aufzug befand sich in der
Mitte der Tiefgarage, und der Mann, der ihn bediente, trug eine schicke,
halbmilitärisch wirkende, silbergraue Uniform mit einem Bronzeabzeichen auf
einem Aufschlag mit den Buchstaben AB. Außerdem trug er eine Gürtelhalfter mit
einer 45er Pistole.
»Es ist okay, Charlie«, sagte O’Neil zu ihm, als wir in den Aufzug traten. »Diese Leute
gehören zu mir.«
Der Mann nickte und drückte auf
den Knopf. Der Aufzug glitt mit der täuschenden Leichtigkeit aufwärts, die
meinen Magen immer veranlaßt, mit meinen Knöcheln in engen Kontakt treten zu
wollen. Ungefähr fünf Sekunden später kam der Lift zum Stillstand, die Tür
öffnete sich, und wir traten hinaus in eine andere Welt. Die Eingangshalle
schien die Größe eines Stadtviertels zu haben, und unsere Schritte hallten auf
dem Marmorboden, als wir auf eine geschlossene, mit Leder bezogene Doppeltür
zugingen. Überall standen fachmännisch placierte Skulpturen herum, und an den Wänden hingen genügend Bilder, um drei große
Gemäldegalerien damit zu bestücken.
»Ich glaube, Miss Woodrow und
Sie warten besser hier, während ich erst mit ihm rede«, sagte O’Neil in gedämpftem Ton. »Ich werde Sie anrufen, wenn ich
Sie wieder brauche, Lonnie.«
Lonnie nickte und kehrte zum
Aufzug zurück, während O’Neil die Tür öffnete und im
dahinterliegenden Raum verschwand.
Ich entfernte mich von dem
schweigenden Eisberg neben mir und betrachtete das nächste Bild. Es war
abstrakt, drei diagonale schwarze Linien, unterbochen durch einen großen roten Fleck in der Mitte. Auf dem Schild unten am Bild
stand: Einsame Frau von Carl Reidberg .
Vermutlich hat jeder seine Meise, aber die von Carl Reidberg mußte extra super sein.
»Mr. Holman «,
sagte eine säuerlich klingende Stimme, »während dieser ganzen demütigenden
Fahrt hierher habe ich mich gefragt, was Sie bewogen hat, dem Vorschlag dieses
gemeinen Menschen zuzustimmen, ihn hierher zu begleiten, und warum Sie
keinerlei Anstrengung unternommen haben, mich vor seinem persönlichen Zugriff
zu retten. Bis jetzt habe ich auf diese Frage noch keine Antwort gefunden.«
»Ihre Vokale klingen nach wie
vor wundervoll, Daphne«, sagte ich. »Aber ich wünschte, Sie würden sich eine
weniger umständliche Sprechweise angewöhnen. Vermutlich lautet die Antwort:
Wenn man nichts Besseres tun kann, ist es das gescheiteste, mit den Wölfen zu
heulen.«
Sie stieß einen Laut der
Ungläubigkeit aus. »Und Sie sollen angeblich der beste Mann sein, den Mr. Manatti engagieren konnte, um Anna zu finden?«
»Und wie passen Sie ins Bild?«
fragte ich. »Was bedeutet die Flamini für Sie?«
»Sie ist meine beste Freundin.
Wir waren in England zusammen in der Schule, und unsere Freundschaft hat seit
dieser Zeit Bestand gehabt.«
»Warum sind Sie mit ihr von Rom
nach Los Angeles geflogen?«
»Weil sie mich darum gebeten
hat. Sie erzählte mir von ihrem scheußlichen Problem. Entweder wurde sie für
kurze Zeit Axel Barnabys Geliebte, oder Vincente Manatti würde ganz bewußt ihre gesamte zukünftige Karriere
ruinieren. Sie brauchte Hilfe von jemandem, dem sie vertrauen konnte; und so
wandte sie sich an mich.«
»Sind Sie reich?« fragte ich.
»Ich meine, war es kein Problem für Sie, alles stehen- und liegenzulassen, um
die Reise mit ihr anzutreten?«
»Ich bin nicht reich«, sagte
sie rundheraus. »Ich beging den Fehler, den größten Schweinehund der ganzen Welt
zu heiraten. Als es mir schließlich gelungen war, von
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